Norwich Rüße: „Wir würden uns wünschen, in Sachen Lärmvermeidung im Interesse aller Menschen und der Nachtruhe auch in den Städten deutlich mehr zu tun“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum verantwortungsvollen Miteinander

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen, dass Lärm ein erhebliches Problem und eine enorme gesundheitliche Belastung ist. Der Antrag – Sie sagten es bereits, Herr Middeldorf – hat einen konkreten Anlass: Wenn das Wetter besser wird, macht es gerade in den Mittelgebirgslagen viel Spaß, Motorrad zu fahren.
Eigentlich müssten wir das Thema noch viel weiter ziehen. Wir haben gerade gesehen, in welchen Städten Deutschland besonders lärmbelastet ist und erfahren, dass auf den ersten fünf Plätzen der Hitliste der am stärksten lärmbelasteten Städte Deutschlands fünf Städte aus Nordrhein-Westfalen stehen: Hagen ist die Nummer eins, Düsseldorf die Nummer zwei, dann kommen Neuss, Aachen und Leverkusen.
Ich komme aus dem ländlichen Raum und kenne das Phänomen. Mein Bauernhof liegt an einer Motorradstrecke, die in einem niederländischen Motorradreiseführer verzeichnet ist. Von daher kenne ich das ganz gut. Es ist nicht so schlimm wie in der Eifel; eigentlich habe ich sogar Glück, ich habe das nämlich nur bei schönem Wetter.
Es gibt eine amerikanische Motorradmarke, die gerne sehr untertourig gefahren wird, da werden auch mal Fehlzündungen produziert – das darf ich als alter Motorradfahrer so sagen. Dann knallt es richtig, und die Menschen stehen abends um 23 Uhr senkrecht in ihren Betten.
Ich nehme es vorweg: Dem Antrag werden wir gleich zustimmen, weil er schon richtig ist. Aber ich glaube, dass wir dieses Problem weiter fassen und uns darüber unterhalten müssen, was wir in den vergangenen Jahren bei aller technologischer Entwicklung eigentlich geschafft haben.
Wir haben oft über die immer weitere Verschärfung von Abgasnormen diskutiert. Aber was haben wir im Bereich der Lärmminderung von Pkw und Motorrädern eigentlich geschafft? – Das ist nicht besonders viel. Wenn wir uns schon darüber freuen, dass wir die Grenze bei 80 dB einziehen, ist das nicht besonders ambitioniert. Da ist deutlich mehr möglich. Früher kannte man das Herumschrauben an und das Manipulieren von Abgasanlagen eigentlich nur bei Motorrädern, aber mittlerweile kann man das auch im Bereich der Automobile sehen. Ich finde das dramatisch.
Mir war vorher gar nicht klar, dass es sogenannte Klappenauspuffanlagen gibt, bei denen man Auspuffabgase über die Klappe gezielt in einen Kanal einsteuert, der über keinen Schalldämpfer verfügt. Da ist es mir ehrlich gesagt völlig egal, ob die noch unterhalb des anzustrebenden Dezibelwertes bleiben oder nicht. Richtig wäre es, wenn wir immer versuchen würden, ein Maximum an Lärm- und damit auch an Gesundheitsschutz zu erreichen. Solche Auspuffanlagen können überhaupt nicht richtig sein. Deshalb fände ich es gut, wenn die Landesregierung auch an der Stelle initiativ tätig werden würde.
(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE])
Das Denken, das hier vorherrscht, finde ich schon einigermaßen abstrus. In einem Tuningblog kann man Folgendes lesen:
„Das laute, voluminöse Klangbild bei offener Klappe ist natürlich für alle Tuningfans interessant. In Kombination mit einem starken Motor und optischer Veränderung zieht man damit natürlich alle Blicke auf sich.“
Zum Teil gilt das für Automobilfahrer und Motorradfahrer gleichermaßen. Ich glaube, dass wir den Lärmschutz deutlich höherrangiger einordnen müssen als das Vergnügen weniger.
Dass Sie diesen Antrag hier stellen, finde ich grundsätzlich gut. Aber überrascht hat mich, dass die Landesregierung die Beschlusslage zu diesem Antrag quasi überholt, da die Bundesratsinitiative schon eher fertig ist und dem Landtag auch schon übermittelt ist. Trotzdem beschließen wir heute, die Landesregierung aufzufordern, das zu tun. Das finde ich einigermaßen seltsam. Wenn man mit seiner eigenen Landesregierung zusammen Anträge entwickelt, würde ich zumindest darum bitten, sich etwas mehr um ein günstiges Timing zu bemühen. So ist es, ehrlich gesagt, ein bisschen peinlich.
(Beifall von den GRÜNEN)
Trotzdem finden wir die Punkte, wie gesagt, insgesamt richtig und gut. Wir würden uns aber wünschen, Herr Minister, in Sachen Lärmvermeidung im Interesse aller Menschen und der Nachtruhe auch in den Städten deutlich mehr zu tun, anstatt uns nur mit Einzelphänomenen aufzuhalten.
Die sind wichtig, aber Lärmschutz ist insgesamt in diesem Land deutlich stärker voranzutreiben. Da hat der Verkehr noch deutlich mehr zu leisten. Ich bitte Sie darum, das zukünftig voranzutreiben. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)