Norwich Rüße: „Wir wollen eine andere Landwirtschaft“

Haushaltsplan 2019 - Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Naturschutz

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist der zweite Haushalt dieser neuen Landesregierung, und es ist die zweite Ministerin, die den Einzelplan 10 hier einbringt. Daher ist der Haushalt 2019 natürlich eine gute Gelegenheit, zu schauen, Frau Heinen-Esser, was Sie eventuell anders machen als Ihre Vorgängerin und wo Sie schon eigene Schwerpunkte setzen, die man im Haushalt wiederfinden kann.
Der Haushalt 2019 und auch die Beratungen dazu stehen natürlich unter dem Eindruck der Jahrhundertdürre. Wir alle haben die Trockenperiode in diesem Jahr mitbekommen. Ich hatte so etwas noch nicht erlebt. Aber ich will auch an die andere Variante im Frühjahr erinnern – das haben wir schon wieder ein bisschen aus dem Kopf heraus –, nämlich die Starkregenereignisse in Wuppertal mit den Schäden an der Universität und dem eingestürzten Dach der Tankstelle dort. Es gab also Starkregenereignisse auf der einen Seite und Dürre auf der anderen Seite.
Ich glaube, wir werden uns zukünftig an solche Ereignisse gewöhnen müssen. Das wird nach allem, was uns die Wissenschaft dazu sagt, häufiger auftreten.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
–  Herr Dr. Blex, wer diese Bilder in diesem Jahr gesehen hat, kann wohl nicht mehr behaupten, das sei ein kleiner Ausrutscher der Wettergeschichte; das seien Wetterkapriolen.
(Dr. Christian Blex [AfD]: Doch!)
–  Nein, das ist die Realität, auf die wir alle zusammen politisch reagieren müssen. (Beifall von den GRÜNEN)
Deshalb ist das Zitat von einem Wetterforscher an dieser Stelle auch genau richtig. Meine Damen und Herren, wir stecken mittendrin im Klimawandel.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Deshalb ist unsere Forderung an diesen Haushalt, an diesen Einzelplan 10, dass sich genau das darin widerspiegelt und wir sehen, dass dort Antworten mit Blick auf Klimaschutz gegeben werden. Das ist die entscheidende Herausforderung, die wir hier in allen Bereichen – Forstwirtschaft, Landwirtschaft und auch Naturschutz – haben.
An dieser Stelle gibt es einen weiteren Bereich zu betrachten – wir sind ja so von der Dürre geprägt –, nämlich den Hochwasserschutz. Das ist ein zentrales Thema. Auch Herr Deppe hat dies immer wieder thematisiert. Ich hatte bei den Mehreinahmen, die Sie haben – 6,5 Milliarden Euro –, eigentlich erwartet, dass Sie im Bereich Hochwasserschutz richtig draufsatteln, weil wir alle zusammen wissen: Das, was wir da machen, reicht nicht. Es muss deutlich mehr werden.
Es war schon eine kleine Enttäuschung für mich, dass Sie da nicht gesagt haben: Hier packen wir noch etwas drauf.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das, was Sie machen, will ich gar nicht kritisieren. Das kann man tun. Das sind – ich nenne es einmal so – finanzielle Pflaster, die Sie gegen akute Notfälle verteilen. Jetzt haben Sie noch 1 Million Euro im Bereich Waldschäden nachgeliefert. Das kann man machen. Das ist sicherlich kein verkehrter Schritt.
Dazu zählt natürlich auch die Dürrehilfe für die Landwirte, die Sie zusammen mit dem Bund finanzieren werden. Wir fragen uns natürlich, wie nachher die Umsetzung stattfinden soll. Das kann man natürlich aber erst mal machen.
Was uns aber an dieser Stelle fehlt, ist die Antwort auf die Frage, wie wir da zukünftig strategisch rangehen sollen. Wie kommen wir weg von diesen Notpflastern? Wie kommen wir hin zu einer anderen Aufstellung, wenn wir davon ausgehen, dass diese Ereignisse immer wieder stattfinden werden? Wir wollen sicherlich nicht alle zwei, drei Jahre wieder eine Million oder zwei Millionen Euro wegen Borkenkäferplagen einstellen.
(Ministerin Ursula Heinen-Esser: Nein!)
An dieser Stelle muss grundlegend etwas passieren. (Beifall von den GRÜNEN)
Ich will aber auch noch einmal deutlich sagen, was wir weiterhin kritisieren. Wir erwarten von Ihnen, Frau Heinen-Esser, dass Sie sich dem, was insbesondere Ihr Koalitionspartner immer vorantreibt – nämlich die Entfesselung der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen, was in Wirklichkeit „Schleifen von Umweltstandards“ bedeutet –, entgegenstellen und klar dafür eintreten, dass Umweltstandards hier in Nordrhein-Westfalen Bestand haben.
Ich will auch an Ihren Amtsvorvorgänger erinnern. Der hat die Allianz für die Fläche ins Leben gerufen. Da frage ich mich schon, was eigentlich daraus geworden ist. Im Haushalt ist dazu auch eine Position enthalten – ich sage nur: AAV, Altflächenrecycling. Ich frage mich, warum dieser Betrag nicht deutlich aufgestockt worden ist? Die Summe ist viel zu klein. Wir wissen seit Jahren, dass wir da viel mehr tun müssten. Wenn wir da richtig Geld reingeben würden, dann hätten wir eine Chance, dem Flächenverbrauch wirklich entgegenzutreten und recycelte Flächen wiederzuverwerten, damit sie nicht stillliegen, sondern tatsächlich genutzt werden.
Dann noch zum Landesentwicklungsplan. Ich will gar nicht lange darauf eingehen, was im Bereich „Siedlung“ passiert. Es ist aber aus unserer Sicht völlig unverständlich, was im Bereich „Landwirtschaft“ gemacht wird, nämlich dass den Großmastanlagen, den gewerblichen Mastanlagen immer wieder Tür und Tor geöffnet wird. Damit öffnen Sie wieder einer Form von Landwirtschaft die Türen, die aus unserer Sicht von der Bevölkerung abgelehnt wird, die dem Tierschutz oder den Wünschen, die die Bevölkerung an Tierhaltung hat, überhaupt nicht entspricht und die für erhebliche Probleme im Hinblick auf Wasser, Boden und Luft verantwortlich ist.
Wenn Sie das so lockern, wie es im LEP jetzt geschehen ist, dann zerlegen Sie die bäuerliche Landwirtschaft hier in Nordrhein-Westfalen weiter. Das lehnen wir klar ab. Wir wollen das nicht. Wir wollen eine andere Landwirtschaft. 
Ich fordere Sie als Ministerin auf, in den nächsten Jahren in den Haushalt deutliche Eigenimpulse einzubringen. Das fehlt uns. Stärken Sie den Naturschutz; denn er ist leicht geschwächt worden, obwohl die Mittel aufgewachsen sind. Stärken Sie den Klimaschutz und die Klimaanpassung. Stärken Sie eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft. Stärken Sie den Tierschutz hier in NRW. Und vor allem: Stärken Sie die Umweltverwaltung in Nordrhein-Westfalen; denn meines Erachtens gibt es da tatsächlich ein erhebliches Defizit. – Vielen Dank.