Norwich Rüße: „Wir präferieren Regionalität damit Landwirte für eine definierte Qualität, für eindeutige Herkunft vor Ort auch deutlich bessere Preise erzielen können“

HH 2013 Landwirtschaft und Naturschutz

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Werte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Höne, Sie haben sich gerade in Ihrer Rede unglaublich widersprochen: Auf der einen Seite fordern Sie vom Minister und von uns allen, wir sollten das Verbraucherbewusstsein schärfen. Auf der anderen Seite kritisieren Sie den Minister dafür, wenn er zum Beispiel Projekte wie „Aktionstage Ökolandbau“ durchführt, die einen Teil dieser Verbraucherbewusstseinsbildung darstellen. Sie können nur das eine oder das andere haben.
(Ibrahim Yetim [SPD]: Beides!)
Ich glaube, dass es an der Stelle genau richtig ist, Geld zu investieren.
Der Minister hat gerade gesagt, dass wir eigentlich einen Streit um die besseren Ideen haben wollen, wenn wir hier diskutieren. Also schaut man sich natürlich die Anträge an, die von der CDU zum Haushalt kamen. Ich war schon sehr überrascht, dass Sie gerade in der Titelgruppe „Naturschutz und Landschaftspflege“ von den 36 Millionen € 16 Millionen € streichen wollen. Man ist schon überrascht, und ich kann Ihnen an der Stelle nur bescheinigen, dass Sie eine gewisse Boshaftigkeit gegenüber dem Naturschutz an den Tag legen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das wirklich Überraschende ist dann noch die Kaltschnäuzigkeit, mit der Sie; Herr Deppe, im Ausschuss verkünden, die Biologischen Stationen würden neben den Verbraucherzentralen bei Ihnen einen Schwerpunkt bilden. Ich frage mich: Was sollen die Biologischen Stationen denn noch machen, wenn Sie an der Stelle die Mittel dermaßen kürzen? Oder eine andere Alternative: Sie wollen, dass das Land die Gänsefraßschäden am Niederrhein nicht mehr finanziert. Vielleicht meinen Sie ja das. Alles geht nicht.
Besonders beeindruckend ist auch Ihr Vorschlag, bei der „NRW-Stiftung Natur, Heimat, Kultur“ von 8 Millionen € über 1 Millionen € wegzustreichen. Auch dort frage ich mich: Ist das die Rache der Westfalen? Sinnvoll ist dieser Kürzungsvorschlag nicht. Dass Sie einer Stiftung, die erwiesenermaßen von uns allen attestiert bekommt, gute Arbeit zu leisten, so viel Geld wegnehmen wollen, können wir nicht nachvollziehen. Diese Stiftung macht gerade im ländlichen Raum gute Arbeit. Es wirft ein bezeichnendes Licht darauf, was Ihr angeblicher Einsatz für den ländlichen Raum wirklich wert ist.
Aus unserer Sicht der Gipfel ist allerdings Folgendes: Im Bereich der Umweltverwaltung wollen Sie für die mehr eingesetzten Stellen gleich die Hälfte der Mittel kürzen und von 20 Millionen € knapp 10 Millionen € wegstreichen wollen.
Als Begründung heißt es dann bei Ihnen, dass zur Verbesserung der Umweltüberwachung ein Personalaufwuchs von 100 Stellen ausreichend ist.
Präsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Rüße. Entschuldigung. Der Kollege Höne würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.
Norwich Rüße (GRÜNE): Ja, kann er machen. Hoffentlich nicht zur Skalierung.
Henning Höne (FDP): Frau Präsidentin! Herr Kollege Rüße, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Die Skaleneffekte klären wir zum Ende der Plenarsitzung.
Noch einmal zurück zur Stiftung Umwelt und Entwicklung. Das ist eine Stiftung, die sich auch um Nachhaltigkeit kümmert.
Glauben Sie nicht, dass es sinnvoller wäre, Zuschüsse an eine solche Stiftung, die sich um Nachhaltigkeit kümmert, auch nachhaltig zu investieren, sprich direkt in das Stiftungsvermögen fließen zu lassen, um mittelfristig, ohne in die Details zu einzelnen Projekten einsteigen zu wollen, dafür zu sorgen, dass die Stiftung unabhängig von der tagesaktuellen Politik auf eigenen Beinen stehen kann?
Norwich Rüße (GRÜNE): Lieber Kollege Höne, vielen Dank für die Nachfrage. Ich glaube, angesichts der aktuell zu erzielenden Zinsen ist das Konstrukt der Stiftung im Moment schwierig. Ich denke, das wissen wir beide. Von daher können Sie derzeit so viel Kapital, wie sie bräuchten, um die Arbeit im Moment bei 1 % zu erzielenden Zinsen aufrechtzuerhalten, allein aus den Erträgen nur schwerlich leisten. Von daher ist der von uns getätigte Weg genau richtig.
Bei den von Ihnen vorgeschlagenen nur 100 anstatt 300 Stellen zusätzlich in der Umweltverwaltung frage ich mich, ob Sie aus den aktuellen Skandalen nichts gelernt haben. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie vor dem Hintergrund dessen, was wir in den letzten Jahren hatten – wir hatten Dioxine, Envio; aktuell haben wir Pferdefleisch und Eier –, einen solchen Antrag hier nicht gestellt und sich mit uns gemeinsam hinter die Umweltverwaltung gestellt hätten.
Ich werfe Ihnen direkt vor, dass Sie mit Ihren Kürzungsvorschlägen, die Sie an der Stelle machen wollen, wissentlich eine Verschlechterung der Umweltverwaltung und sogar weitere Skandale riskieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wir werden natürlich auch im Jahr 2013 weiter über den zukünftigen Weg der Landwirtschaft diskutieren. Ich glaube, wir werden weiterhin in der Diskussion bleiben, welcher Weg der richtige ist. Weltmarkt oder Regionalmarkt? Wollen wir am Weltmarkt mitspielen oder wollen wir die Verbraucherinnen und Verbraucher in erster Linie vor unserer eigenen Haustür bedienen?
Das erste Modell – das haben wir aktuell erlebt – ist der Wettlauf, wer das billigste Fleisch für die globalisierte Lasagne liefern kann. Das andere Modell, das wir präferieren, ist die Regionalität, und das basiert darauf, dass Landwirte für eine definierte Qualität, für eindeutige Herkunft vor Ort auch deutlich bessere Preise erzielen können.
Das Problem ist, wer billig produzieren will, wer am Weltmarkt mitspielen will, der muss als Landwirt auf Teufel komm raus wachsen. Der muss die von Ihnen zitierten Skaleneffekte einsetzen. Der muss in Bestände von 200.000 Masthähnchen, 10.000 Mastschweinen hineinwachsen. Das wären dann die geltenden Normen.
Nur eins ist klar: Die Menschen in NRW fragen uns doch – Sie haben das auch gesagt –: Was macht ihr Landwirte denn da? Was passiert mit den Böden? Ich will daran erinnern, dass wir gestern über Bienen, über Imker diskutiert haben. Das ist doch ein gutes Beispiel dafür, wie die Natur unter der Intensivlandwirtschaft leidet.
Wir beantworten die Fragen zur Zukunft der Landwirtschaft anders als Sie. Ich glaube, wenn ich noch einmal zusammenfassend auf den Einzelplan 10 schaue, wenn ich die Änderungsanträge von der CDU dagegenstelle, dann gibt es für mich nur ein Fazit: Landwirtschaft und Umwelt sind in NRW bei Minister Remmel derzeit in absolut guten Händen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)