Norwich Rüße: „Wir müssen dafür sorgen, dass Gifte gar nicht erst in Lebensmitteln auftauchen“

Antrag der SPD zum Fipronil-Skandal

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der letzte Beitrag hat mich etwas verwirrt. Ich weiß nicht, wie man auf die Idee kommt,
(Zuruf von der AfD)
den Einsatz von Fipronil in der Lebensmittelproduktion quasi damit zu entschuldigen,
(Marcus Pretzell [AfD]: Sie hören nicht zu!)
dass man sagt: Na ja, bei Hunden kann man es einsetzen. So gefährlich kann es also nicht sein. – Ich glaube, Konsens bei den allermeisten hier ist: Wir müssen dafür sorgen, dass Gifte gar nicht erst in Lebensmitteln auftauchen. Das ist der Idealzustand.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Grenzwerte sind nicht dazu da, dass man sagt: „Bis dahin kann es ruhig sein“, sondern Grenzwerte sind dazu da, um festzulegen, ab wann es gefährlich ist. Unser Ziel ist es, dass diese Stoffe überhaupt nicht in Lebensmitteln enthalten sind.
(Zuruf von der AfD)
– Das ist an der Stelle relativ egal. Es geht darum, ob Giftstoffe in Lebensmitteln sein sollen oder nicht.
Entscheidend bei diesem Vorkommnis sind aus unserer Sicht zwei Worte: Glück und Zufall. Ich glaube, wir haben insofern Glück gehabt, dass keine Betriebe in Nordrhein-Westfalen betroffen waren. Es war gleichzeitig ein Zufall, dass der Stoff Fipronil überhaupt in den Eiern entdeckt worden ist; denn niemand hat gezielt danach gesucht, weil der Stoff Fipronil in der Produktion ja gar nicht erlaubt ist. Das heißt, an der Stelle gibt es sehr wohl Verbesserungsbedarf.
Natürlich müssen wir uns überlegen: Wie können wir die Nahrungskette sicherer machen? Wo müssen wir genau kontrollieren? Reicht es aus, dass wir in den letzten 30 Jahren die Kontrollen der landwirtschaftlichen Betriebe immer weiter intensiviert haben?
Gleichzeitig scheinen die Dienstleister, die in der ganzen Kette auch immer mehr geworden sind, immer wieder Schlupflöcher zu finden, um solche kriminelle Dinge machen zu können. Eine große Aufgabe ist es, dass wir darangehen und diese Betriebe stärker kontrollieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Gleichzeitig möchte ich sagen: Das, was da zwischen den EU-Ländern abgelaufen ist, also was sich Belgien und die Niederlande erlaubt haben, finde ich schon ein starkes Stück. Wir haben ein Instrument, das „Schnellwarnsystem“ heißt. Diese Länder – Frau Ministerin, Sie haben es ja im Ausschuss berichtet – leisten es sich, acht Monate erst mal gar nichts preiszugeben, null, nichts. Wir wissen nichts, und das kann nicht sein. Ein Schnellwarnsystem muss auch schnell mit Informationen angefüllt werden.
Ich will aber auch einen Satz zu der Größe von Systemen sagen. Man kann feststellen, dass in den Hennenhaltungsbetrieben – gerade die Geflügelhaltung ist agrarindustriell aufgestellt – in den Niederlanden, in Belgien 200.000, 300.000 Tiere leben. Das sind große Bestände. Der Infektionsdruck in diesen Betrieben ist mit Sicherheit größer als in kleineren Einheiten.
Ich habe dann auch von kleineren Betrieben gelesen. Das werden Sie vielleicht auch in Ihren Lokalzeitungen gefunden haben. Die Journalisten sind ja losgegangen und haben kleinere lokale Betriebe gefragt: Wie macht ihr das denn? – Bei uns in der Presse war ein Bericht darüber.
Drei Betriebe, die Bestände von ungefähr 1.000 bis 6.000 Legehennen haben, wurden gefragt: Setzt ihr auch Reinigungs- und Desinfektionsmittel ein? Die haben gesagt: Nein, wir machen unseren Stall selber sauber; wir wissen also selbst, was wir tun. Ein Betrieb hat erklärt: Wir machen das grundsätzlich nur mit dem Hochdruckreiniger, also nur mit Wasser. Ein anderer hat erklärt: Wir machen das mit Silikatstäuben.
Es ist schon ein großer Unterschied, ob ein Betriebsinhaber das selbst verantwortet oder einen Subunternehmer beauftragt. Das ist das Risiko an der Stelle. Da müssen wir zukünftig, glaube ich, deutlich stärker hingucken.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn die Betriebe haben immer mehr Dienstleister, die Vorleistungen erbringen. Das müssen wir angehen.
Ich glaube im Gegensatz zu Ihnen, dass der SPD-Antrag richtig ist, dass wir uns sehr wohl über diese Dinge unterhalten müssen. Die Kennzeichnung an sich halte ich für richtig, sie hätte uns aber in diesem Fall in der Tat – die Kritik teile ich durchaus – nicht geholfen. Trotzdem sollten wir den Weg der Kennzeichnung weitergehen. Die Menschen wollen einfach wissen, woher ihre Nahrungsmittel kommen. Diesen Anspruch der Menschen sollten wir erfüllen.
Ich würde mich daher freuen, wenn wir den Antrag gemeinsam und zielführend miteinander beraten könnten. Darauf bin ich gespannt.
Heute habe ich schon einiges aus der CDU-Fraktion zum Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik gehört. Ich habe das bislang so wahrgenommen, dass es dazu eher kritische Anmerkungen gab. Jetzt äußeren Sie sich durchaus positiv dazu, dass das doch ein Antrieb ist. Das sagen wir seit Langem. Ich finde es gut, wenn wir uns dann auf den Weg begeben, hier voranzukommen. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)