Norwich Rüße: „Wir können das nicht allein den Schulträgern überlassen und sagen: Macht mal schön!“

Antrag der SPD-Fraktion zu gesundem Essen in KiTas und Schule

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Müller-Rech, ich bin, ehrlich gesagt, etwas entsetzt, wie Sie an dieses Thema heute herangegangen sind.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der FDP)
Ich kann verstehen, dass man als Abgeordnete einer regierungstragenden Fraktion versucht, Aufgaben, die anzunehmen wären, erst einmal abwehrt. Das ist alles nachvollziehbar. Wir bewegen uns hier aber in einem Problemfeld, das definitiv vorhanden ist.
Als Vater von zwei Töchtern, die beide zur Schule gegangen sind – eine geht noch zur Schule –, sage ich Ihnen: Ich kenne ich das Problem sehr gut. Wenn beide Elternteile berufstätig sind – das ist mittlerweile Standard –, fragt man sich nämlich: Was kriegen denn unsere Kinder mittags in der Schule zu essen?
Wir haben die Schule gemeinsam in den Ganztag hineinentwickelt. Das war eine Entscheidung, die gesellschaftspolitisch und bildungspolitisch durchaus richtig ist. Das haben wir alle zusammen gemacht. Wir haben es aber nicht geschafft, parallel dazu dafür zu sorgen, dass den Kindern an allen Schulen ein ordentliches Mittagessen angeboten wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie können doch nicht sagen, dass Sie das irgendwo anders gesehen hätten.
Ich kann Ihnen aber Beispiele nennen, wo es eben anders ist, nämlich so, dass es nicht funktioniert oder vom Ehrenamt abhängt, ob es klappt.
(Zuruf von der FDP)
Wir diskutieren häufiger über die Frage „Wissen um Ernährung“. Das ist doch die zentrale Frage. Wissen unsere Kinder überhaupt noch, woher das Essen kommt und wie Essen zubereitet wird? Weiß es denn die Elterngeneration? Die Eltern sind 30 bis 35 Jahre alt und wissen viel weniger als die Generation der heute 60- bis 65-Jährigen. Da ist ein Wissensverlust vorhanden, den wir ausgleichen müssen, Frau Müller-Rech. Akzeptieren Sie das bitte einmal.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Uns allen ist klar: Es ist eine Herkulesaufgabe, dass wir an den Schulen – wir haben 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler und knapp 6.000 Schulen in NRW – ein verlässliches, gutes Mittagessensangebot hinbekommen. Das an allen Schulen hinzubekommen, ist nicht einfach. Diese Aufgabe müssen wir aber angehen. Wir können sie nicht allein den Schulträgern überlassen und sagen: Macht mal schön!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das müssen wir aus dem Landtag und aus den Ministerien begleiten. Das ist unser Job, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich sage aber auch: Das ist doch eine Riesenchance, das Wissen um unser Essen wieder zu verbessern.
(Jochen Ott [SPD]: Richtig! So ist es!)
Lassen Sie uns diese Chance doch gemeinsam nutzen. Wir haben immer wieder darüber gesprochen, wie wir das Thema „Ernährung“ den Kindern wieder ein Stück weit näherbringen können. Das gehört auch in die Schulen. Die Eltern schaffen es nicht mehr alleine. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Lassen Sie uns das in dem Zusammenhang also doch anpacken.
Es ist auch eine Riesenchance – das sage ich an dieser Stelle auch deutlich –, wenn wir es hinbekommen, die Schulkantinen mit regionaler Ernährung und vielleicht auch einem Anteil an ökologischer Ernährung zu verknüpfen. Damit könnten wir an dieser Stelle etwas für die Natur und auch für unsere Landwirtschaft tun. Das ist ein wichtiger Schritt. Denn woher kommt das Essen?
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich finde, dass wir uns da auf den Weg machen sollten – und das nicht nur über das Schulministerium; da ist auch das Umweltministerium durchaus gefragt.
(Jochen Ott [SPD]: Richtig!)
Wir haben doch Dinge wie das Schulobstprogramm und das Schulmilchprogramm. Das sind doch Themen, bei denen wir uns schon aktiv einbringen, was die Ernährung von Kindern an unseren Schulen angeht.
(Jochen Ott [SPD]: Und das kostet ja auch Geld!)
Dass die Ernährung für uns alle so weit weg ist, liegt doch auch daran, wie wenig wir in Nordrhein-Westfalen davon überhaupt noch sehen können. Kommen Sie einmal in meinen Wahlkreis. Wie viel Kartoffelanbau können Sie da zum Beispiel noch sehen? In Deutschland werden Kartoffeln zur Hälfte in einem einzigen Bundesland angebaut, nämlich in Niedersachsen. Es ist daher doch eine Riesenchance, wenn wir es hinbekommen, dass die Schulen eine Nachfrage vor Ort generieren.
Die Frage von krummem Gemüse und Ähnliches muss doch alles mit thematisiert werden. Machen wir uns auf den Weg! Bitte geben Sie Ihre Verweigerungshaltung auf und machen bei dem Prozess mit.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Anhörung, die dazu kommen wird. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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