Norwich Rüße: „Wegweisend für unser Land und vielleicht auch für Europa“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zum Brandschutz in Ställen

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Brand eines Stalles ist immer schrecklich: zum einen für die Tiere, die dort oft einen qualvollen Tod sterben müssen, zum andern aber auch für die betroffenen Familien, denen die Ställe gehören.
Wer selbst mal einen Brand auf seinem Hof erlebt hat, weiß, wovon ich spreche: In dem Moment sieht man, wie die eigene Existenzgrundlage vernichtet wird – eine bedrückende Situation für die betroffenen Familien.
Aber – das wird oft vergessen – es ist auch eine bedrückende Situation für die Feuerwehrleute, die dort aktiv sind und oft miterleben müssen, wie die Tiere sterben, ohne dass sie irgendwie Hilfe leisten können. Daher macht es sicher Sinn, sich mit diesem Thema ausgiebiger zu beschäftigen, um Lösungsmöglichkeiten voranzutreiben.
Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es immer wieder große Stallbrände: in diesem Jahr bereits mehrere. Der schlimmste Vorfall war sicher in Rheine im Kreis Steinfurt, bei dem 8.000 Schweine gestorben sind.
Eine Zeit lang haben wir gedacht, Stallbrände werden zurückgehen, wenn bei modernen Ställen keine Einstreu, kein Stroh, mehr da ist – früher oft der Grund für Brände auf Bauernhöfen.
Mittlerweile wissen wir aber: Dem ist nicht so. Stäube, elektrische Anlagen, die in modernen Ställen in großer Menge vorhanden sind, und vor allem die gut brennbare Dachkonstruktion aus Holz verursachen immer wieder verheerende Stallbrände.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesbauordnung ist an der Stelle ganz eindeutig, was den einen oder anderen überraschen mag. Die Landesbauordnung schreibt in § 17 Abs. 1 Folgendes vor: Es muss der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer vorgebeugt werden, und bei einem Brand muss die Rettung von Menschen und Tieren möglich sein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das heißt, im Prinzip widerspricht das, was bei Stallbränden immer wieder passiert, dass alle Tiere sterben, der Landesbauordnung. Wir sind also aufgefordert, mehr zu tun.
Was können wir tun? Ich will zwei Punkte nennen:
Wie kann man erstens die Rettung verbessern? Dazu sage ich gleich noch kurz etwas.
Wir müssen uns aber zweitens darüber unterhalten: Wie können wir mehr Vorbeugung leisten, um das Entstehen von Bränden vermeiden?
Wir alle wissen: Wenn erst einmal ein Stallbrand entstanden ist, ist die Rettung von Tieren äußerst schwierig. Tiere haben im Brandfall ein ganz bestimmtes Verhalten, das es quasi mehr oder weniger unmöglich macht, die Tiere noch zu retten. Das gelingt höchstens bei einigen wenigen.
Wenn das so ist, dass wir die Tierrettung nicht hinkriegen, ist es umso wichtiger, den vorbeugenden Brandschutz deutlich zu verbessern.
Vor ein paar Jahren habe ich mir bei einer Firma eine Wasservernebelungsanlage angeguckt. Dabei wird feinster Sprühnebel eingesetzt. Die haben mir gezeigt, wenn ein Brand entsteht, wird er in wenigen Minuten im Keim erstickt – nicht dadurch, dass die Flammen durch das Wasser gelöscht werden, sondern dadurch, dass der Sauerstoff verdrängt wird; der Brandherd wird erstickt.
Wir müssen endlich mit den Versicherungsunternehmen ins Gespräch kommen, die diese Ställe versichern, ob man durch eine solche Vernebelungsanlage nicht präventiv etwas für den Brandschutz tun kann.
Für einen Maststall, der ungefähr eine halbe Million kostet, kostet eine Vernebelungsanlage ungefähr 5.000 Euro, wenn eine Installation machbar ist. Wenn man so präventiv etwas für den Brandschutz tun kann, müssen wir uns endlich auf den Weg machen, damit diese Bilder, die wir in diesem Jahr wieder gesehen haben, der Vergangenheit angehören.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich glaube, dass wir uns in den letzten Jahrzehnten viele Gedanken gemacht haben, wie man Ställe technisch optimieren kann: im Sinne betriebswirtschaftlicher Optimierung.
Das ist gut und schön; aber darüber haben wir den Brandschutz sträflich vernachlässigt, und wir werden unserer eigenen Landesbauordnung nicht gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Unser Antrag soll einen Anstoß geben, diese Debatte aufzunehmen.
Frau Ministerin, ich weiß, wie schwer das ist, wenn dabei zwei Ministerien zusammenarbeiten müssen. Das habe ich in den letzten sieben Jahren mitbekommen; das ist immer so.
Aber es ist im Interesse des Tierschutzes dringend notwendig, dass das Bauministerium und das Umweltministerium Hand in Hand arbeiten, um beim Brandschutz voranzukommen und endlich Lösungen hinzukriegen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Wir haben Interesse daran, bei diesem Thema, bei dem wir, wie ich glaube, alle gemeinsam vorankommen wollen, eine breite Debatte hinzukriegen, im Ausschuss breit zu diskutieren und Experten dazuzuholen, wie zum Beispiel Brandschutzsachverständige, Feuerwehrleute, …
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Norwich Rüße (GRÜNE): … Versicherer, die Landwirtschaft selbst, Stallbauunternehmen. Wir möchten diese Debatte gerne führen, um in dieser tierschutzrechtlich relevanten Frage in Nordrhein-Westfalen nach vorne zu kommen und an der Stelle wegweisend für unser Land und vielleicht auch für Europa zu sein. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)

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