Norwich Rüße. „…und jetzt sind die Zuckerrübenbauern dran“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Zuckerrübenanbau

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich zunächst gefreut, als ich am Dienstag sah, welchen Antrag CDU und FDP zusammen einbringen. Ich hatte erst nur den Titel gelesen und hatte eigentlich gedacht, dass Sie sich mit diesem Antrag auf die drohende Schließung der Zuckerrübenfabrik Warburg konzentrieren.
Meine Vermutung war, dass Sie als Fraktionen die Landesregierung beauftragen, doch alles zu tun und Gespräche zu führen, um diese Zuckerrübenfabrik an ihrem Standort zu erhalten, damit eine regionale Verarbeitung erfolgen kann. Ich möchte nur kurz erwähnen, dass Zuckerrüben nun einmal schwer sind, und es viel Geld kostet, sie zu transportieren.
Feststellen musste ich dann: Nein, darum geht es Ihnen in dem Antrag gar nicht. Das ist absolute Nebensache. Für Sie ist das nur ein Aufhänger, um den Neonikotinoiden als Saatgutbeize wieder freie Bahn zu verschaffen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will auch noch der Frage nachgehen – Frau Watermann-Krass hat das vorhin auch schon ein bisschen angedeutet –, warum wir jetzt an der Stelle sind, wo wir aktuell im Zuckerrübenanbau stehen. Dieselben Unternehmen, die jetzt sagen, sie müssten eine Zuckerrübenfabrik schließen, haben noch vor kurzer Zeit die Bauern animiert, sie sollten doch mehr Zuckerrüben produzieren. Da lag der Weltmarktpreis für Zucker bei 600 Euro/t. Jetzt liegt der Preis bei 300 Euro/t. Diese Unternehmen sind für die derzeitige Überproduktion mitverantwortlich.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir erleben im Zuckermarkt derzeit genau dasselbe, was die Milchbauern schon seit Jahren erleben: Es sind international tätige Konzerne, die den Rohstoff, den die Landwirte produzieren, billig erwerben, damit sie damit am Weltmarkt mitspielen können. Das ruinierte die Milchbauern, und jetzt sind die Zuckerrübenbauern dran. Das ist das Problem.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie haben jahrelang den Bauern erzählt: Der Weltmarkt ist der Segen; da könnt ihr mitspielen, das klappt. – Jetzt stellen wir fest: Der Zuckerrübenanbau – dazu gibt es gute Darstellungen wird in Deutschland wahrscheinlich nur auf den absoluten Gunststandorten erfolgreich sein können. Sie wissen, wo die liegen: in Süddeutschland und nicht in der Warburger Börde. Es wird extrem schwierig werden, den Zuckerrübenanbau hier in Nordrhein-Westfalen langfristig überhaupt halten können, insbesondere in der Region um Warburg.
Lassen Sie mich noch einen Satz zu Ihren Forderungen sagen. Da geht es insbesondere um die Notfallzulassung; das ist Ihnen besonders wichtig. Es ist in der Tat ärgerlich, dass wir auf EU-Ebene ein Verbot haben. Jetzt wird über die Notfallzulassung das Hintertürchen doch wieder geöffnet. Einige Länder nutzen es in einem solchen Ausmaße, dass faktisch gar kein Verbot mehr existiert.
In Bayern findet gerade ein Volksbegehren statt; 1,8 Millionen Unterschriften liegen schon vor. Dabei geht es darum, die Artenvielfalt zu erhalten und den Insektenschutz voranzutreiben. Die Stoffgruppe der Neonikotinoiden wird dafür verantwortlich gemacht, dass die Zahl der Insekten so stark zurückgeht. Dann ist es aber in der Tat ein Problem, diesen Stoff über Notfallzulassungen in die Umwelt zu entlassen.
(Beifall von den GRÜNEN und von Annette Watermann-Krass [SPD])
Wir könnten am Ende des Prozesses darüber diskutieren, ob wir so etwas machen wollen.Lassen Sie uns am Anfang aber erst einmal über § 2 Pflanzenschutzgesetz reden. Dort stehen ein paar interessante Sätze. Wir reden seit Jahren über integrierten Pflanzenschutz. Wenn wir wirklich ernst nehmen, was darin steht, dann müssten wir zunächst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen, bevor wir zur Chemie greifen.
Im heutigen „Landwirtschaftlichen Wochenblatt“ findet man einen langen Artikel über den Zuckerrübenanbau. Dort ist zu lesen: Man könne jetzt die Gelegenheit nutzen, die enge Fruchtfolge wieder aufzuweiten und auf ein halbwegs verträgliches Maß von 25 % Rübe in der Fruchtfolge zu bringen. Das heißt doch, dass die Praxis im Moment eine andere ist: Die Fruchtfolge ist viel enger. Dadurch bekommen Sie natürlich Probleme mit Krankheiten. Das passiert, wenn Sie die Zuckerrübe viel zu oft nacheinander anpflanzen.
Aus unserer Sicht braucht man nicht zu solchen Notmitteln zu greifen. Man sollte zunächst die Fruchtfolgen aufweiten, mechanische Unkrautbekämpfung durchführen usw. Diese Dinge sind ja bekannt. Wir müssen sehen, wie wir da ein Stück weiterkommen.
Am Ende, wenn das alles nicht funktioniert, dann könnten wir diesen Schritt gehen. So aber sind wir nicht bereit, einen solchen Antrag einfach so zu unterstützen. Wir hätten ihn lieber erst einmal beraten wollen, statt direkt abzustimmen.
Das sehen wir auch nicht als Angebot. Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

Mehr zum Thema

Landwirtschaft