Norwich Rüße: „Sagen Sie, dass Sie Mitwirkung von Naturschützern und Tierschützern in diesem Land nicht wollen. Sagen Sie das deutlich.“

Gesetzentwurf der CDU zur Aufhebung des Verbandsklagerechts von Tierschutzverbänden

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Deppe, das war zu erwarten, was Sie uns eben erzählt haben. Ihnen geht es nicht um eine sachgerechte, fachliche Auseinandersetzung im Bereich Tierschutz. Der Kollege Börner hat es angedeutet: Ihnen geht es vielmehr darum, dieses Thema in den Wahlkampf hineinzuziehen und um nichts anderes.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wenn Sie sich fachlich mit dem Thema auseinandergesetzt hätten, hätten Sie die Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Höne von der FDP-Fraktion von vor einem Jahr gelesen. Diese Kleine Anfrage ist so beantwortet worden, dass sich Ihr Antrag im Grunde völlig erübrigt. Sie schieben etwas vor sich her, was keiner braucht. Dieses Klagerecht ist mittlerweile etabliert.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Es gibt überhaupt nicht den Streit zwischen Pharmaunternehmen und den Tierschutzverbänden. Das haben wir vernünftig geregelt. Wir haben im Vorfeld mit den Unternehmen gesprochen. Wir haben das Klagerecht zu Tierversuchen auf die Feststellungsklage eingeschränkt. Das wissen Sie ganz genau.
Seitdem gibt es überhaupt kein Klagen seitens der Industrie, wir würden irgendwelche Tierversuche behindern. Wir haben aber sehr wohl immer noch die Möglichkeit eingeräumt, zu überprüfen, ob die Tierversuche ordnungsgemäß und rechtlich richtig sind.
(Zuruf von Rainer Deppe [CDU])
– Sie sollten sich besser mal mit den Leuten unterhalten und nicht immer nur mit den Verbandsvorsitzenden des „Aktionsbündnisses Ländlicher Raum“ reden!
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich sage Ihnen noch eines; wir sind ja jetzt beim „Aktionsbündnis Ländlicher Raum“: Sie machen das doch für die beiden landwirtschaftlichen Verbände; die schreiben Ihnen diese Anträge. So sieht es doch aus.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Quatsch!)
Beim Jagdgesetz sind Sie uns ähnlich gekommen. Wenn Sie dann mit den Akteuren im Aktionsbündnis reden, stellen Sie fest, dass gerade mal eine Gruppe an dem Fall interessiert ist; die anderen winken müde ab. Und das ist hier genau das Gleiche. Die sagen in Wirklichkeit: Das, was Sie im Landtag machen, Herr Deppe, ist alles Irrsinn. – Kommen Sie zurück zu einer fachlichen, sachlichen Arbeit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Am Ende haben Sie es ja selbst auf den Bereich Landwirtschaft beschränkt. Dann kommen Sie mit Argumenten, die Investitionen im Bereich Stallneubau seien rückläufig.
(Rainer Deppe [CDU]: Ja, das ist so!)
Aber das hängt doch nicht mit dem Klagerecht der Tierschutzverbände zusammen. Das wissen Sie genau! Sie wissen genau, dass die Einkommenssituation in der Landwirtschaft seit einigen Jahren so schlecht ist, dass da gar keiner mehr an einen Neubau denken kann. Sie wissen auch, dass das, was Sie, was Ihre Partei, was Ihr Bundeslandwirtschaftsminister den Bauern erzählt haben: „Setzt auf Export, produziert für den Weltmarkt“, der falsche Weg ist. Die Bauern wissen überhaupt nicht mehr weiter. Deshalb bauen sie keine Ställe, und nicht wegen unseres Klagerechts. Das ist eine Verdrehung der Tatsachen, was Sie da machen!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von Josef Hovenjürgen [CDU] und Rainer Deppe [CDU])
Dann kommen wir noch einmal zu dem Punkt. Ich kann mich an die Stellungnahmen gut erinnern. Da hieß es dann seitens der landwirtschaftlichen Verbände: Es steht zu befürchten; es könnte sein. – Das war alles Konjunktiv.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Sie haben uns gesagt, es werde aufgrund des Klagerechts für Tierschutzverbände zu einer Klageflut kommen. Nichts davon ist gekommen. Es ist genau so gekommen, wie wir es gesagt haben: Es wird an einzelnen Stellen eine Überprüfung geben; einzelne Stellen werden beklagt werden.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege Rüße, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Deppe zulassen?
Norwich Rüße (GRÜNE): Ja, gerne.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Auf geht’s.
Norwich Rüße (GRÜNE): Bitte.
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Dann kann er durchatmen!)
Rainer Deppe (CDU): Keine Aufregung. – Herr Rüße, wie erklären Sie sich denn, wenn Sie sagen, das sei alles so unbedeutend, dass einer der Verbände, die Sie anerkannt haben, ARIWA, auf der eigenen Homepage schreibt, dass gerade durch diese Tätigkeit im Verbandsklagerecht – ich darf zitieren – „viele Neubau- und Erweiterungsanträge für Schweinezuchtanlagen in Nordrhein-Westfalen auf Eis liegen und somit auf unbestimmte Zeit verhindert wurden“? Genau damit begründet ja ARIWA den Erfolg dieses Gesetzes und seiner Tätigkeit. Ausgerechnet diesen Verband haben Sie auch noch anerkannt.
Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Deppe, was jemand auf seiner Facebook-Seite, Website oder sonst wo schreibt, muss ja nicht immer die Wahrheit sein.
(Lachen von der CDU – Josef Hovenjürgen [CDU]: Das sind alternative Fakten!)
– Es stimmt einfach nicht. Heute Morgen hatten wir genau dasselbe. Da haben wir Herrn Kaiser gesagt: Nennen Sie doch einmal ein Beispiel. – Herr Deppe, es wäre etwas anderes, wenn Sie mir hier sagen würden: Herr Rüße, in Ihrem Heimatort, in Steinfurt, wird ein Stall nicht gebaut. Oder: Im Kreis Borken werden fünf Ställe nicht gebaut. – Kommen Sie einmal mit wirklichen Beispielen. Nein, Sie kommen mit ARIWA, einer Tierschutzorganisation, die irgendetwas auf ihrer Webseite beschreibt.
(Zuruf von Rainer Deppe [CDU])
Natürlich will eine solche Organisation ihre eigenen Erfolge darstellen. Aber im Land ist es doch nicht so, dass Stallbauten auf Eis liegen. Das ist doch nicht wahr.
Ich würde Sie auch bitten, dass Sie, wenn Sie schon das Klagerecht so einschränken wollen, perspektivisch das Naturschutzrecht mit hineinpacken. Sagen Sie den Naturschutzverbänden bitte auch, dass Sie das Klagerecht für sie nicht mehr wollen.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Sagen Sie, dass Sie Mitwirkung von Naturschützern und Tierschützern in diesem Land nicht wollen. Sagen Sie das deutlich.
(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU)
– Ja. Aber man kann zumindest einmal sagen, was man will. Ich fände, das wäre ehrlich.
Zum Schluss möchte ich ein Zitat vortragen, das mir in den letzten Tagen über den Weg gelaufen ist. Dieses Zitat fand ich bezeichnend. Da hat sich jemand zum Verbandsklagerecht folgendermaßen geäußert – ich zitiere –:
„Mit diesem Gesetz haben wir ein wichtiges Signal für den Tierschutz gesetzt und gleichzeitig eine Rechtslücke geschlossen. … Das ist ein weiterer und wichtiger Meilenstein für den Tierschutz.“
Meine Damen und Herren, jetzt ist spannend, zu wissen, wer das denn gesagt hat. Man würde vermuten, dass es unser Minister Johannes Remmel war. Er war es aber nicht. Es war auch nicht Christian Meyer aus Niedersachsen. Vielmehr war es Minister Peter Hauk aus Baden-Württemberg, der das am 28. Dezember 2016 so formuliert hat. Dieser Kollege der CDU sagt: Das Verbandsklagerecht ist ein gutes Instrument, ein richtiges Instrument.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie sollten sich einmal überlegen, wo Sie denn als CDU stehen. Sie müssen doch insgesamt einmal eine Position entwickeln.
(Minister Johannes Remmel: Von Baden-Württemberg lernen, heißt siegen lernen!)
– Genau.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ihre Redezeit, Herr Kollege.
Norwich Rüße (GRÜNE): Zum Schluss sage ich noch einmal: Mit Ihnen ist – das hat dieser Antrag wieder gezeigt – keine gute Tierschutzpolitik zu machen. Deshalb kann man das, was Sie hier wollen, auch nur ablehnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ich habe noch einmal nachgefragt. Es war just in time, eine Punktlandung.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: Eine Sekunde überzogen!)
Es folgt eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Deppe, der jetzt für 90 Sekunden das Wort erhält. Bitte.
Rainer Deppe (CDU): Herr Rüße, Sie haben eben ein schönes Zitat gebracht. In der Tat könnte es auch von Herrn Remmel stammen. Aber wir sind hier eben in Nordrhein-Westfalen und nicht in Baden-Württemberg.
(Michael Hübner [SPD]: Gute Erkenntnis!)
Herr Remmel und die anderen grünen Minister der Regierung in Nordrhein-Westfalen sind auch nicht Herr Kretschmann und die grünen Mitglieder der Regierung in Baden-Württemberg. Dann könnten wir hier einmal über innere Sicherheit diskutieren. Dann würde das hier anders aussehen.
(Lachen von Norwich Rüße [GRÜNE] – Jochen Ott [SPD]: Aber Sie haben schon einen grünen Schlips an!)
Aber eines sage ich Ihnen: Wir werden hier in Nordrhein-Westfalen auf keinen Fall eine Fortsetzung der grünen Politik mit einer schwarzen Ministerin durchführen. Wir sind hier in Nordrhein-Westfalen. Unser Land muss endlich weg von den letzten Plätzen in der Bundesrepublik.
(Fortgesetzt Zurufe)
Das geht nur mit einer klaren Abkehr von der grünen Verhinderungs- und Bevormundungspolitik. Dieses Markenzeichen wird es nach dem 14. Mai dieses Jahres in Nordrhein-Westfalen nicht mehr geben. Das kann ich Ihnen und der Öffentlichkeit hier versprechen.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Jetzt hat Herr Kollege Rüße für bis zu 90 Sekunden das Wort. Ich bitte um Aufmerksamkeit.
Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Deppe, Tiere sind in Baden-Württemberg, in Nordrhein-Westfalen und in ganz Deutschland gleich und haben dieselben Rechte. Dafür werden wir uns weiter einsetzen. Wir werden uns mit der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und dem Minister Johannes Remmel dafür einsetzen, dass es im Tierschutz auch nach dem 14. Mai 2017 weiter vorangeht und Nordrhein-Westfalen ein Leuchtturm für Tierschutzpolitik bleiben kann.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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