Norwich Rüße: „Regionale Vermarktung ist sicherlich ein guter Schlüssel“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu regionaler Wertschöpfung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann in der Tat unterschiedlicher Meinung sein, Herr Haupt, ob man aus der Enquete einzelne Anträge herauszieht. Ich weiß auch nicht, ob das sein muss. Aber ich habe mich trotzdem über den Antrag gefreut, weil ich ihn inhaltlich gut finde.

(Zuruf von Bianca Winkelmann [CDU])

– Frau Winkelmann, wenn Sie sich mit dem Antrag wirklich beschäftigt hätten – das haben Sie nämlich nicht getan –

(Bianca Winkelmann [CDU]: Habe ich!)

und den mal neben Ihren Antrag gelegt hätten …

(Bianca Winkelmann [CDU]: Habe ich!)

– Das haben Sie gemacht?

(Bianca Winkelmann [CDU]: Ja, sonst hätte ich nicht daraus zitiert!)

– Wenn Sie das gemacht haben, dann ist es umso erschreckender, dass Sie den Unterschied nicht erkannt haben. Das ist doch ein Problem.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Der Unterschied ist, dass der Antrag der SPD die regionale Vermarktung ganz anders angeht, als Sie diese angehen wollen.

(Zuruf von Bianca Winkelmann [CDU])

Sie haben damals in Ihrem Antrag NRW als Region definiert. Das ist Ihr Ziel. Das kann man machen. Darüber müssen wir diskutieren. Sie haben von sehr großräumigen Strukturen gesprochen. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie damals mein-ei.nrw erwähnt.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Ja, da war ich auch dabei! Ich erinnere mich noch an die Rede! – Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Ich auch!)

– So, wir erinnern uns alle. Es ging tatsächlich um Beziehungen auf größere Distanz. Das ist okay.

Der Antrag der SPD will aber ausdrücklich etwas anderes. Er bezieht sich auf Umfragen dazu, was die Menschen unter „regional“ verstehen. Ich finde, das ist in dem Antrag sehr gut ausgeführt. Dort wird gesagt, unter „Region“ verstünden Menschen ungefähr das, was im Umkreis von 50 km passiert. Das ist ihre Region, ihre Heimat.

Wenn man das machen will – den Weg kann man ja gehen –, braucht man aber ein anderes Konzept als das, was Sie mit Ihrem Antrag vorgelegt hatten. Deshalb hat der Antrag aus unserer Sicht sehr wohl eine Berechtigung.

Er ist natürlich auch eine Chance. Die regionale Vermarktung ist eine Chance, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Sie ist eine Chance für die Landwirtschaft, die tatsächlich einen erheblichen Zusammenbruch ihrer Wertschöpfung erlebt hat. An Lebensmitteln verdienen viele, nur Bauern verdienen nicht besonders viel daran.

Um 1970 herum ist die Hälfte dessen, was für Lebensmittel ausgegeben wurde, in die Landwirtschaft gegangen, heute ist es noch ein Fünftel. Regionale Vermarktung ist sicherlich ein guter Schlüssel, um diesen Wert wieder zu erhöhen.

Das Entscheidende und der Unterschied ist – da trennen sich die Wege ein wenig –: Der Hebel zur Veränderung, um in der Zukunft mehr regionale Vermarktung hinzubekommen, ist die Gemeinschaftsverpflegung. Das unterstützen wir Grünen ausdrücklich und sind auch fest davon überzeugt, dass wir das machen müssen.

(Zuruf von Stephan Haupt [FDP])

– Herr Haupt, Sie würde ich jetzt sowieso nicht kritisieren, weil Sie das mit der regionalen Vermarktung genau richtig angeführt haben. – Frau Winkelmann, ich finde, Sie haben danebengelegen.

(Bianca Winkelmann [CDU]: Ach, tatsächlich?)

Das sind einfach unterschiedliche Konzepte. Man muss sich entscheiden, was man machen will.

Die Frage ist ja: Ist das genug? Doppelt sich da etwas? Die Ökomodellregionen – das habe ich hier schon häufiger kritisiert; auch Sie habe ich dafür schon kritisiert – sind nicht genug, aber sie sind trotzdem ein Anfang. Darum geht es doch. Wir müssen starten.

Bei dem Ansatz der regionalen Wertschöpfungszentren oder der regionalen Verarbeitungszentren, wie immer wir das nennen wollen, wissen wir alle miteinander, dass uns die kleinen Verarbeiter fehlen. Sie haben heute als Landwirt doch gar keine Chance mehr. Sie können sich entscheiden: Entweder liefern Sie Ihre Schweine an WESTFLEISCH oder an Tönnies. Es gibt noch ein paar weitere, aber es sind nicht mehr viele. Bei den Molkereien ist es das Gleiche.

Ich finde jede Initiative gut, in der sich zukünftig ein paar Landwirte zusammentun und sagen: Wir gründen eine eigene kleine Molkerei. Wir versuchen, direkt ein, zwei, drei Schulen zu finden, die wir versorgen, zu denen wir mit unserer kleinen Molkerei eine direkte Beziehung aufbauen. – Mit der Wertschöpfung, die die großen Konzerne den Bäuerinnen und Bauern bieten, geht es einfach nicht weiter. Ich finde, wir müssen auch dafür sorgen, dass sie neue Möglichkeiten bekommen.

Frau Watermann-Krass, ich finde den Antrag so schön, der hätte fast von mir kommen können.

(Zurufe von der SPD: Ah! – Beifall von Inge Blask [SPD])

Wir als Grüne finden den Antrag gut und werden ihn mittragen. Wir hoffen, dass wir das irgendwann – mit wem auch immer – tatsächlich gemeinsam umsetzen können. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)