Norwich Rüße: „Mir wäre wichtig solche Dinge effizient zu lösen, ohne gleich wieder Bürokratie auszulösen“

Zum Antrag der SPD-Fraktion für einen "ReparaturbonusNRW"

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sprechen mit Ihrem Antrag ein wichtiges Problem an, nämlich die Fragen von Ressourcenverschwendung und Nachhaltigkeit. Daher finde ich es gut, dass Sie den Antrag gestellt haben. Mit Sachsen und Thüringen gibt es auch viele Vorbilder dafür, die Sie selbst angesprochen haben. Insofern ist das grundsätzlich ein richtiger Ansatz; das ist überhaupt keine Frage.

In dem Film „Welcome to Sodom“ geht es um eine Mülldeponie bei Accra, die sich im Dauerbrand befindet, weil dort auch Kinder und Jugendliche davon leben, dass sie unseren Elektroschrott – jährlich gehen ungefähr 250.000 Tonnen Elektroschrott aus der EU dorthin – abfackeln, zerlegen und versuchen, die Wertstoffe wieder herauszuholen. Wenn man das gesehen hat, kann man sich erst einmal nur dafür schämen, dass unser Schrott auf die Art und Weise, auf Kosten anderer Menschen, billig entsorgt wird.

Gleichzeitig dürfen wir natürlich auch darüber nachdenken, wie die Produkte entstanden sind, bevor sie zu Schrott werden. Viele der Elektroartikel, die wir kaufen, werden heute in Ländern produziert, aus denen wir über die Herstellungsbedingungen gar nicht so viel wissen wollen. Insofern ist die Reparatur bzw. die Verlängerung des Lebens jedes Handys, jedes Fernsehers und jedes Laptops auch in dieser Hinsicht eine gute Sache.

Wir diskutieren viel über das Thema „Lieferkettengesetz“. Das belegt für mich noch einmal, wie wichtig es ist, hierbei voranzukommen. Das muss gut gemacht werden und machbar sein für die Unternehmen, aber wir brauchen das natürlich.

Grundsätzlich ist das also eine gute Idee; das kann man machen. Herr Vogt, Sie haben etwas aufgegriffen, das in anderen Ländern schon seit ein paar Jahren läuft. Allerdings sind wir in der EU seit April eigentlich schon einen Schritt weiter – Sie selbst schreiben es in Ihrem Antrag –, da es ein Recht auf Reparatur geben wird.

Wir müssen uns jetzt fragen: Wie gehen wir vor? Wie setzen wir dieses Recht auf Reparatur um? Was folgt daraus? Ist das Modell, das Sie wollen, nicht tatsächlich schon wieder ein Stück weit überholt bzw. wird es von der Wirklichkeit ab 2026 überholt sein? Sie wissen genauso wie ich, dass wir ab 2026 wir eine ganz andere Grundlage haben bzw. haben sollten.

(René Schneider [SPD]: So lange kann man ja warten!)

Daher muss man sich schon überlegen, ob man in diesem Prozess nicht schon ein bisschen zu spät ist.

Ich frage mich noch etwas anderes, dass sich auch die Kollegin Frau Dr. Peill gefragt hat. Wenn man ein Projekt bzw. eine neue Förderung aufsetzt, dann muss man immer überlegen: Wie setzt man es um? Wie setzt man es so um, dass nicht am Ende fünf Leute beschäftigt werden und der Verwaltungsaufwand, der in diesem Land ein Problem darstellt, sehr hoch ist – zum Beispiel betragen die Kosten in Thüringen 800.000 Euro –, während das Ergebnis geringer ausfällt.

Ich bin gerne bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Wir überweisen den Antrag ja auch. Aber Sie müssen auch überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, bei Reparaturen dieser Geräte einen reduzierten Mehrwertsteuersatz anzusetzen.

Das ist einfach zu machen.

(Zuruf von Alexander Vogt [SPD])

Ein anderer Vorschlag wäre, dass man Reparaturen wie schon jetzt haushaltsnahe Dienstleistungen steuerlich absetzen kann. Mir wäre wichtig – das beschäftigt mich –, solche Dinge effizient zu lösen, ohne gleich wieder Bürokratie auszulösen. Ich fände es schon schlau, das so zu tun.

Wichtig ist in dieser Phase – das habe ich angesprochen –, dass wir das von der EU geschaffene Recht auf Reparatur vernünftig implementieren.

Beim Reparaturbonus wäre das übrigens auch ein Riesenproblem: Wer weiß jeweils davon? Die Töpfe werden ausgeschöpft, der Bedarf wäre aber in Wirklichkeit noch viel größer. So ist das bei Projekten ja oft; das wissen wir beide. Wer erfährt überhaupt davon, dass er den Anspruch hat? Deshalb finde ich es total wichtig, dass wir, wenn wir uns auf den Weg machen, über Verbraucherzentralen usw. breit gestreut darüber informieren, dass es dieses Recht auf Reparatur gibt.

Die nächste Frage: Wir haben ja total veränderte Handelswege. Wie viele Bohrmaschinen werden heute noch im Fachmarkt verkauft? Wenn ich meine Bohrmaschine bei der Firma Uhlenbrock in Steinfurt-Borghorst kaufe, dann gehe ich auch dahin und sage: Bitte reparieren! – Das war immer der klassische Weg. Was machen Sie denn mit einer Bohrmaschine vom Lebensmitteldiscounter? Da haben Sie zwar auch Möglichkeiten, die werden aber nicht genutzt, weil es den Leuten viel zu kompliziert ist. Das ist der Punkt. Wir müssen uns informieren, wie wir das hinkriegen und wie wir überhaupt noch Menschen bekommen, die die Reparaturen durchführen.

All das sind wichtige Themen. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Lassen Sie uns gemeinsam nach einer guten Lösung suchen. Ob es der Reparaturbonus ist, bin ich mir nicht sicher. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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