Norwich Rüße: „Landwirtschaft wird in puncto Klimaschutz einen Beitrag leisten müssen“

Anträge der GRÜNEN im Landtag zu europäischen Agrarpoltik

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, schön, dass Sie da sind. Ich habe Ihnen ein kleines Geschenk mitgebracht.
(Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Ein echtes?)
– Einen Antrag.
(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)
Stimmt denn die Information, dass Sie heute Geburtstag haben?
(Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Ja!)
– Dann herzlichen Glückwunsch von dieser Stelle.
(Beifall von allen Fraktionen und Präsident André Kuper)
Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass Sie heute hier sind und mit uns zusammen über die europäische Agrarpolitik diskutieren.
Wer ein bisschen länger im Landtag ist, weiß, dass wir in einem Sieben-Jahres-Rhythmus darüber diskutieren, wohin denn die europäischen Agrargelder gehen und wofür wir sie verwenden.
Bei einer Gesamtsumme von 60 Milliarden Euro im Jahr in ganz Europa ist es auch selbstverständlich, dass man sehr gut begründen muss, was man mit diesen Geldern macht, wofür man sie einsetzt und was man damit erreichen will.
Im Kern hat die europäische Agrarpolitik drei Ziele:
Das erste Ziel war immer – es ist nach dem Zweiten Weltkrieg vor dem Eindruck der damaligen Koreakrise und der damaligen Lebensmittelknappheit entstanden –, gute, günstige und stets verfügbare Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Dieses Ziel rückt angesichts dessen, dass wir immer alles haben und immer alles da ist, manchmal in den Hintergrund. Aber es ist ein wichtiges Ziel.
Das zweite Ziel war immer, dass wir gesagt haben: Die europäische Landwirtschaft ist anders als beispielsweise die amerikanische. Wir wollen ihre bäuerliche Struktur mit den doch etwas kleineren Betrieben stabilisieren und Strukturbrüche vermeiden; wir wollen die Struktur relativ stabil erhalten.
Das dritte Ziel ist eines, das eigentlich erst in den letzten zwei Jahrzehnten stärker berücksichtigt wird. Es ist das Ziel, Umweltbeeinträchtigungen und negative Umweltauswirkungen durch eine intensive Landwirtschaft – und wir wissen wohl alle, dass es diese negativen Auswirkungen gibt – mit diesen Geldern ein Stück weit abzufedern.
Wenn man ein Fazit zu der europäischen Agrarpolitik zieht, dann kann man sagen, dass das erste Ziel, nämlich Lebensmittel in Hülle und Fülle zu günstigen Preisen bereitzustellen, erreicht wurde. Die beiden anderen Ziele wurden aber trotz diverser Reformen und Bemühungen nicht erreicht.
Die Strukturbrüche haben wir nicht verhindert. Sie passieren momentan in einem doch ungeahnten Ausmaß. Ich glaube, wir alle haben immer erwartet, dass Betriebe, die hier in Nordrhein-Westfalen im Vollerwerb mittlerweile mit 60 bis 70 ha wirtschaften und damit hinreichend Arbeit für diejenigen, die dort tätig sind, bereithalten, existenzfähig sein müssten. Derzeit erleben wir das Gegenteil. Wir erleben eine zutiefst vorhandene Verunsicherung in der Landwirtschaft.
Auch das andere Ziel, nämlich negative Umweltauswirkungen auszugleichen, erreichen wir derzeit nicht. Für uns heißt das ganz klar: Die letzte Agrarreform, die mit dem Greening genau diese Abfederung der Negativauswirkungen erreichen wollte, hat ihren Zweck überhaupt nicht erfüllt. Am Ende war das Greening ein Schuss in den Ofen.
Wir müssen es jetzt besser machen. Meiner Meinung nach sollten wir gerade als Nordrhein-Westfalen ein großes Interesse daran haben, einen Schritt voranzukommen, und alles dafür tun, dass die Bundesregierung und Europa sich auf den Weg machen und diese Perspektive der Eco-Schemes wirklich nutzen, damit wir diese endlich mit Leben füllen und schauen, dass wir den Bäuerinnen und Bauern diese Sache schmackhaft machen. Sie sollten nicht immer nur einen Ausgleich dafür erhalten, dass sie weniger Gewinn erzielen, also auf intensive Beackerung verzichten. Vielmehr sollten sie, wenn sie dies tun, mehr haben und wirklich sagen können: Das ist ein kleiner Baustein meines Einkommens; dann bin ich auch gerne bereit, vielleicht auf einen Maximalertrag zu verzichten.
Heute hat das Europäische Parlament sehr ambitionierte Ziele in puncto CO2-Einsparung verabschiedet. Der Antrag, in dem es um minus 60 % bis 2030 geht, ist durchgekommen.
Wenn wir das erfüllen wollen und wenn das Europäische Parlament sich selbst ernst nehmen will, werden wir in dieser Angelegenheit europäischer Agrarpolitik auch entsprechend handeln müssen. Landwirtschaft wird dann in puncto Klimaschutz einen Beitrag leisten müssen. Auch deshalb werden wir diese Eco-Schemes brauchen.
Aktuell steht in einer Fachzeitung der Agrarpresse, es sei schon alles quasi in trockenen Tüchern. Da macht man die Rechnung meines Erachtens ein bisschen ohne das Europäische Parlament. Diese Agrarreform wird nicht mehr allein durch die Kommission bestimmt. Das Europäische Parlament wird entscheidend mitreden und sicher sagen, dass diese Eco-Schemes verbindlich und wirksam sein müssen.
Deshalb glaube ich, dass wir mit unserem Antrag, das so zu betonen, den richtigen Weg vorgeschlagen. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam darüber zu debattieren. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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