Norwich Rüße: „Jetzt müssen wir endlich in die Umsetzungsphase kommen“

Antrag der SPD-Fraktion zum "Runden Tisch" Landwirtschaft

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Frieling, ich hatte gehofft, dass wir diesen Antrag mit der gebotenen Sachlichkeit diskutieren würden. Wenn ich als CDU oder CSU 15 Jahre lang die Landwirtschaftsminister gestellt hätte – ich möchte Ihnen ersparen, vorzulesen, was das alles für Figuren waren –, die die Landwirtschaft in die Sackgasse geführt haben, in der wir heute stecken, würde ich etwas kleinere Brötchen backen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Niemand von uns, weder wir Grüne noch die SPD, sagt: Wir haben das Zaubermittel und wissen genau, wo es langgeht. – Das hat die FDP auch nicht. Aber die CDU glaubt immer noch, dass sie genau weiß, wie alles richtig ist.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Ich komme zum Antrag: „Runder Tisch Biodiversität“, „Runder Tisch Insektenschutz“, „Runder Tisch Ferkelkastration“, „Runder Tisch Landwirtschaft“, „Runder Tisch Ernährungsbildung“, „Runder Tisch Artenvielfalt“. Das könnte ich jetzt noch eine ganze Zeit so fortsetzen; das war wirklich ein Miniausschnitt. Runde Tische zum Thema „Landwirtschaft“ gibt es wie Sand am Meer.
Damit ist meiner Meinung nach schon ein zentraler Satz in Ihrem Antrag widerlegt, nämlich, dass es keinen Dialog zwischen der Landwirtschaft und den Akteuren gebe. Wenn es eines gibt, dann ist es ein Dialog.
Sie erwähnen die Treckerfahrer von LsV. Ich denke, dass man darauf einen kritischen Blick werfen darf. Denn das ist eine Gruppe, die den Dialog zwar heftig einfordert, ihn aber selbst nicht wirklich führt und auch nicht wirklich führen will. Zum Teil stoßen wir dort auf Realitätsverweigerung.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das haben die sich von den Grünen abgeguckt!)
Wir haben gerade hier in Nordrhein-Westfalen eine gute, lange Tradition des Dialogs zwischen Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft. Hier sind wir wirklich gut aufgestellt. In diesem Zusammenhang kann man auch einmal Klaus Matthiesen erwähnen, der als einer der Ersten diesen Dialog eingeführt hat. Deshalb tue ich mich mit diesem Antrag schwer; das will ich deutlich sagen.
Gerade erst hat die Enquetekommission mit ihrer Arbeit begonnen. Sie soll genau dies ein Stück weit leisten. Sie soll eine Bestandsaufnahme durchführen: Wo sind die Probleme, und was sind die Lösungen? – Ich glaube, dass das tatsächlich eine Möglichkeit ist, die wir hier im Landtag haben, um da voranzukommen.
Ganz ehrlich: Als ich den Antrag gelesen habe, fiel mir direkt das Sprichwort ein: Wenn ich nicht weiterweiß, gründe ich noch einen Arbeitskreis. – Die Alternative wäre gewesen, Sie hätten vorgeschlagen, ein Gutachten darüber zu erstellen, wie es denn nun zu retten wäre. Wie gesagt: Ich tue mich damit sehr schwer.
Herr Stinka, wenn wir ehrlich sind, ist der Hintergrund des Antrags eine dreiwöchige Minibelagerung des Wahlkreisbüros von Frau Schulze. Ich nehme an, dass das der eigentliche Hintergrund des Antrags ist. Die Schlepper sind immer mal wieder dorthin gefahren. Letztens sind sie abgeholt worden. Vielleicht haben Sie den Bäuerinnen und Bauern im Gespräch versprochen: Wir befassen uns im Landtag damit; dann passiert ja genau das, was Sie wollen.
Wir sind jetzt aber schon ein bisschen weiter. Wir haben zehn Jahre lang darüber diskutiert, was passieren muss, und haben versucht, die Grundsatzfragen zu klären. Jetzt müssen wir endlich in die Umsetzungsphase kommen.
Daher war ich auch enttäuscht, heute im Interview unserer nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerin zu lesen, sie wolle beim Fleischgipfel mal wieder eine Bestandsaufnahme machen.
Wir müssen aber nicht wieder irgendetwas aufnehmen und überprüfen. Das haben wir jetzt lange genug getan. Vielmehr müssen wir in die Umsetzungsphase eintreten. Wenn wir noch einen Arbeitskreis gründen, hat meine Fraktion die Befürchtung, dass dieser wieder ein Jahr braucht, um festzustellen, was da draußen in der Natur alles so schlimm ist und worin die Absatzprobleme bestehen, statt sich tatsächlich auf den Weg zu machen und konkrete Lösungen zu finden.
Es geht nicht mehr darum, Grundsatzfragen zu lösen. Das haben wir jetzt lange genug gemacht. Darin sind wir uns mittlerweile sicher einig. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Das Schlachthofsystem mit seinen Riesenschlachthöfen und den Billigarbeitskräften kann keine Zukunft haben. – Nicht nur darin, sondern auch in einigen anderen Punkten sind wir uns doch einig.
Wir müssen in die Lösungsphase eintreten. Wir Grüne sind skeptisch, ob Ihr vorgeschlagener Arbeitskreis dabei weiterhilft. Die Skepsis reicht nicht, um Ihren Antrag abzulehnen, weil er in der Sache gut gemeint ist. Zustimmen werden wir ihm aber auch nicht. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

Mehr zum Thema

Landwirtschaft