Norwich Rüße: „Jeder Einzelfall, jeder Angriff ist ein Angriff zu viel“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Rassehunden

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE) Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen funktioniert seit zwei Jahrzehnten. Sein Vorgänger war die Landeshundeverordnung. Anlässe bzw. Gründe dafür, zwei Jahre nach der Verordnung das Gesetz zu erlassen, hat es damals genug gegeben.

Natürlich kann man sich immer wieder Gedanken darüber machen, ob man dem einzelnen Hund gerecht wird. Ich möchte das aber ein bisschen anders aufziehen.

Ich kann mich gut erinnern: Ich habe während des Studiums in Berlin-Neukölln gewohnt und bin häufiger mit meinem Mitbewohner einkaufen gegangen. Dabei hat er immer die Straßenseite gewechselt. Ich habe überhaupt nicht verstanden, warum er das tut. Ich hatte das zwar nicht, aber er hatte panische Angst vor Kampfhunden, die damals in Neukölln sehr verbreitet waren.

Wir diskutieren genau das viel zu selten. Wenn die Angst der Menschen im öffentlichen Raum, zum Beispiel in Parks oder im Wald, so groß ist, wenn ihnen jemand mit seinem Hund entgegenkommt, den er nicht im Griff hat, dann sind wir als Gesetzgeber beauftragt, den öffentlichen Raum so zu schützen, dass sich die Menschen dort angstfrei bewegen können. Genau diese Funktion erfüllt das Landeshundegesetz.

Ja, das Landeshundegesetz mag nicht perfekt sein, aber es hat einen enormen Vorteil. Wir sprechen in diesen Zeiten immer über Bürokratieabbau. Sie schlagen eine Einzelfallprüfung vor. Eine solche bedeutet aber immer einen deutlich höheren Aufwand für die Behörde als die Arbeit mit abstrakten Grenzen. Das ist völlig klar. Deshalb ist genau das der richtige Weg.

Wir können darüber diskutieren, ob wir der Liste noch bestimmte Hunderassen hinzufügen.

Auf der anderen Seite will ich Ihnen auch sagen – dazu haben Sie geschwiegen –: Es gibt die 40/20-Regel, es gibt Abstufungen in dem Gesetz; insofern sind alle erfasst. Ich finde zum Beispiel einen Punkt, den das Gesetz vorgibt, super: die Haftpflichtversicherung, ein ganz wesentlicher Punkt.

Ich weiß, dass die Frage des Landeshundegesetzes auch in Tierschützerkreisen sehr kontrovers diskutiert wird. Das ist so. Klar, das kann man auch kontrovers diskutieren.

Ich kann mich gut daran erinnern, als ich das letzte Mal darüber mit Tierschützern diskutiert habe. Ich habe dazu eine klare Meinung. Ich finde, das Gesetz soll so bleiben. An dem Abend bin ich nach Hause gekommen und habe Nachrichten geguckt, zufällig MDR, Sachsen-Anhalt. Genau an dem Tag war der Vorfall in Sachsen-Anhalt, bei dem ein junges Mädchen angegriffen wurde. Ich habe in dem Moment wieder gedacht: Das ist genau richtig. Dieses Problem ist so groß, und jeder Einzelfall, jeder Angriff ist ein Angriff zu viel. Deshalb ist dieses Gesetz gut und soll genauso bleiben, wie es ist. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsident Christof Rasche: Jetzt liegt eine Kurzintervention von Frau Seli-Zacharias vor. Bitte klinken Sie sich erneut ein. – Bitte sehr.

Enxhi Seli-Zacharias (AfD): Vielen Dank. – Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns einig, nämlich in der Thematik „Haftpflichtversicherung“. Da können wir tatsächlich sagen: Es besteht gar kein Dissens; alles super.

Jetzt ganz kurz. Sie sprachen gerade das Thema „Bürokratieabbau“ an. Wer den Antrag richtig verstanden hat, versteht vielleicht auch die Logik dahinter, wenn wir nachempfinden, was jemand, der einen sogenannten Rassehund oder, wie Sie ihn bezeichnen … Für mich gibt es keine Kampfhunde, aber gut, darüber kann man sich streiten.

Fakt ist: Wir wissen eines – und das werden Sie genauso gut wissen wie ich –, nämlich welche Auflagen Menschen erfüllen müssen, die einen sogenannten Kampfhund zu Hause führen. Das sind teils sehr einschränkende Maßnahmen mit Spontanbesuchen zu Hause. Da werden Leute kriminalisiert, als ob jeder, der einen Rottweiler zu Hause hält, eine Kalaschnikow zu Hause auf dem Sofa liegen hätte. Das finde ich schlichtweg nicht gerecht.

Wenn Sie sagen, wir würden mehr Bürokratie fordern … Im Gegenteil: Wir wollen diese Bürokratie und die Gängelung abbauen, die tagtäglich den Menschen begegnen, die solche Hunde zu Hause haben, die alles andere als gefährlich sind.

Noch mal, ich wiederhole es: Wer ernsthaft irgendeinen wissenschaftlichen Beweis …

Vizepräsident Christof Rasche: Die Zeit.

Enxhi Seli-Zacharias (AfD): … anführen kann, dass es gefährliche und ungefährliche Hunde gibt, soll ihn mir bitte gerne vorlegen. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsident Christof Rasche: Jetzt kommen wir zur Antwort.

Norwich Rüße (GRÜNE): Das war eine ganze Menge, was Sie dargestellt haben; sehr lang und ausführlich. Bei mir ist eines hängengeblieben: ´“die alles andere als gefährlich sind“. Jetzt sage ich Ihnen als Halter eines Australian Shepherds: Ich weiß, dass diese Rasse sehr anders ist als ein Rottweiler, und ich weiß das aufgrund dessen, was ich am Anfang im Hinblick auf die Begegnung auf der Straße geschildert habe. Ob ich jemandem mit einem Australian Shepherd entgegenkomme oder mit einem Rottweiler, ist ein deutlicher Unterschied.

Was Sie sagen, belegt für mich nur, wie richtig das Landeshundegesetz ist. Wenn ich mit den Menschen draußen über dieses Thema spreche, dann merke ich, dass die froh sind, dass wir diese Regelung seit 25 Jahren haben und dass sie funktioniert. Deshalb werden wir daran auch nichts ändern.

(Beifall von den GRÜNEN)

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