Norwich Rüße: „Jede und jeder von uns produziert im Jahr ungefähr 23 kg Elektroschrott“

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Norwich Rüße

 Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Elektroschrott“ beschäftigt uns alle schon seit vielen Jahren, und zwar mit gutem Recht. Jede und jeder von uns produziert im Jahr ungefähr 23 kg davon, und angesichts der Bestandteile, die darin sind, macht es sicher Sinn, sich immer wieder darum zu kümmern, dass das Ganze vernünftig entsorgt wird.
Durch die neuen Medien, durch Handys, durch Fernseher, die internetfähig sind, haben sich die Innovationszyklen noch einmal deutlich erhöht, deutlich gesteigert, sodass die Produkte nicht mehr zehn Jahre halten. Ein Fernseher ist inzwischen zu einem Wegwerfprodukt geworden. Das macht diese ganze Problematik deutlich brisanter.
Wir reparieren immer weniger Produkte, was ich bedaure. Inzwischen ist es der Regelfall, dass die Produkte eventuell sogar beim Discounter gekauft werden, und über mögliche Reparaturen macht man sich keinerlei Gedanken mehr.
Wenn man einmal über seinen eigenen Müll, den man produziert, nachdenkt, dann wird jeder von uns sagen: Ein Toaster, zwei oder drei Toaster habe ich nicht zu Hause herumstehen, eine Waschmaschine auch nicht. Das entsorgen wir alles.
Doch wenn wir mal darüber nachdenken, wie viele Handys jeder zu Hause herumliegen hat, dann werden die meisten von uns, wenn sie ein bisschen länger darüber nachdenken, sagen und das tun wir nicht, weil wir alle Historiker wären und das für die Geschichtsforschung behalten wollen –: Wir alle haben im Durchschnitt vier, fünf Handys zu Hause in Schubladen liegen, die dort ungenutzt bleiben und vor sich „hinvegetieren“.
Das Problem ist, dass Handys mittlerweile nur noch eine Nutzungsdauer von 18 Monaten haben. Jährlich kommen in Deutschland 24 Millionen neue Handys auf den Markt. Mittlerweile liegen schätzungsweise über mehr als 120 Millionen Althandys in den Haushalten. Wenn man hochrechnet, welche Wertstoffe in diesen Handys steckt, dann ist das pro Handy wenig, aber in der Summe doch jede Menge. 2,9 t Gold, 30 t Silber und 1.100 t Kupfer sind in diesen 120 Millionen Handys verborgen. Alleine diese Zahl macht deutlich, dass es sehr wohl sinnvoll ist, uns über eine ordentliche Rückgabe zu kümmern, damit diese Handys wieder ins Recycling, in den Kreislauf zurückgelangen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir sollten an der Stelle auch eine Sache nicht aus dem Blick verlieren, nämlich wie diese Rohstoffe, die für die Handys gebraucht werden, gewonnen werden. Gerade die Edelmetalle, die Seltenen Erden, die in den Handys stecken, stammen überwiegend aus wirtschaftlich ärmeren, politisch oft eher instabileren Ländern.
Die Rohstoffe werden teilweise unter Bedingungen gewonnen, die menschenunwürdig sind. Der Abbau ist oft illegal. Oftmals werden auch Kinder als Arbeitskräfte eingesetzt. Es gibt Milizen, Clans, die den Abbau dominieren oder mit Gewalt dort ihre Interessen durchsetzen.
Das alles macht es sinnvoll, möglichst wenig von diesen Rohstoffen heranzuziehen, sondern dafür zu sorgen, dass die Rohstoffe, die schon da sind, auch wieder genutzt werden – abgesehen davon, dass man sich natürlich darum kümmern muss, dass die Bedingungen in den Abbauländern verbessert werden.
Sicher brauchen wir auch ein gutes Recycling für Handys, weil in den Handys nicht nur die von mir erwähnten Edelmetalle – gute, wichtige Rohstoffe – vorhanden sind, sondern weil auch Schadstoffe in den Handys sind. Auch deshalb macht es Sinn, die Handys fachgerecht zu entsorgen.
Wir als grüne Fraktion haben im Rahmen der Parlamentsnacht und des NRW-Tags eine kleine Sammelaktion gemacht, wo insgesamt – das war nur eine kleine Aktion – 300 Handys zusammengekommen sind. Wir haben Sie dem Nabu und dem BUND zur Verfügung gestellt, die das wiederum weiterreichen. Bei diesen Sammlungen, von denen es viel zu wenige gibt, ist das Spannende, dass die Handys zu ungefähr einem Fünftel aufbereitet und wiedergenutzt werden, und vier Fünftel werden ordentlich entsorgt und die Rohstoffe werden wiederverwertet. Teilweise versucht man, Ersatzteile aus den Handys herauszuziehen. Aber so hat man eben insgesamt eine vernünftige Entsorgung.
Das sind, glaube ich, gute Projekte, gute Ansätze, aber natürlich viel zu wenige. Wenn man 120 Millionen Handys hat, aber nur ein Bruchteil in diese Projekte hineinfließt, dann ist das deutlich zu wenig. Die meisten von uns wissen gar nicht, wenn sie ein altes Handy haben, was sie damit machen sollen. Wo kann man damit hin? Wer nimmt es ab? Was wir brauchen, ist ein System, bei dem für jeden von uns klar ist, wo wir das Handy abgeben können, wer es von uns nimmt, damit klar ist, wenn wir unser Handy nicht mehr brauchen, werden wir es abgeben. Das kann in Landesbehörden installiert werden, das kann beim Hausmeister der Schule sein für die Schüler – die haben ja jede Menge Handys – wie auch immer.
Wir sollten uns gemeinsam Gedanken darüber machen und – das steht im Antrag drin – weiter forschen, Anschübe geben, wie man das Recycling verbessern kann. Da ist längst noch nicht alles perfekt.
Ich hoffe, dass ich zumindest Ihr Interesse an diesem Thema ein klein wenig wecken konnte, und freue mich, wenn Sie uns bei diesem Anliegen unterstützen würden. – Vielen Dank.

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