Norwich Rüße: „Ihr Antrag läuft der Zeit hinterher“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu alten Nutztierrassen

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine beiden Vorredner haben es eigentlich schon sehr gut klargemacht. Wir alle freuen uns, wenn hier Anträge eingebracht werden, die ein Thema neu aufwerfen oder ein Problem aufzeigen, das dringend gelöst werden muss. Bei diesem Antrag stellt man sich aber die Frage: Wozu? Was soll dieser Antrag?

Man sollte sich ein kleines bisschen darüber informieren, was im Land Nordrhein-Westfalen in den vergangenen 20 Jahren in diesem Bereich bereits passiert ist. Man sollte sich auch ein wenig damit beschäftigen, was die Europäische Union zu diesem Thema alles schon in die Wege geleitet hat.

Im Tierzuchtgesetz steht, dass wir uns um den Erhalt der genetischen Vielfalt kümmern sollen und dafür öffentliche Mittel einsetzen sollen. Genau das macht das Land Nordrhein-Westfalen. Genau dafür haben wir die Förderung dieser Nutztierrassen. Die Kollegen haben das auch schon gesagt. Diese Förderung ist nicht schlecht.

Kein anderes Bundesland … Zum Beispiel in Hessen könnten Sie fragen: Warum werden eigentlich insgesamt, über alle Tierarten gesehen, nur fünf oder sechs Rassen gefördert? – In Nordrhein-Westfalen hat man sich schon im Jahr 2014 dafür entschieden, alle Nutztierrassen im Bereich von Rindern, Schweinen, Ziegen und Schafen zu fördern, die deutschlandweit bedroht sind, weil das so wichtig ist.

Weil es so wenige Züchter sind, wollen wir zum Beispiel das Ostfriesische Milchschaf, obwohl es, wie der Name sagt, nicht vom Ursprung her aus Nordrhein-Westfalen stammt, trotzdem fördern, weil es eben gut ist, wenn jemand in Nordrhein-Westfalen diese Schafrasse hält. Da gibt es eine Verbindung mit vielen anderen Züchtern, ob sie in Brandenburg, Ostfriesland oder sonst wo sitzen, um den gesamten Genpool zu erhalten.

Dann sage ich Ihnen als jemand, der ein paar Bentheimer Schweine besitzt und sie auch im Zuchtbuch führt: Diese Rasse ist ein super Beispiel dafür, dass ein Bauer in Nordhorn, der das gegen alle Widerstände durchgezogen hat, ganz alleine diese Rasse erhalten hat. Alle haben gesagt: Das geht doch gar nicht; niemand kann eine Rasse alleine erhalten. – Es ist dann genetisch überprüft worden, dass er das sehr wohl geschafft hat – über die 50er-, 60er-, 70er- und 80er-Jahre. Er hat das über vier Jahrzehnte gemacht. Und dann gab es die Wertschätzung. Dann gab es Initiativen anderer Menschen.

Das ist auch das Entscheidende. Wir können so viel fördern, wie wir wollen. Aber wir brauchen die Menschen, die sagen: Ja, mir ist es wichtig, diese Rasse zu erhalten. Daran hängt mein Herzblut. – Ich erlebe viele Züchterinnen und Züchter, die das für ihre Tierarten machen. Das Bentheimer Schwein ist ein super Beispiel dafür, dass das gelungen ist und der Bestand gestiegen ist. Es gibt auch noch ein paar andere Beispiele, wo das super geklappt hat.

Ihr Antrag läuft der Zeit so etwas von hinterher. Wenn Sie ihn vor 20 Jahren gestellt hätten – da gab es Sie ja Gott sei Dank noch nicht –, dann wäre er irgendwie noch aktuell gewesen. Aber heute ist das einfach völlig überflüssig. Das braucht niemand.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und Inge Blask [SPD])

Dann kommen wir zum entscheidenden Punkt. Es gibt Gründe, warum Rassen vom Aussterben bedroht sind, so erhaltenswert sie auch sind. Wenn ich beim Bentheimer Schwein nicht eine Geschichte miterzähle und die Vermarktung hinbekomme, dann habe ich ein Problem. Frau Ministerin Gorißen kann so viel fördern, wie sie will. Aber wenn ich es als Züchter nicht hinbekomme, die Tiere zu vermarkten, dann stapeln sie sich irgendwann bei mir im Stall. Das kann auch keine Ministerin verändern.

Deshalb ist es gut, dass wir begleitend fördern. Aber das Entscheidende ist das Engagement der Menschen, die sich darum kümmern, dass diese Tiere eine Perspektive haben.

Diese Züchterinnen und Züchter haben Sie in Ihrem Antrag total ausgeblendet. Sie sind Ihnen in Wirklichkeit auch völlig egal. Der Antrag hat nur einen Zweck. Sie reden da nämlich viel von Identität. Das ist an der Stelle komplett überflüssig.

Alles, was man in dem Bereich machen muss, wird hinreichend getan. Die Förderung – das werden wir auch im Ausschuss weiter diskutieren – ist schon gut. Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland – deshalb ist gerade hier der Antrag überflüssig –, das an der Stelle am meisten macht und seit vielen Jahren sehr gut aufgestellt ist.

Die Förderung ist einfach. Die Bagatellgrenze ist so niedrig, wie wir es in keinem anderen Förderprogramm haben. Sie können mit kleinsten Beständen hineingehen. Da muss man wirklich nicht viel machen. Da sind wir wirklich gut.

Wir stimmen der Überweisung zu. Aber den Antrag hätte es wirklich nicht gebraucht. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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