Norwich Rüße: „Der Dreh- und Angelpunkt nordrhein-westfälischer Verbraucherschutzpolitik: Die Arbeit der Verbraucherzentralen“

Zum Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsgesetz 2023, Einzelplan Verbraucherschutz - zweite Lesung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vor 30 Jahren im Lehramtsstudium ein Praktikum an einer Schule in Berlin-Neukölln gemacht, einer nicht ganz einfachen Gegend. An dieser Schule habe ich ein längeres Gespräch mit dem Schulleiter geführt über die Besonderheiten der Schule, über die Schüler. Was mir da für immer in Erinnerung geblieben ist, war der Satz: Herr Rüße, Sie müssen wissen, von den Kindern, die hier zur Schule gehen, kommt ein Drittel morgens ohne Frühstück in die Schule, und sie haben auch nichts dabei.

Damals habe ich gedacht – ich kam vom Land –: Das gibt es doch gar nicht. – Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es das gibt. Mittlerweile weiß ich aber, dass es in Nordrhein-Westfalen genauso der Fall ist, dass es das bei uns genauso gibt. Allein deshalb ist die Frage von Ernährung in der Schule und auch in Kitas eine wichtige Frage, der wir als Landespolitik uns in den nächsten Jahren unbedingt intensiv widmen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das Problem ist nicht nur, dass es sich mit leerem Magen schlecht lernt, das Problem ist auch, dass das, was dann häufig gegessen wird, auch noch das völlig Falsche ist. Eine Ernährung, die auf Pommes und Cola, auf Döner und Pizza in Übermaßen fußt – jeder von uns isst das gerne mal – führt zu einem massiven Problem. Wir wissen auch aus verschiedensten Studien, dass unsere Kinder zunehmend übergewichtig sind, ein gewisser Anteil auch adipös ist und dass sie ihr Leben lang ein Riesenproblem damit haben werden, dass sie nie bzw. sehr selten wieder zu einem normalen Körpergewicht zurückfinden, dass sie Folgeerkrankungen haben und dass deshalb jeder Euro, den wir rechtzeitig in eine gute Ernährung unserer Kinder und Jugendlichen investieren, ein Euro ist, der in Form von gesparten Gesundheitskosten in den Folgejahren zurückkommt.

(Beifall von den GRÜNEN und Dr. Patricia Peill [CDU])

Weil das so ist und weil wir immer mehr in den Ganztag hineingehen – Sie wissen, dass es den Anspruch auf Ganztagsbetreuung gibt; eine riesige Aufgabe, die wir in den nächsten Jahre umzusetzen haben –, haben wir eine Riesenchance, in der Ernährung auch viel zu bewegen. Wir können die öffentlichen Einrichtungen nutzen, um eine gesunde Ernährung unserer Kinder und Jugendlichen sicherzustellen, und gleichzeitig können wir es auch nutzen, um unseren Bäuerinnen und Bauern ein Angebot zu machen, diese Einrichtungen mit ihren Lebensmitteln zu beliefern.

Wir haben im Moment in der Landwirtschaft ein Hoch bei den Preisen. Man könnte deshalb sagen, es sei ja alles in Ordnung, aber die letzten Jahre waren dramatisch. Das Vertrauen der Landwirtschaft in die Zukunft ist so gering, dass ich davon überzeugt bin, dass wir an dieser Stelle in unserem Koalitionsvertrag mit dem Kantinenprogramm ein gutes Angebot gemacht haben. Wir als öffentliche Hand wollen ein verlässlicher Partner sein, um einerseits eine gute Ernährung für die Kinder und Jugendlichen abzusichern und andererseits einer realen, umweltnahen und umweltschonenden Landwirtschaft eine Riesenchance zu ermöglichen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das heißt für uns, mehr regionale, mehr gesunde und mehr ökologische Lebensmittel in die Kantinen zu bringen. Das wollen wir in den nächsten Jahren vorantreiben. Wir werden im nächsten Jahr auch den Auftakt dazu machen und werden in die Ernährungsstrategie einsteigen.

Das ist aus meiner Sicht im Verbraucherschutz die zentrale Herausforderung. Wir – wir wissen das alle – tun aber viel zu wenig. Das ist nicht alles – und das haben auch meine Vorrednerinnen und Vorredner bereits gesagt –: Natürlich ist aus meiner Sicht ein zentraler Punkt, der Dreh- und Angelpunkt nordrhein-westfälischer Verbraucherschutzpolitik, die Arbeit der Verbraucherzentralen.

An dieser Stelle will ich mich ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verbraucherzentrale für ihre engagierte Arbeit in Beratungseinrichtungen, im Internet, überall, wo sie aktiv sind und den Menschen in unserem Bundesland helfen, dass sie keine falschen Verträge eingehen und dass sie jetzt die Energieberatung wahrnehmen, bedanken. Das sind gute und wichtige Schritte.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir sind in diesem Jahr mit diesem Haushalt in einer auch wirklich schwierigen Situation. Die Energieberatung ist von anderen auch schon lobend erwähnt worden. Dass wir die jetzt so absichern, wie wir es gemacht haben, dieser Sprung, den es jetzt in der institutionellen Förderung gibt, ist schon einmalig. Das ist ein herausragender Sprung, ich finde das hervorragend, dass wir das so machen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei dem Ministerium, dass das so abgesichert wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir werden in den nächsten Jahren noch einiges machen müssen. Das betrifft die Energieberatung, die Schuldnerberatung; das ist angesprochen worden.

Aber man kann nicht alles auf einmal machen. Wir haben noch ein paar Jahre vor uns, und ich glaube, dass wir den Verbraucherschutz in NRW weit nach vorne bringen werden und NRW am Ende dieser Legislatur tatsächlich das Verbraucherschutzland Nummer eins sein wird. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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