Norwich Rüße: „Die wirkliche Plage war der Mensch mit seinen im Rückblick fehlerhaften Eingriffen in den Wald“

Entschließungsantrag der GRÜNEN im Landtag zu Waldschäden

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Ihrem Antrag zur Waldwirtschaft und zur Borkenkäferplage greifen Sie ein wichtiges Thema auf. Viele Maßnahmen, die Sie beschließen, finden auch durchaus unsere Zustimmung und wir können sie daher mittragen.
Wir Grüne sind aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit heilfroh, dass das Umweltministerium diesmal noch keinen Vertrag mit irgendeinem Holzvermarkter oder einem Sägewerk geschlossen hat,
(Heiterkeit von der SPD – Ministerin Ursula Heinen-Esser: Kann ja noch kommen!)
denn wir wissen aus der Geschichte, dass Verträge, die Schwarz-Gelb mit Holzsägern schließt, nicht unbedingt gut für das Land sind.
(Ministerin Ursula Heinen-Esser: Wir haben auch gewonnen! Wir haben gewonnen!)
–  Ja. In dem Zusammenhang richte ich ein Dankeschön an Ihren Amtsvorvorgänger, Herrn Remmel, der das auch mit einer gewissen Beharrlichkeit in die Richtung getrieben hat. Es war zwar ein gewisses Risiko dabei, aber er hat es gemacht, und deshalb ist es am Ende auch so ausgegangen, wie es ausgegangen ist.
(Nicken von Horst Becker [GRÜNE])
Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen, insbesondere was die steuerliche Seite angeht, sind wir völlig d’accord. In der Tat muss es die Möglichkeit geben, dass die jetzt erhöhten Einnahmen mit den zukünftigen Mindereinnahmen ausgeglichen werden bzw. beides geglättet wird.
Ich finde es hingegen nicht richtig – vielleicht habe ich es auch falsch gelesen oder es ist nicht so formuliert, wie es hätte formuliert sein sollen –, dass Sie in den Antrag schreiben – es liest sich jedenfalls so –, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln solle mit Fördermitteln begleitet werden. Ich glaube, so teuer sind Pflanzenschutzmittel zum einen nicht, und zum anderen sollten wir als Landespolitik das Bestreben haben, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wirklich auf das absolute Minimum zu begrenzen. Im Nachgang können Sie mir gern sagen, ob das vielleicht anders gemeint war. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass Sie das wirklich wollen.
(Bianca Winkelmann [CDU]: Ich erkläre Ihnen das mal!)
Ich fände es zudem wichtig, verstärkt über die Ursachen und Probleme zu sprechen. Ich habe das eben schon angedeutet. Auf der einen Seite sollte in der Tat aktuell und punktuell eingegriffen und geholfen werden, auf der anderen Seite sollten wir uns aber auch Gedanken über die Ursachen machen.
Wir haben im Oktober im Ausschuss einen Bericht von Ihnen bekommen, und in diesem Bericht steht sehr deutlich, dass die Schäden im Wald genau dort am höchsten sind, wo in der Vergangenheit massiv auf die Fichte gesetzt worden ist. Das ist schon interessant.
(Beifall von Horst Becker [GRÜNE])
Im Bericht steht auch ganz deutlich, dass in Mischwäldern, also in Laubwäldern mit einem Anteil von Fichte – es ist schließlich nicht so, dass wir die Fichte gar nicht wollen –, die Schäden deutlich geringer ausfallen.
Weil wir immer über die Borkenkäferplage und die Dürre reden, also die Natur als Katastrophe darstellen, die dem Wald schadet, kann man schon noch einmal festhalten: Die wirkliche Plage war durchaus der Mensch mit seinen im Rückblick fehlerhaften Eingriffen in den Wald. Das wissen wir alle miteinander, dass der Wald umzubauen ist.
Da frage ich mich schon: Wie haben wir 2007 nach Kyrill reagiert? Wie haben die Waldbauern denn reagiert? Wurde die Empfehlung, den Wald umzubauen, umgesetzt? Diese Empfehlung und die Erkenntnis, dass es mit reinen Fichtenbeständen oder einem extrem hohen Anteil an Fichten nicht funktioniert, gibt es in der Tat schon länger, nicht erst seit Kyrill.
Ich finde ich es schon wichtig, von Ihnen zu hören, ob es denn alle Waldbauern wirklich verdient haben, dass wir ihnen unter die Arme greifen, oder höre ich demnächst, wenn es, nachdem alles abgeräumt ist, darum geht, wie aufgeforstet wird, von den Waldbauern wieder: „Das ist mein Eigentum. Das ist mein Boden. Ich entscheide, was darauf gepflanzt wird. Und wenn ich mich wieder für die Fichte entscheide, dann habt ihr das zu respektieren.“? Oder gibt es verbindliche Vereinbarungen mit den Waldbesitzern, jetzt geschlossen nicht auf Weihnachtsbäume und Fichten zu setzen, sondern endlich den Waldumbau anzugehen? Das zu wissen, wäre mir wichtig. Eigenverantwortung ist da ein hohes Gut. Da ist auch Vorsorge zu betreiben durch einen Waldbau. Ich glaube, das können wir auch erwarten.
Wir werden uns bei der Abstimmung über Ihren Antrag enthalten, weil wir viele Dinge, die dort drinstehen, als richtig erachten. Aber wir finden halt – das, was ich gerade beschrieben habe –, dass man noch einen Schritt weitergehen muss, noch einmal mehr betonen muss, was danach passieren muss. Deshalb haben wir einen Entschließungsantrag vorgelegt. Im Gegensatz zu Herrn Ritter meine ich, dass sich beide Anträge an der Stelle eigentlich sehr gut ergänzen. Es wäre ein gutes Miteinander. Der eine betont sehr das Kurzfristige, wir betonen mehr das etwas Längerfristige. Deshalb bitte ich Sie, zuzustimmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)