Norwich Rüße: „Die sind am Ende ihrer Kapazitäten“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zum Tierschutz

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal vielen Dank für den Antrag, weil ich es persönlich immer für gut halte, wenn wir uns über die Tierheime in Nordrhein-Westfalen und darüber unterhalten, wo es denn konkret fehlt. Wir sind uns in der Analyse schnell einig, darin nämlich, dass in den Tierheimen etwas nicht ganz richtig läuft, aber in der Lösung gehen wir weit auseinander. Bei dem von Ihnen diesmal thematisierten Punkt, nämlich der sogenannten Auslandsklausel, wonach eine Förderung vom Land eben nur dann zur Verfügung gestellt wird, wenn man sich verpflichtet, genau dieses Geschäft nicht zu betreiben, sind wir ganz anderer Meinung als Sie.

Kern des Problems bei den Tierheimen ist doch Folgendes – ich habe mal ein bisschen recherchiert –: 2015 finden Sie zum Beispiel eine interessante Meldung. Da sagt der Sprecher des Deutschen Tierschutzbundes: Jedes zweite deutsche Tierheim steht vor der Insolvenz.

Man findet das immer wieder, dass Tierheime sagen: Wir sind unterfinanziert, wir kriegen es nicht hin, wir sind überlastet, wir haben zu wenig Mitarbeiter. – Insgesamt eine schwierige Situation. Wir sind uns wohl schnell einig, dass dem so ist.

Dann will ich aber an der Stelle auch darauf verweisen – das finde ich wichtig –, dass die Tierheime zuallererst in der Verantwortung unserer Kommunen liegen. Zuallererst sind die Kommunen dafür zuständig, dass sie die Tierheime so ausstatten, dass sie die Betreuung der Tiere vernünftig gewährleisten können. Da gibt es mittlerweile in etlichen Kommunen Fortschritte in den letzten Jahren. Das muss man wirklich auch mal anerkennen. Es gibt aber auch noch Kommunen, die das nicht machen.

Dann sind wir bei dem Punkt – das spricht Kollege Hansen genau richtig an –, dass es Tierheime gibt, die natürlich gemerkt haben, dass sie ihr Budget ein Stück weit auch dadurch erhöhen können, indem sie in diesen Handel mit Hunden einsteigen. Da geht es nicht nur um Tierrettung, wie es Ihnen der Tierschutzpräsident weismachen will – das ist nicht so –, sondern es geht natürlich auch darum, dass das die Finanzen des jeweiligen Tierheims, das das macht, ein Stück weit verbessert.

Wir sind der Meinung, dass das nicht der richtige Weg ist. Unsere Tierheime sind in den letzten Jahren absolut vollgelaufen. Sie können überall sehen, dass dem so ist. Die haben genug damit zu tun, die Tiere, die schon in Nordrhein-Westfalen anfallen, entsprechend zu versorgen und aufnehmen zu können. Die sind am Ende ihrer Kapazitäten.

An dieser Stelle kann ich übrigens – ich habe mir viele Tierheime angeguckt – nur ein wirklich großes Dankeschön an all die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richten, die in den Tierheimen unter teilweise wirklich schwierigen Bedingungen diese Arbeit leisten und sich um die Tiere kümmern.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Lieber René Schneider, Ihr Antrag tut ein bisschen so, als würden wir damit ein Problem lösen können.

(Kopfnicken von René Schneider [SPD])

Das können wir nicht. Die Rückmeldungen, die ich aus Tierheimen habe – auch ich habe nämlich Gespräche geführt –, sind ganz andere. Ich habe eine Rückmeldung, die so ist, wie Sie sie schildern. Die Rückmeldungen, die ich habe, lauten eher: Könnt ihr nicht noch mal versuchen, den Antrag etwas zu vereinfachen?

Diese Frage der Bürokratie, die uns an vielen Stellen immer wieder beschäftigt, trifft gerade auch auf Tierheime zu. Die sagen: Wir sind sowieso schon bis oben zu mit Arbeit, machen das im Ehrenamt und müssen jetzt auch noch diesen Antrag, auch wenn der jetzt nicht 40-seitig ist, bearbeiten. Das fällt uns sehr schwer. Geht das nicht noch ein bisschen einfacher? – Man kann tatsächlich noch mal darüber nachdenken, das zu tun. Es ist wirklich nicht diese Klausel, die sie daran hindert, diese Fördermittel abzugreifen.

Jetzt sage ich, wie ich mir das vorstelle, damit wir auch bei der Problemlösung wirklich weiterkommen. Was Sie vorschlagen – Sie sagen, der Tierschutz sei grenzenlos, und zitieren Thomas Schröder –, ist doch nur ein Kurieren der Symptome. Das löst doch nicht die Problematik in den Herkunftsländern. Wir bräuchten mehr Europa – das wäre tatsächlich notwendig –, und zwar ein Europa, das auch für Haustiere bestimmte Standards setzt. Das kennen wir aus der Nutztierhaltung. Das wäre auch da notwendig, damit alle Menschen in Europa mit dem gleichen Respekt dem Tier gegenübertreten, wie wir uns das vorstellen. Dann könnte man dieses Problem ganz anders lösen.

Was wir bräuchten, diskutieren wir hier in Deutschland. Um das mal zu sagen: Es ist ja nicht so, als ob wir das Problem nicht kennen würden; wir kennen es von Katzen. Da diskutieren wir dann auch darüber: Kann man mit Kastration tatsächlich die Bestände der wild herumlaufenden Katzen ein Stück weit eindämmen? Genau das bräuchten wir in Ländern wie Rumänien, um den Bestand zu reduzieren. Das ist doch das, was die Sache ein Stück weit lösen würde, aber doch nicht, hier nur an den Symptomen herumzudoktern und zu sagen, die Auslandshunde sollen bitte nach Deutschland kommen.

Ein weiteres Problem ist, dass wir aus meiner Sicht in Zukunft noch mehr Tiere erwarten dürfen und der Druck auf die Tierheime weiter zunimmt, je mehr Tiere sie aus dem Ausland holen. Das kann überhaupt nicht zielführend sein.

Zuallerletzt die Frage an Sie: Woher haben Sie eigentlich die Information, dass der Landestierschutzverband das unterstützt? Ich habe das an keiner Stelle finden können.

Wenn Sie noch ein bisschen Zeit haben, können Sie mir das vielleicht erklären. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von René Schneider [SPD])

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