Norwich Rüße: „Die Rückkehr des Wolfes ist ein Erfolg für den Naturschutz“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zum "Wolfsland NRW"

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute zwei Anträge hier im Plenum, einmal den von der SPD, einmal den von der CDU. Über all dem schwebt mittlerweile auch noch die von der Landesregierung vorgelegte Verordnung, die wir alle kennen.

Ich habe schon im Ausschuss gesagt: Bei diesem Thema kann es nicht um politische Geländegewinne einzelner Parteien gehen, sondern es geht darum, Lösungen zu finden. Das habe ich immer so vertreten, und das werde ich auch in Zukunft vertreten.

Ich werde mich daher im Folgenden besonders auf die Verordnung beziehen, weil ich Ihnen gerne ein paar Anmerkungen dazu mit auf den Weg geben möchte; denn ich glaube, an der einen oder anderen Stelle besteht noch Verbesserungsbedarf.

Die Rückkehr des Wolfes – das will ich am Anfang noch einmal sagen; ich glaube, Frau Ministerin, das sehen Sie nicht anders – ist durchaus erst einmal – ich glaube, Herr Diekhoff, auch Sie sehen das so – ein Erfolg für den Naturschutz. Es ist ein positiver Aspekt.

(Zuruf von der AfD)

Aber wir alle sehen auch, dass es eine enorme Bürde gerade für diejenigen ist, die Weidetierhaltung betreiben. Wir alle wissen, wie viele mittlerweile sagen: Wenn keine Lösung kommt, dann höre ich im Ernstfall auf. – Das kann nicht unser Ziel sein. Wir wollen die Weidetierhaltung in Nordrhein-Westfalen behalten.

Ich bin froh, auch unter dem Grundgedanken des Schutzes, dass das Ministerium zwar kurz vor Ende der Legislatur, aber immerhin diese Verordnung vorlegt. Damit hat sich – das hat auch Herr Schneider schon gesagt – Ihr Antrag, Frau Winkelmann, tatsächlich erledigt.

(Zuruf von Bianca Winkelmann [CDU])

Es war schon etwas witzig, dass die Verordnung am 18. Januar kam, die Sie am selben Tag mit Ihrem Antrag gefordert haben.

(Bianca Winkelmann [CDU]: Der geht doch weiter!)

Das darf man so eigentlich nicht machen. Das hätten Sie vielleicht etwas geschickter aufbauen müssen.

(Bianca Winkelmann [CDU]: Ordentlich lesen!)

Ich glaube, in dem Antrag – ich habe es schon gesagt – sind noch ein paar Fehler enthalten. Die Verbändeanhörung läuft auch noch. Insofern habe ich die Hoffnung, dass noch die eine oder andere Verbesserung erfolgen wird.

Ich will anfangen mit folgendem Fehler: Sie nennen in dem Antrag als einen Vergrämungsgrund „die Näherung an regelmäßig von Menschen genutzte Gebäude“. In Ihrem Antrag steht das Wort „regelmäßig“, in der Verordnung fehlt das Wort „regelmäßig“. Die Verordnung geht also noch einen Schritt weiter.

(Bianca Winkelmann [CDU]: Ja!)

Uns allen ist klar, was Vergrämung in Ortschaften bedeutet. Klar, dann sind wir alle sofort dabei. Aber was heißt das denn – und darum geht es ja vor allem – im ländlichen Raum? Welche Gebäude sind damit genau gemeint? Was bedeutet „von Menschen genutzte Gebäude“? Ställe und Höfe sind irgendwie klar. Aber was ist mit der einsam irgendwo in der Feldmark gelegenen Scheune, in der ein paar Maschinen stehen? Sie wissen genauso wie ich, dass das einer der Gründe ist, weshalb die Verordnung in Niedersachen beklagt wird. Ich würde mir an Ihrer Stelle noch einmal überlegen, ob man da nachbessert.

(Bianca Winkelmann [CDU]: Deshalb haben wir es auch anders benannt!)

Zur Frage der Einbeziehung der Jägerschaft: Ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist, Herr Diekhoff. Ich nehme an, das kommt vor allem von Ihnen. Sie haben eben gesagt, wie gut es sei, wenn das Ministerium die Entscheidungsebene ist, wenn man die Entscheidung von vor Ort wegholt. Im Regelfall wollen Sie aber die örtliche Jägerschaft an der Stelle einbinden. Ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn Sie die Verantwortung den Menschen übertragen. Es könnte klug sein, es tatsächlich auf Berufsjäger zu beschränken. Wir haben in Niedersachsen mittlerweile sehr viele Fehlabschüsse. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich der richtige Weg ist, den Sie da gehen wollen.

Zu der Frage, die hier ein bisschen intendiert ist: Soll man den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen? – Herr Diekhoff, dann muss man sehen, dass die Jäger zwar bestimmte Rechte am Tier kriegen, aber sie bekommen im Zweifelsfall auch zusätzliche Pflichten. Das muss man sich gut überlegen.

Das Hauptproblem ist doch: Wenn der Wolf am Ende ins Jagdrecht geht, dann müssen Sie zukünftig zwei Behörden beteiligen, um ihn im Zweifelsfall, wenn er auffällig wird, abschießen zu können. Dann müssen Sie die Jagdbehörde beteiligen, und dann müssen Sie die Naturschutzbehörde beteiligen. Ob das in der Sache der richtige Weg ist, frage ich mich.

Aufgeworfen wird das französische Modell. Das halte ich für extrem schwierig. Ich glaube, es ist nicht einmal europarechtskonform. Ich glaube nicht, dass das geht. Davon sollte man die Finger lassen.

(Zuruf von Stephan Haupt [FDP])

Über den aus meiner Sicht kritischsten Punkt, Frau Ministerin, sollten Sie noch einmal ernsthaft nachdenken. In der Verordnung steht im Begründungsteil: „Vergrämungsmaßnahmen führen in der Regel zu einer erheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des betroffenen Tieres […].“

Das passt gut zum Antrag der CDU, der fordert, „alle Möglichkeiten des Vergrämens“ zu nutzen.

Aber das passt nicht zu Ihrem § 1 – Beschreibung der Vergrämung –, in dem Sie sagen, …

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Norwich Rüße (GRÜNE): … dass die Vergrämung „nicht zu länger anhaltenden erheblichen Schmerzen“ führen darf. Ich frage mich, Frau Ministerin: Was soll am Ende gelten? Darüber muss noch einmal nachgedacht werden.

Auch die Frage der Welpen – das finde ich wirklich schwierig, die wirtschaftlichen Schäden – ist schwammig begründet.

Alles in allem kommt mir das vor wie ein Schnellschuss. Ich hoffe, dass Sie da noch erheblich nachbessern, dass die Verbändeanhörung Auswirkungen haben wird.

(Bianca Winkelmann [CDU]: Dafür ist unser Antrag ja da!)

Wir werden uns, weil wir als Grüne eine Lösung wollen, …

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Norwich Rüße (GRÜNE): … bei beiden Anträgen enthalten und sind gespannt, ob und wie diese Verordnung noch auf den richtigen Weg gebracht wird. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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