Norwich Rüße: „Die Menschen müssen wissen, dass sie darauf einen Rechtsanspruch haben“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Schuldnerberatung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche es einmal etwas versöhnlicher und sage: Ende gut, fast alles gut. – Ich will ein bisschen die Spannung herausnehmen: Wir werden dem Antrag als grüne Fraktion zustimmen – nicht, weil wir ihn in Gänze richtig fänden. Wir würden uns auch wünschen, wie die SPD, etwas weiter zu gehen. Aber jeder Schritt in die richtige Richtung ist unterstützenswert. Der Antrag ist in der Hinsicht unserer Meinung nach auch richtig.

Wer wie ich im Umweltausschuss sitzt, weiß, dass wir dort mitunter recht lebhafte Debatten haben. Wir können uns dort auch intensiv streiten. Bei dem Punkt „Verbraucherschutz“ sind wir uns allerdings fraktionsübergreifend eigentlich alle einig. Wir wissen alle zusammen, wie wichtig explizit gerade Schuldnerberatung und Insolvenzberatung sind, weil den Menschen damit geholfen werden kann und wir damit neue Perspektiven für verschuldete, für überschuldete Menschen anbieten können. Das haben wir auch immer wieder in den Debatten im Umweltausschuss gesehen. Wir haben uns über den richtigen Weg gestritten. Aber über das Ziel waren wir uns immer einig. Ich halte es auch für ein gutes Zeichen, dass das hier im Landtag Nordrhein-Westfalen so ist.

Alle Vorrednerinnen haben es gesagt: Es ist ein vorhandenes Problem. Wenn mehr als jeder Zehnte in diesem Bundesland von Überschuldung betroffen ist, dann ist das nicht ein Problem, das einzelne Bürgerinnen und Bürger betrifft, sondern ein Problem, das massiv in dieser Gesellschaft vorhanden ist.

Ich will auch noch kurz an Folgendes erinnern – Frau Blask hat es auch schon gesagt –: Als wir die Debatte damals entlang des alten rot-grünen Antrags vor zwei Jahren geführt haben, gab es hier eine Rede – mich wundert nicht, dass der Kollege heute nicht zu diesem Antrag spricht –, die wirklich grenzwertig war. Sie hat mich damals auch massiv geärgert, weil sie den Konsens, den wir an der Stelle haben, dass wir dieses gemeinsame Ziel erreichen wollen, mindestens heftig belastet hat; ich fand, fast zerstört hat.

Ich kann mich daran erinnern, dass mein Kollege, Herr Mostofizadeh, richtig sauer darüber war, dass von der CDU gesagt wurde: Sozial ist, was Arbeit schafft. – Das greift in einer Zeit, in der wir Menschen haben, die in einem Niedriglohnsektor arbeiten und wirklich nicht so viel verdienen, einfach zu kurz. Das reicht bei Weitem nicht aus.

(Zuruf: Ja, warum denn wohl?)

Die Leben haben sich auch verändert. Frau Blask hat damals das Beispiel einer alleinerziehenden Mutter erwähnt. Diese Frau war Krankenschwester, verschuldet und von Stromsperren bedroht. Da zu sagen: „Wir wollen, dass diese Menschen rechtzeitig, schnell und ohne hohe Kosten, am besten kostenfrei, ein Angebot auf Schuldnerberatung haben“, muss uns einen.

Wir haben damals – ich will nicht weiter auf diese beiden Reden von Herrn Untrieser und Herrn Haupt eingehen, die mich wirklich geärgert haben – eine Anhörung gehabt. Diese Anhörung war ganz deutlich. Ich erinnere mich noch gut, was seitens der Verbraucherzentrale gekommen ist. Der Vertreter der Bankenwirtschaft stand wirklich alleine. Alle anderen waren einer Meinung.

Eigentlich – das gibt mir auch wirklich zu denken, ob wir nicht unsere Gepflogenheiten hier einmal überarbeiten müssen – wäre es richtig gewesen, wenn CDU und FDP – ich weiß selbst aus den Jahren davor, wie schwer einem das fällt – unseren Antrag genommen und gesagt hätten: Okay, wir tun es nicht gerne, aber lasst uns etwas Gemeinsames daraus machen. – Denn dann hätten wir den Menschen schneller helfen können. Wir hätten dann diskutieren können, welche Schritte man jetzt schon im Konkreten gehen könnte. Natürlich bedeutet das Kosten; das ist uns völlig klar. Welche Schritte wir gehen können, hätten wir damals miteinander besprechen können.

Dieser Antrag, den Sie jetzt hier vorgelegt haben, wirkt in der Tat ein bisschen wie ein Abklatsch des alten rot-grünen Antrags. Aber ich finde es immer noch besser, als gar nichts zu machen – auf alle Fälle.

(Zuruf von Matthias Kerkhoff [CDU])

Deshalb tragen wir den Antrag am Ende mit.

Wir werden aber auch dem Entschließungsantrag der SPD zustimmen, weil er genau diese Kritikpunkte noch einmal aufgreift

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

und sagt – das hatte die Verbraucherzentrale sehr deutlich ausgeführt –, dass wir endlich einen rechtlichen Anspruch benötigen. Das ist genau das, was in Ihrem Antrag fehlt.

Die Frage, wie man Schuldnerberatung und Insolvenzberatung zusammenführt, ist aus meiner Sicht auch wichtig, aber nicht so drängend wie die andere Frage. Letztere ist absolut jetzt umzusetzen. Die Menschen müssen wissen, dass sie darauf einen Rechtsanspruch haben. Das wäre gut.

Ich hoffe, dass, wenn es dann in die Umsetzung geht, zumindest etwas dabei herauskommt, das einem rechtlichen Anspruch sehr nahe kommt. Es wäre sehr wünschenswert, Herr Wirtschaftsminister, wenn Sie dafür sorgen würden. Sie werden ja gleich dazu reden. Ich wünsche Ihnen dann bei der Umsetzung viel Erfolg. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)