Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Problembeschreibung in Ihrem Antrag teilen wir. Das ist schon einmal begrüßenswert, weil ich hier lange mit Ihnen darüber diskutiert habe, ob es überhaupt Probleme gibt. Es ist also ein Erkenntnisfortschritt, dass Sie mittlerweile akzeptieren, dass ein sehr hoher Maisanbau zu bestimmten Problemen in der Artenvielfalt, in der Natur führt.
Das gilt natürlich nicht nur für Mais. Wir haben auch andere Kreise, wo andere Früchte im Vordergrund stehen. Jeglicher verstärkter Anbau einer einzelnen Frucht ist ein Problem. Daran kommen wir nicht vorbei, und deshalb brauchen wir insgesamt vielfältige Fruchtfolgen, in denen Mais ein Teil sein kann.
Wenn man beispielsweise eine viergliedrige Fruchtfolge fahren würde, wären das immerhin schon 25 % pro Fruchtfolgeglied, bei einer fünfgliedrigen wären wir bei 20 %. Ich denke, wir werden in diese Richtung gehen müssen.
Wir haben – das haben wir eben auch schon gehört – in Nordrhein-Westfalen knapp 300.000 ha Maisanbau. Wie viel davon letztlich in der Biogasanlage landet, wissen wir nicht so ganz genau. Die Schätzungen gehen auseinander und liegen zwischen 60.000 und 80.000 ha. Man kann es nicht genau sagen, weil zum Beispiel Silomais in der Statistik nicht extra ausgewiesen wird.
Ich habe eben die Frage an Herrn Diekhoff gestellt und möchte wirklich wissen, was 1.000 ha in Relation zu 300.000 ha Anbaufläche bringen. Ich bezweifele, dass dabei sehr viel herumkommt.
Was mich vor allem stört, ist: Die Debatte um die Durchwachsene Silphie – darum geht es vor allem – haben wir schon sehr lange miteinander geführt. Wenn Sie den Begriff „Durchwachsene Silphie“ googeln, werden Sie sehen, wie viele Artikel es dazu gibt: Biogasbranche hat Lösung gefunden; Biogasbranche weiß jetzt, wie man Maismonokulturen ersetzen kann usw. – Das geht jetzt seit locker zehn Jahren so, aber im Anbau tut sich tatsächlich herzlich wenig.
Der Punkt ist doch …
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage, und zwar von Herrn Abgeordneten Diekhoff.
Norwich Rüße (GRÜNE): Sehr gerne. Ich habe das Eindrücken auch gesehen.
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Deswegen klickt er sich auch direkt wieder aus. Jetzt hat er das Mikro frei.
Markus Diekhoff (FDP): Weil Sie mich doch auch immer fragen, Herr Rüße, frage ich Sie gerne. – Ich bin etwas verwirrt und verwundert über die Negierung von 1.000 ha wichtigem Beitrag für den Naturschutz. 1.000 ha sind viel. Sie wissen das als Landwirt.
Ich möchte Sie fragen, ob Sie wissen, wie viel Hektar denn der Hambacher Forst hat, für den Sie einen unglaublichen Aufwand betrieben haben und zu dem Sie sagen, dass er unfassbar wichtig für die Biodiversität in diesem Land sei. Wie viel Hektar hat der denn?
Norwich Rüße (GRÜNE): Ich bin agrarpolitischer Sprecher meiner Fraktion, nicht energiepolitischer Sprecher. Aber ich weiß, dass der Hambacher Forst einmal 400.000 ha hatte. Es ist sehr schade, dass dieser schöne Wald zum Großteil dem Braunkohleabbau zum Opfer gefallen ist.
(Markus Diekhoff [FDP]: 500 ha! Das ist nicht zu negieren! Christian Dahm [SPD]: Was ist das für eine Diskussion hier?)
– 1.000 ha sind in Relation zu 300.000 ha aus meiner Sicht sehr wenig. Ich werde Ihnen auch gleich sagen, wie man eigentlich vorgehen müsste.
Ich sage Ihnen noch einmal: Über die Durchwachsene Silphie – das ist für mich der entscheidende Punkt – diskutieren wir seit über zehn Jahren, und es passiert nicht viel. Ein Antrag wie Ihrer, der eigentlich eine Art Anschubgeschichte sein soll, wäre vor zehn Jahren noch innovativ gewesen. Vor zehn Jahren hätte ich dazu noch Ja gesagt. Heute sind wir allerdings ein erhebliches Stück weiter und könnten auch die Branche selbst mal fordern.
Denn eines ist klar: Der massive Maisanbau der Biogasanlagenbetreiber hat einen erheblichen Imageschaden für die Branche bedeutet. Ich meine, jemand, der sich selbst schadet, sollte auch selbst reparieren. Man muss ihm nicht noch dabei helfen, die eigenen Fehler mit Staatsgeldern zu korrigieren.
Wer Biogas als saubere, als erneuerbare Energie am Markt anbieten will, wer es den Stadtwerken verkaufen will, der muss doch dafür sorgen, dass der Anbau funktioniert, dass er richtig ist. Sonst wird er nämlich am Markt – das ist doch auch Ihr Thema – nicht als fairer, guter Partner wahrgenommen, und sein Produkt ist am Ende mit einem erheblichen Imageschaden behaftet.
Was mich auch beschäftigt, ist: Wir haben noch viele andere Förderprogramme im Land NRW. Schauen Sie mal in die KTBL-Unterlagen: Silomaisanbau für Biogasanlagen, Deckungsbeitrag 800 Euro pro Hektar. Das heißt, jeder Bauer ist schlau, soweit er das kann, wenn er möglichst viel Mais anbaut und an die Biogasanlage verkauft.
Es gibt Bauern, die die vielfältige Fruchtfolge umsetzen. Sie bauen unter anderem Wintergerste an, Deckungsbeitrag 420 Euro. Damit verlieren sie schon 380 Euro gegenüber Mais. Wenn sie Hafer anbauen, haben sie nur noch 240 Euro pro Hektar. Dann verlieren sie noch mehr. In der vielfältigen Fruchtfolge bekommen sie gerade mal 90 Euro. Ich finde, dass solche Anträge, wie Sie hier einen gestellt haben, einseitig wieder Biogasanlagen bevorzugen.
Das, was wir uns gewünscht hätten, wäre die Lösung gewesen. Da waren Sie aber nie an unserer Seite. Unter Ciolos haben wir in der vorigen Förderperiode am Anfang verbindliche Fruchtfolgen diskutiert. Das haben wir als Grüne immer unterstützt. Da habe ich keinen von Ihnen gesehen. Das bräuchten wir. Das würde nämlich den Maisanbau in der Fläche erheblich runterfahren oder auch anders verteilen. Dann hätten wir nicht solche Hotspots.
Und was die Biogasanlagen angeht: Sie werfen denen jetzt ein Zuckerchen hin, aber die Verunsicherung in der Branche ist groß. Ich nenne das Auslaufen der EEG-Förderung. Das ist gerade in Richtung Ihrer Partei, der CDU, gemeint. Sie haben die Branche eben nicht stabilisiert, indem Sie klar gesagt haben, wie es weitergehen soll. Das ganze Hickhack im Jahr 2021 um die Frage, wie es mit der Flexprämie weitergeht, was da passiert – erst ist sie weg, dann kommt sie wieder –, hat die Branche massiv verunsichert.
Da vernünftige Zukunftsbedingungen zu setzen und gleichzeitig im Anbau bestimmte Standards einzufordern, das wäre der richtige Weg.
(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)
Dieser Antrag ist uns zu wenig. Was mich vor allem ärgert, ist, dass Sie ihn hier direkt abstimmen lassen. Ich hätte das Thema mit Ihnen diskutieren wollen. Deshalb lehne ich den Antrag heute ab.
(Beifall von den GRÜNEN – Bianca Winkelmann [CDU]: Schade!)