Norwich Rüße: „Das ist jenseits von Diskussionskultur“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Insektenschutz

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es fällt mir ein bisschen schwer, diesen Antrag zu diskutieren, weil ich die Art und Weise, wie der Redner der AfD hier vorgetragen hat, unerträglich finde. Das zeigt nämlich, dass Sie gar nicht diskutieren wollen, wenn Sie hier so reingehen, dass Sie Ihren Antrag einfach zur direkten Abstimmung stellen und gar nicht in die Überweisung gehen. Was soll das? Da fehlt mir jegliches Verständnis.

Dann möchte ich sagen – um mit denen zu diskutieren, die an einer Diskussion Interesse haben –: Herr Diekhoff, ich teile das nicht so ganz. Ich glaube, dass wir folgendes Problem haben, wenn dann ein solches Gesetzespaket verabschiedet wird: Wir bekommen es seit Jahren nicht hin, die gute fachliche Praxis so zu definieren, dass sie tatsächlich dazu führt, dass in der Summe die Landwirtschaft im Einklang mit der Umwelt – was wir alle wollen – wirtschaftet.

Deshalb reparieren wir herum – mit Gewässerrandstreifen, mit Auflagen für Naturschutzgebiete. Dabei haben wir natürlich das Problem – dieses Problem haben wir jetzt schon seit 30 Jahren –, dass wir Gebiete haben, in denen immer intensiver gewirtschaftet wurde und die Fruchtfolge enger und enger wurde, auch in Zusammenhang mit Biogas. Da können Sie auch sagen: Das wart ihr Grünen ja. – Das können wir alles machen.

Was wir brauchen, ist tatsächlich der große Wurf – ich erinnere immer wieder gerne an Armin Laschet auf der Konferenz, die wir im Juni 2018 hatten –, nämlich die Verankerung der guten fachlichen Praxis möglichst im Bundesnaturschutzgesetz. Die Ausnahmetatbestände für Landwirtschaft müssen da ein Stück weit heraus. Dann haben wir eine ganz andere Grundlage. Dann brauchen wir an solchen Stellen auch nicht so herumzureparieren.

Der andere Punkt ist folgender: Sie kommen aus dem Kreis Warendorf und sind doch auch im Gespräch mit der Biologischen Station. Sie kennen die Kartierungsergebnisse für den Kiebitz im Kreis Warendorf. Dann können Sie sich doch hier nicht hinstellen und so tun, als ob es diesen Rückgang nicht gebe. Das ist nämlich meine Wahrnehmung. Sie leugnen fast den Rückgang und die Problematik, die wir bezüglich der Artenvielfalt haben. Das geht doch nicht. Wir sind doch gezwungen, zu handeln.

Sie können dann doch nicht der Landwirtschaft sagen – das ist immer ein bisschen Ihr Versprechen –, der unternehmerische Landwirt könne quasi so weitermachen wie bisher, und wenn die Gesellschaft irgendetwas von ihm wolle, dann müsse sie ihm Ausgleichszahlungen zahlen.

So geht es auch nicht. Es gibt schon Grenzen. Wir geben auch Tierhaltern Grenzen vor, auf wie vielen Quadratmetern ein Mastschwein zu halten ist. Auch die Tierhalter könnten ja sagen: Das ist uns alles viel zu viel; das wollen wir alles nicht, weil es unsere Wettbewerbsfähigkeit behindert.

Es gibt nun einmal einen ordnungspolitischen Rahmen, den wir als Politik setzen. Gleichzeitig sind wir sehr wohl berufen, die Landwirtschaft zu unterstützen, damit sie diesen Prozess mitgehen kann. Wir können sie dann auch für bestimmte Leistungen – wie vielfältige Fruchtfolge, was es alles gibt – honorieren. Das können wir dann einbauen.

Folgendes hat mich an dem Antrag oder gerade an der Rede von Herrn Dr. Blex wirklich geärgert: Da geht er lang und breit auf die Zuckerrüben ein. Mich ärgert das. Wir waren gerade letzte Woche im Ausschuss zusammen. Und das ist unser Gremium, in dem wir miteinander über Landwirtschaft diskutieren. Dort haben wir vom Ministerium einen Bericht zum Zuckerrübenanbau bekommen. Wir haben uns dazu auch geäußert. Die Auflagen, die es gibt, sind gar nicht so einfach zu erfüllen. Und es ist geregelt. Ich weiß gar nicht, warum Sie hier lang und breit so tun, als ob da irgendwer jetzt drangsaliert würde. Es gibt genau an der Stelle eine Lösung, mit der die Zuckerrübenbauern zufrieden sind und mit der, glaube ich, am Ende auch die Umweltschützer sich anfreunden können. Das ist jetzt ein Kompromiss, den man eingegangen ist.

Alles in allem … Ich höre einfach auf. Ich habe noch zwei Minuten. Eigentlich bin ich jemand, der seine Zeit immer gerne überzieht. Aber ich habe überhaupt keine Lust, zu diesem Antrag zu reden. Er ist, finde ich … Das ist jenseits von Diskussionskultur, was Sie hier eben gebracht haben. Ich ärgere mich darüber, dass Sie den Antrag überhaupt zur Überweisung gestellt haben. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)