Norwich Rüße: „Das ist auch im Interesse der Landwirtschaft, denn es geht darum, die Akzeptanz für die Tierhaltung zu erhalten“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur CO2-Betäubung von Schlachtschweinen

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Laumann, ich persönlich würde die von Ihnen erwähnte übergreifende Initiative, wenn sie denn nötig wäre, um das Vertragsunwesen in dem Fall tatsächlich einzudämmen oder zu beenden, sehr begrüßen. Ich hoffe, dass meine Fraktion das auch mittragen wird.
Jetzt möchte ich auf einen weiteren Bereich in den Schlachthöfen zu sprechen kommen, in dem es aus unserer Sicht genauso wie beim Werkvertragssystem Missverhältnisse und Missstände gibt. Ich spreche von der Betäubung.
Ich selber halte Schweine und bringe einmal im Monat zehn Schweine zu einem kleineren Schlachthof. Ich weiß auch, wie sie dort betäubt werden, nämlich mittels Elektrobetäubung. Die Schweine gehen dafür in eine Box, bekommen einen Stromschlag, der zunächst den Kopf und dann das Herz erreicht, und fallen dann um. Das geht ganz schnell. Da gibt es kein großes Gequieke. Die Tiere sind betäubt, werden anschließend gestochen, bluten aus und sterben daran.
Die Mehrheit der Schweine in Nordrhein-Westfalen, nämlich über 80 %, wird jedoch anders betäubt, und zwar mit Kohlendioxid. Dazu werden sie in Gondeln gepackt, in einen Kellerraum gefahren oder nach unten abgesenkt – Kohlendioxid ist schwerer als Luft – und durch das Einatmen von Kohlendioxid betäubt.
Wenn man sich einmal die Mühe macht und sich im Internet diese Art der Betäubung anguckt, lassen einen diese Bilder so schnell nicht wieder los. Denn diese Tiere fallen nicht wie bei einer Elektrobetäubung einfach um. Diese Tiere – das kann man sehr genau sehen – springen hoch. Sie versuchen noch verzweifelt, nach Luft zu schnappen. Sie versuchen noch, an irgendeiner Stelle an Atemluft zu kommen. Das funktioniert natürlich nicht. Erst nach ungefähr 20 bis 30 Sekunden ist dieser Kampf der Schweine beendet. Dann sind sie tatsächlich betäubt.
Diese Methode ist tierschutzrechtlich eigentlich gar nicht möglich. So, wie sie stattfindet, ist sie nicht erlaubt. Sie ist aber durch eine Sondergenehmigung zugelassen worden.
Wir müssen uns alle zusammen überlegen, ob es richtig ist, eine Methode zur Betäubung einzusetzen, die zwar billig ist – Kohlendioxid ist ein billiges Gas – und gleichzeitig enorme Stückzahlen ermöglicht – in einer solchen Gondel kann man 20 Schweine gleichzeitig betäuben –, die aber dem Tierschutz nicht gerecht wird und die vor allem auch den Ansprüchen, die diese Gesellschaft an den Tierschutz stellt, nicht gerecht wird.
Würde man diese Bilder zeigen, würden viele Bauern ihre Schweine nicht mehr zu den Schlachthöfen bringen, die diese Technik einsetzen, und auch viele Verbraucherinnen und Verbraucher dieses Fleisch nicht mehr kaufen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Aus unserer Sicht ist das ein Problem. Denn es existieren Alternativen. Es gibt die Möglichkeit, anders vorzugehen.
Man kann Kohlendioxid durch Edelgase ersetzen. Das ist sehr wohl möglich. Edelgase sind zwar teurer. Die Schlachtung würde teurer werden; keine Frage. Aber diese Edelgase verursachen keine Reizung der Schleimhäute und auch keine Erstickungsgefühle bei den Tieren. Sie würden ganz anders wirken. In diesem Fall wäre der Tierschutz gewahrt.
Oder man setzt, wie es zum Beispiel der Schlachthof Tummel im westfälischen Schöppingen macht, einen sogenannten Restrainer ein. Mit solch einer Elektrobetäubung kann man vergleichsweise hohe Stückzahlen erreichen. Das kann man auch in großen Schlachthöfen umsetzen.
Wir Grüne fordern mit unserem Antrag, die seit 30 Jahren praktizierte Betäubung mit CO2 zu beenden. Entweder wird die Gasbetäubung so verbessert, dass sie tierschutzkonform ist, oder wir stoppen sie ganz und ersetzen sie durch andere Methoden wie die Elektrobetäubung.
Das ist – ich will das deutlich sagen – auch im Interesse der Landwirtschaft, denn es geht darum, die Akzeptanz für die Tierhaltung in diesem Land zu erhalten. Es kann nicht sein, dass wir von der Landwirtschaft bei der Ferkelkastration erwarten, dass sie die Tiere vorher betäuben – das ist alles richtig, genauso wie die Forderung, die Kastenstände aufzulösen; dafür sind große Investitionen notwendig –, aber am Ende, wenn das Tier geschlachtet wird, die abnehmende Hand nicht so arbeitet, wie wir es uns vorstellen. Das ist nicht im Interesse der Gesamtbranche Landwirtschaft. Da haben die Schlachthöfe endlich ihre Hausaufgaben zu erledigen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir wollen das mit diesem Antrag anschieben und würden uns über Ihre Unterstützung dafür freuen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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