Norwich Rüße: „Andere Länder sind da entschieden mutiger als wir“

Antrag der SPD-Fraktion zur Müllvermeidung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vermüllung des öffentlichen Raums, die Sie mit Ihrem Antrag ansprechen, ist ein großes Problem; keine Frage. Das sehen wir auch so. Jeder von uns, der in einer Stadt nach einer warmen Sommernacht am nächsten bzw. frühen Morgen durch den Park läuft, kann das dann auch im wahrsten Sinne des Wortes erleben. Die Müllberge sind da – Einweggrills, Plastiktüten, Plastikbesteck, alles fliegt rum – und werden am Ende von den Mitarbeitern der Entsorgungsbetriebe weggeräumt. Dazu kommen – auch das haben andere Redner bereits angesprochen die Coffee-to-go-Becher, die in großen Mengen hergestellt werden.
Das alles summiert sich auf zu einer Müllflut. Jeder Deutsche erzeugt mittlerweile 220 kg Verpackungsabfall pro Jahr, und davon 40 kg Plastikabfall. Wenn man dann überlegt, wie leicht Plastik ist und wie leicht diese Verpackungen sind, kann man sich vorstellen, was das in der Summe bedeutet, was wir an Verpackungsmaterial bzw. Verpackungsmüll erzeugen.
Das Ganze ist – Sie kennen die Bilder der Weltmeere – natürlich längst kein regionales Problem oder ein deutschlandweites Problem, sondern es ist ein internationales und mittlerweile globales Problem geworden. Von daher ist es gut, dass Sie mit Ihrem Antrag das Thema heute ansprechen.
Uns fehlt bei Ihrem Antrag ein Stück weit, dass Sie etwas konkreter und etwas mutiger werden. Wir sind der Meinung, dass Sie mit Ihrem Antrag sehr im appellativen Bereich stecken bleiben. Am Ende ist Ihr Antrag dann so ein bisschen End of Pipe. Sie kümmern sich um das, was übrig bleibt, und wollen sehen: Wie kriegen wir das besser entsorgt?
Wir sind aber der Meinung, dass dieses Problem mittlerweile so groß und so allgemein von uns allen anerkannt ist, dass es darum eigentlich nicht mehr gehen kann und wir uns tatsächlich ernsthaft darum kümmern müssen: Wie kriegen wir diese Müllberge wirklich reduziert? Wie kriegen wir es hin, dass wir in 15 Jahren vielleicht tatsächlich eine Halbierung hinbekommen?
Wenn man die letzten Nachrichten sieht, stellt man fest: Andere Länder sind da entschieden mutiger als wir. Andere Länder trauen sich, auch einmal zu sagen: Die ganz leichten Plastikbeutel und Verpackungsbeutel kommen aus dem Markt raus; die wollen wir nicht mehr. – Wenn man das mit dem vergleicht, was Sie in Ihrem Antrag vorschlagen, dann ist mir das an dieser Stelle deutlich zu wenig.
Ich würde daher auch infrage stellen, ob Sie Ihren Antrag – das machen wir an anderer Stelle auch – nicht mehr in Richtung Bundesebene hätten formulieren müssen. Sie richten ihn vor allem an die kommunale Ebene: Da muss was passieren; die Kommunen müssten dazu gebracht werden, dass sie in der Lage sind, die Vermüllung zu vermeiden. – Ich glaube aber, dass wir auf Bundesebene und auf europäischer Ebene anpacken und sehen müssen: Wie kriegen wir erst einmal diese Müllproduktion eingedämmt? Ich finde, da besetzen Sie mit dem Bundesumweltministerium eine wichtige Schaltstelle, und die Bundesumweltministerin ist aufgerufen, etwas zu tun und konkrete Maßnahmen vorzulegen, damit wir das in den Griff bekommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
So habe ich das Gefühl: Wir machen das, was wir an vielen Stellen machen. Wir wälzen die Verantwortung auf die Verbraucherinnen und Verbraucher ab und trauen uns als Politik nicht mehr, Entscheidungen zu fällen und wirklich einmal zu sagen: So, wir machen jetzt eine Abgabe auf Plastik. Oder wenn wir meinen, das mit den Coffee-to-go-Bechern kriegen wir nicht in den Griff, warum sagen wir dann nicht auch, dann erheben wir zwei Euro Pfand darauf? Dann kommen die Dinger schon zurück und landen nicht in der Landschaft.
Da, glaube ich, würde etwas mehr Mut guttun. Ich fände es schön, wenn Sie vielleicht im nächsten Jahr einen Antrag formulieren würden, der ein paar Schritte weitergeht und ein bisschen mutiger ist. Wir könnten dann das Thema etwas intensiver an mehreren Feldern entlang diskutieren und würden nicht nur bei dieser Nachsorge-Thematik hängen bleiben.
Jetzt ist die Frage: Was machen wir mit Ihrem Antrag?
(Daniel Sieveke [CDU]: Ja, genau!)
Im Ausschuss haben wir ihn abgelehnt. Jetzt haben wir uns aber auch noch einmal ein bisschen darüber unterhalten und nachgedacht. Und Weihnachten – das wissen Sie ja – ist auch die Zeit der Milde.
(Daniel Sieveke [CDU]: Oh!)
Deshalb werden wir uns jetzt enthalten.
(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)
Das ist sozusagen unser Weihnachtsgeschenk an die Sozialdemokratie.
(Zurufe)
Ihnen allen wünsche ich im Namen meiner Fraktion eine schöne, friedliche Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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