Norika Creuzmann: „Kinder sind nicht nur das Erbe unserer Kultur, Traditionen und Werte, sie sind die Gestalter unserer Zukunft und das Fundament unserer Gesellschaft“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN im Landtag zu Kinderrechten

Portrait Norika Creuzmann

2Der Antrag „Kinderrechte in Nordrhein-Westfalen stärken“

Norika Creuzmann (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Kinder haben auch Rechte – so begann eine Diskussion am vergangenen Sonntag mit unserer zehnjährigen Pflegetochter, als sie helfen sollte, den Tisch zu decken. Folgender Vortrag folgte – denn sie lernte gerade die Kinderrechte in der Schule –:

Die Kinderrechte sind sehr wichtig für Kinder – das Recht auf Gesundheit, aber auch das Recht auf Spiel und Freizeit; das haben Erwachsene nämlich nicht. Die Länder haben festgelegt, dass Kinder genug Zeit haben sollen, zu spielen und ihren Hobbys nachzugehen. Wenn Kinder nicht lesen und nicht schreiben können und sich deswegen vielleicht keinen Apfel kaufen können, ist es sehr wichtig, zur Schule zu gehen. Alle Kinder haben das Recht auf Bildung. Es gibt wirklich Länder, wo die Kinder nicht zur Schule gehen können, weil das Land kein Geld hat. In manchen Ländern müssen Kinder arbeiten, um ihre Familie zu ernähren. Das ist Kinderarbeit. Eigentlich sollen Kinder nicht arbeiten müssen. Kinder sollen mitreden und mitbestimmen, wie ihre Welt aussehen soll. Kinder dürfen auch nicht geschlagen werden.

So unsere Tochter. Ihre Ideen hat sie hier für mich aufgeschrieben.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Heute am Weltkindertag erinnern wir uns bewusst daran, welch zentrale Rolle Kinder in unserer Gesellschaft spielen. Wir erinnern uns an unsere Verantwortung, ihre Rechte, ihre Würde und ihre Zukunft zu schützen.

Kinder sind nicht nur das Erbe unserer Kultur, Traditionen und Werte, sie sind die Gestalter unserer Zukunft und das Fundament unserer Gesellschaft.

Kinder haben Rechte. Jetzt würden Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, sagen: ja, klar. – Aber welche Rechte haben Kinder denn? Kennen Sie die Artikel der UN-Kinderrechtskonvention? In den vergangenen Jahrzehnten haben wir bedeutende Fortschritte bei der Wahrung der Rechte des Kindes erzielt und doch gibt es immer noch viel zu tun. In vielen Teilen der Welt leben Kinder immer noch in Armut, werden ausgebeutet oder sind Opfer von Gewalt.

Aber auch hier in unserem Land werden Kinderrechte beschnitten. In Nordrhein-Westfalen beschäftigen wir uns seit den Fällen von sexualisierter Gewalt in Lügde besonders intensiv mit dem Kindeswohl, ob im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss oder in der Kinderschutzkommission.

Das Kindeswohl und der Kinderschutz sind wichtige Anliegen und wichtige Voraussetzungen für gutes Aufwachsen. Kinder haben Rechte. Das bedeutet aber auch, dass wir Kindern zuhören, richtig zuhören und ihre Anliegen sehen und wahrnehmen. Wir müssen sie außerdem beteiligen. Gerade das Recht auf Beteiligung wird immer wieder gerne übergangen. Dabei sind Kinder doch Experten in eigener Sache und für ihr eigenes Leben.

(Beifall von den GRÜNEN und Marcel Hafke [FDP] – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)

Dieser Tag erinnert uns daran, dass Kinderstimmen bei politischen Entscheidungen, in Schulen, Gemeinden und Familien gehört werden müssen. Aber wir müssen nicht nur zuhören, sondern auch handeln.

In vielen Kommunen sind in den vergangenen Jahren Kinder- und Jugendgremien entstanden. Die Coronapandemie hat allerdings deutlich gezeigt, dass junge Menschen, obwohl sie von den Maßnahmen betroffen waren, kaum als Ansprechpartner*innen gesehen wurden.

Auch die Proteste, an denen sich junge Menschen stark beteiligen, zeigen, dass sie mitreden wollen. Es geht um ihr Umfeld, ihr Leben, ihre Zukunft. Sie sagen: „Stopp!“, wenn rassistische Gewalt ihre Mitmenschen tötet. Sie sagen: „Nein“, wenn es darum geht, dass wir Politiker*innen ihre Anliegen nicht wahrnehmen.

Auch deshalb erwägen wir die Einführung eines Jugend-Checks für Nordrhein-Westfalen, um so zu prüfen, welche Folgen Gesetze, wenn sie beschlossen werden, für Kinder und Jugendliche haben. Dieses Verfahren existiert bereits auf Bundesebene und in Thüringen.

Wir glauben, dass wir mit dem oder der Beauftragten für Kinderschutz und Kinderrechte einen richtigen und wichtigen Schritt gehen, um Sichtbarkeit und ein Bewusstsein für Belange im Bereich des Kinderschutzes und der Kinderrechte zu schaffen. Er oder sie wird das Bewusstsein für Kinderrechte stärken können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Aufgabe hier in diesem Parlament und in unserer Gesellschaft insgesamt ist es, sicherzustellen, dass jedes Kind, unabhängig von Herkunft, Religion und sozialem Hintergrund und egal, ob mit einer Behinderung, unbegleitet geflüchtet, von Rassismus betroffen oder queer, die gleichen Chancen erhält – Chancen, zu lernen und zu spielen, zu wachsen und ein erfülltes Leben zu führen.

Wir Erwachsene müssen ab und zu daran erinnert werden, dass Kinderrechte existieren. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich hervorheben, dass es ein wichtiges und gutes Zeichen ist, dass wir als demokratische Fraktionen diesen Antrag gemeinsam einbringen und beschließen – an diesem Weltkindertag gemeinsam für Kinderrechte und Kinderschutz.

(Beifall von den GRÜNEN und Marcel Hafke [FDP] – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)

Ich fordere Sie alle auf, diesen Weltkindertag nicht nur als eine Gelegenheit zum Feiern zu sehen, sondern auch als einen Weckruf. Es liegt an uns, einen positiven Wandel für unsere Kinder und ihre Zukunft herbeizuführen.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Nelson Mandela: Es gibt nichts Enthüllenderes über eine Gesellschaft als die Art und Weise, wie sie ihre Kinder behandelt. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und Marcel Hafke [FDP] – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)

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