Norika Creuzmann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wenn wir über Kinder und Jugendliche reden, dann sagen wir immer sehr leichtfertig, dass wir Kinder und Jugendliche schützen müssen und schützen wollen. Kinderschutz wird in unseren Köpfen laut gedacht.
Wenn wir aber der Frage nachgehen, wie wir Kinder besser schützen können, dann werden die Antworten immer leiser. Das möchte ich aber gar nicht kritisieren, denn der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist sehr komplex. Hier spielen die Aufklärung durch die Polizei, die Aufarbeitung durch Gerichte, die Beratungsinfrastruktur, Schutzkonzepte, aber auch die Sensibilisierung von uns allen, auch als einzelne Personen, eine wichtige Rolle.
Der Kinderschutz ist nicht nur eine gesamtstaatliche, sondern auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eine moralische und rechtliche Verpflichtung. Es geht dabei um mehr als nur das physische Wohl der Kinder. Es geht um ihre gesamte Entwicklung und ihr Recht auf eine sichere, liebevolle und unterstützende Umgebung.
Kinder sind verletzlicher als Erwachsene und benötigen besonderen Schutz und besondere Fürsorge. Die UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland 1992 ratifiziert hat, garantiert jedem Kind das Recht auf Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung. Es ist unsere Pflicht, diese Rechte zu wahren und durchzusetzen.
Missbrauch und Vernachlässigung können tiefgreifende und langfristige physische, emotionale und psychische Schäden verursachen. Kinder, die Opfer solcher Erfahrungen werden, haben ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen, Suchtprobleme und Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen. Ein effektiver Kinderschutz kann diese negativen Auswirkungen verhindern oder zumindest mildern.
Eine Gesellschaft wird auch daran gemessen, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Kinderschutz ist daher ein Ausdruck unserer kollektiven Verantwortung und Solidarität. Es zeigt, dass wir als Gesellschaft bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und uns für die Schwächsten einzusetzen.
Die Kinderschutzkommission hat in den letzten zwei Jahren intensiv daran gearbeitet, bestehende Strukturen zu analysieren und zu verbessern. Wir haben in Anhörungen mit verschiedenen Institutionen, Fachkräften und Betroffenen zusammengearbeitet, um umfassende und praxisnahe Expertise zu erhalten und um die Lücken zu finden, die unser Kinderschutzsystem hat, und diese zu benennen.
Zudem haben wir gerade erst im April – das haben Sie schon gehört – ein Gutachten zu sexualisierter Gewalt an Kindern im kommerziellen Bereich in Auftrag gegeben. Vereine und Schulen müssen Schutzkonzepte erarbeiten, viele kommerzielle Anbieter haben solche Schutzkonzepte aber noch nicht. Das Gutachten soll bis Oktober 2025 fertig sein und dann Empfehlungen bereithalten, wie die Politik es auch in diesem Bereich umsetzen kann.
Das Thema „Übergriffe auf Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen“ hat mich sehr stark beeindruckt und auch nachhaltig sensibilisiert. Bereits ohne den Kinderschutz stehen wir vor großen Herausforderungen, um Barrierefreiheit in allen Bereichen und auf allen Ebenen zu schaffen. Mit Blick auf den Kinderschutz stellen wir fest, dass unser Kinderschutzsystem Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zu wenig im Blick hat und auch nicht vorbereitet ist.
Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt noch Handlungsempfehlungen in der Kinderschutzkommission beschließen. Ich will nicht unserer Diskussionen vorweggreifen, aber ich sehe in Aus- und Fortbildungen einen wichtigen Baustein, wie wir den Kinderschutz inklusiver gestalten können.
Mit Blick auf die Hilfs-, Präventions- und Beratungsinfrastruktur müssen wir prüfen, inwiefern sie zum einen barrierefrei und zum anderen ausreichend für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen ist.
Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Indem wir ihnen Schutz, Sicherheit und Unterstützung bieten, legen wir den Grundstein für eine gesunde und erfolgreiche nächste Generation. Investitionen in den Kinderschutz sind Investitionen in unsere Zukunft.
In Deutschland gibt es zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die den Kinderschutz regeln, darunter das Kinder- und Jugendhilfegesetz – das SGB VIII –, das Bundeskinderschutzgesetz und auch das Landeskinderschutzgesetz NRW. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen verpflichten uns, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Kinder in Gefahrensituationen zu schützen.
Sie haben heute schon einiges aus dem Zwischenbericht gehört, und ich möchte das nicht wiederholen. Wir werden uns in diesem Jahr noch mit den Themen „Social Media Trends“ und „Schadstoffe und ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche“ widmen. Unsere Arbeit geht weiter. Sie muss weitergehen.
Ich möchte an unsere Ausschussvorsitzende Nina Andrieshen, aber auch an die stellvertretende Vorsitzende Christina Schulze Föcking, die während der Erkrankung von Frau Nadja Büteführ unseren Ausschuss geleitet hat, einen großen Dank aussprechen. Mein Dank gilt natürlich auch der verstorbenen Frau Büteführ. Es ist ein tragischer Verlust. Gedankt sei auch der Ausschussassistenz und allen Fraktionsmitarbeitenden und Fachreferenten. Ganz besonders möchte ich mich für die konstruktive Zusammenarbeit mit den demokratischen Fraktionen bedanken – insbesondere Charlotte Quik, Dennis Maelzer und Marcel Hafke.
Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unserer Arbeit dazu beitragen werden, den Kinderschutz in NRW nachhaltig zu stärken. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass jedes Kind in unserer Gesellschaft sicher und geborgen aufwachsen kann, denn Kinderschutz geht uns alle an. Wir bleiben dran.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)