Monikas Düker: „Im Ziel sind wir uns einig, den Weg finde ich so nicht in Ordnung“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Ehrenamt

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich schließen wir uns hier den sehr empathischen Worten von Herrn Franken und Herrn Paul für das ehrenamtliche Engagement gerade jetzt in der Coronazeit an. Das ist ja auch Bestandteil des Antrags.

Wir haben 120.000 Vereine im Land. Es sind insgesamt rund 6 Millionen Menschen in NRW, die sich ehrenamtlich, gemeinwohlorientiert und unentgeltlich engagieren. Das ist ein Drittel unserer Bevölkerung. Daher ist Wertschätzung durch die Politik tatsächlich mehr als angesagt. Insofern sind wir da völlig beieinander und bei Ihnen.

Deswegen haben wir auch am 30. April das erste Mal ein Programm für Vereine verabschiedet, die existenzgefährdende Liquiditätsengpässe hatten, weil Veranstaltungen ausgefallen sind, und haben Mittel zur Verfügung gestellt.

Dann wurde festgestellt, dass das Geld nicht abfließt. Zum Stichtag 13. Januar 2021 – das muss man ehrlicherweise dazusagen – sind von 45 Millionen Euro 0 Euro von den in ihrer Existenz gefährdeten Vereinen abgerufen worden. Das hat einem natürlich zu denken gegeben, und deswegen haben wir die Frist verlängert. Denn auch bei uns in den Wahlkreisen ist klar angekommen, dass Not besteht.

Deshalb ist die Antragsfrist bis zum 31. Juli verlängert worden, und das ist auch gut so. Denn die Pandemie ist noch nicht zu Ende.

So weit, so gut. Vor diesem Hintergrund verstehe ich Ihren Antrag, ehrlich gesagt, nicht ganz.

Wir haben für die kommende HFA-Sitzung eine Sachstandsdarstellung angefordert – wie auch zum Stichtag Anfang des Jahres –, was aus diesen Programmen geworden ist. Ich würde gerne erst einmal sehen, wo das Programm jetzt steht, nachdem – das ist unsere letzte Information – zuletzt nichts abgeflossen ist und die Not und die Engpässe offenbar doch nicht so groß waren, warum auch immer. Wie ist das Programm jetzt umgesetzt worden? Wie viele Mittel sind abgeflossen? – Das wollten wir nächsten Donnerstag bilanzieren und dann gerne offen darüber reden, wie es weitergeht.

Wenn Sie jetzt vorweggenommen sagen: „Alles, was übrig bleibt, kommt in den Neustart“, und das mit direkter Abstimmung, habe ich ein massives Störgefühl. Das Vorgehen finde ich nicht in Ordnung.

Zweitens. Das muss ich hier einmal ausführen – ich erkläre es immer im HFA –, da ich es auch der Frau Ministerin sagen möchte. Wenn Sie behaupten, dass das Ganze für alle gemeinwohlorientierten, ehrenamtlich engagierten Menschen in NRW ist und so ein Bild auf Ihrer Homepage zeigen,

(Die Rednerin hält ein Bild hoch.)

auf dem ein Gardeoffizier aus dem Karneval und eine Schützenhalle abgebildet sind, dann frage ich mich: Finden sich wirklich alle 120.000 Vereine unter diesem Labeling wieder?

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Identifizieren sich diese 6 Millionen Menschen mit so einem Labeling?

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Dann heißt das Ganze „Sonderprogramm Heimat“.

Das kann man machen, wird aber, finde ich, der Diversität nicht gerecht. Wir haben eine sehr diverse, sehr heterogene Landschaft – das ist auch gut so – von Vereinen und Ehrenamt in unserem Land.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wird das dem wirklich gerecht? – Ich sage Nein. Das ärgert mich immer. Ich finde, das hat etwas Exkludierendes.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Es geht nicht darum, dass wir dagegen sind, sondern wir hätten gerne, dass die anderen auch dazugehören. Diese exkludierende Argumentation, dass es immer nur um Heimat und Brauchtum geht, finde ich falsch. Wir wollen, dass keiner der ehrenamtlich organisierten, gemeinwohlorientierten Vereine im Regen stehen gelassen wird. Deswegen tragen wir es vom Grundsatz her auch mit. Man sollte es nur vielleicht anders kommunizieren.

Drittens. Hier habe ich auch ein Störgefühl. Man fragt sich: Wofür? – Neustart ist im Grunde genommen erst mal kein Werk an sich. Dann lesen wir in Ihrem Antrag den Satz:

„Sie sollten dennoch solchen Vereine zu Gute kommen, die wichtige öffentliche Veranstaltungen durchführen, die vor Ort zum Kern des gesellschaftlichen Lebens gehören.“

Ich finde – wie gesagt, es waren 45 Millionen Euro in dem einen Programm, und wir wissen nicht, ob noch etwas abgeflossen ist –, das ist sehr viel Geld. Ich frage mich, ob man so viel Geld mit einem direkt abzustimmenden Antrag und einem Satz wirklich gerecht wird. Es geht hier um Mengen an Geld, nicht um ein paar Tausend Euro. Wir hätten uns eine vernünftige Debatte dazu gewünscht; da schließe ich mich dem Kollegen Weske an. Die gehört in den Haushalts- und Finanzausschuss.

Wir, lieber Kollege Weske, meckern auch immer, wenn wir Vorlagen erhalten, in denen es um zweistellige Millionenbeträge geht, aber dann auf einer halben Seite nur ein paar dürre Worte als Erklärung kommen. So kann man es nicht machen. Auch wenn das Ziel richtig und gut ist, heiligt das nicht solche dünnen Anträge.

Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten es überwiesen. Im HFA hätten wir das vertiefen und uns anschauen können: Wie viel Geld ist abgeflossen? Wie viel Geld ist noch da? Wie kann man es verwenden? Was verbirgt sich hinter den kryptischen Wörtern „wichtige öffentliche Veranstaltungen“? Was ist das? Was gehört zum „Kern des gesellschaftlichen Lebens“? – Das sind für mich keine klaren Rahmenbedingungen, um mal eben Millionenbeträge im zweistelligen Bereich zu verteilen.

Im Ziel sind wir uns einig, den Weg finde ich so nicht in Ordnung. Deswegen werden wir uns enthalten. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)