Monika Düker: „Wir sind vertragstreu und werden genau das den Kommunen geben, was vereinbart ist“

Gesetzentwurf zum Flüchtlingsaufnahmegesetz

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Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nettelstroth, ich bin nicht nur fassungslos, ich bin hinreichend erschüttert.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der FDP)
– Ich bin wirklich erschüttert. Dazu gehört schon einiges.
Ihr Vortrag hatte die Überschrift „Fakten stören nur“. Wie können Sie in dieser schwierigen Situation, in der wir hier gerade sind, nämlich die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen fair und sachgerecht zu unterstützen, so einen Haufen dummes Zeug erzählen? Ich belege das auch.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Erster Vorwurf: Wir zahlen aufgrund einer Prognose. – Was sollen wir denn sonst machen? Wir beschließen den Haushalt im Dezember 2018. Das Bundesamt gibt uns eine Prognose im Dezember des Jahres. Wie viele Flüchtlinge im nächsten Jahr kommen, können wir zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Haushalt nur prognostizieren. Wir haben exakt die Zahl genommen, die uns der Bundesinnenminister vorgegeben hat. Was sollen wir denn sonst nehmen?
Zweiter Vorwurf: Es fehlt eine Anpassung. – Falsch! In der Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden steht – das wird auch genauso gemacht –: Am 1. Januar wird gezählt, und zwar das, was die Kommunen melden, und dann wird über einen Nachtragshaushalt – genau das läuft gerade – nachgesteuert. Selbstverständlich machen wir eine Anpassung. Diese ist strukturell vereinbart.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Darüber hinaus gibt es eine dritte Stufe der Anpassung – auch das ist in der Vereinbarung enthalten –, nämlich eine Anpassung, falls es im Laufe des Jahres zu Verwerfungen kommt, eine Revisionsklausel, dass man sich noch einmal zusammensetzt.
Es ist also komplett falsch, dass Sie uns unterstellen, erstens wir haben keine validen Zahlen – das sind die, die die Kommunen melden oder die der Bundesinnenminister uns nennt – und zweitens wir machen keine Anpassung.
Dritter Vorwurf: Bezüglich der Geduldeten würden wir nicht die richtigen Zahlen nehmen. Erstens. Wir nehmen erstmals in diesem Jahr die Geduldeten mit hinein. Das wäre ja mal eine Feststellung wert gewesen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Zweitens. Es sind auch hier die Zahlen, die die Kommunen uns melden, nämlich die Menschen, die hier keinen Aufenthaltsstatus haben, geduldet und im Bezug von Asylbewerberleistungsgesetz sind. Welche anderen Parameter sollen wir denn sonst nehmen? Das sind ja auch die Geduldeten, die – in Anführungszeichen – in den Kommunen Kosten verursachen. Für die, die Arbeit haben, brauchen wir ja kein Geld zur Verfügung zu stellen. Es sind also genau diese Zahlen. Auch dieser Vorwurf ist völlig aus der Luft gegriffen.
Dann Ihr ominöser Vorwurf, wir würden die Bundesmittel nicht weiterleiten, diese würden in irgendwelchen dunklen Kanälen beim Finanzminister versinken.
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist der Höhepunkt!)
Schauen Sie bitte einmal in den Haushalt. Der Anteil der Mittel, die wir vom Bund bekommen, beträgt im Verhältnis zum Landesanteil exakt 20/80. Ich finde das einen Skandal.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir verlangen nicht weniger als fifty-fifty. Das wäre doch auch nur fair. Die 20 %, die der Bund zur Verfügung stellt, bekommen selbstverständlich die Kommunen, und zwar eins zu eins.
Ich könnte das, was Sie hier an bösartigen Unterstellungen und Falschbehauptungen in den Raum gestellt haben, noch fortsetzen. Dazu reicht die Zeit leider nicht. Das Schlimme, Herr Nettelstroth, ist aber nicht, dass Sie das hier verbreiten, sondern das Schlimme ist, dass Sie und Ihre Kollegen durch das Land ziehen und das den Kommunen erzählen, die das in kommunalen Resolutionen schreiben. Wider besseres Wissen hetzen Sie mit Falschbehauptungen die kommunale Familie auf.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ralf Nettelstroth [CDU]: Sie wissen ganz genau, wie das aussieht!)
Sie verlangen jetzt, die Lösung der Probleme ist nicht das, was die kommunalen Spitzenverbände mit dem Land vereinbart haben, Monatspauschale ab 2017, die dann personenscharf ausgezahlt wird, ein Übergangsjahr 2016, in dem wir versuchen, diese Verwerfungen, die zugegebenermaßen aufgrund der Vervierfachung der Zahlen im letzten Jahr entstanden sind, aufzufangen. Nein, Sie sagen, pactas sind eben nicht servanda – da fehlen mir jetzt die Lateinkenntnisse –. Der Kollege sagt: Pacta sunt servanda. Sie wollen die bestehenden Verträge aufkündigen – das steht genauso in Ihrem Antrag – und sagen: Wir möchten sofort zu einer Eins-zu-eins-Spitzabrechnung, und zwar für das laufende Jahr, zurückkehren sowie die Pauschalierung und die Quotenberechnung komplett in die Tonne hauen. Ich finde, das ist nicht im Interesse der Kommunen, Herr Nettelstroth, was Sie hier machen.
Die Kommunen haben auch ihre Haushaltspläne aufgestellt. Sie haben ihre Haushaltspläne auf diese Vereinbarung gegründet, die wir getroffen haben, im Vertrauen darauf, dass wir diese Vereinbarung auch einhalten.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU)
Nein, wir werden diese Vereinbarung nicht einseitig kündigen, obwohl Sie das in Ihrem Antrag fordern.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit!
Monika Düker (GRÜNE): Wir sind vertragstreu und werden genau das den Kommunen geben, was vereinbart ist. Ich glaube nicht, dass Sie mit Ihren Vorschlägen den Kommunen wirklich weiterhelfen.
Ich fordere Sie zum Schluss auf: Unterlassen Sie es, der kommunalen Familie so viel Blödsinn zu erzählen und sie mit Falschaussagen auf die Bäume zu bringen, die wir vor Ort jedes Mal wieder klarstellen müssen. Das ist auch nicht im Sinne der Kommunen.
(Zuruf von der SPD: So ist es! – Beifall von der SPD – Ralf Nettelstroth [CDU]: Totaler Unsinn!)

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