Monika Düker: „Wir haben aus guten Gründen dieses Trennungsgebot.“

Antrag der Piraten zum Antiterrordateigesetz

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Sieveke, zu Beginn meiner Rede gleich zu Ihrer Feststellung am Schluss: Ihre Feststellung, dass die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vollumfänglich Rechnung getragen hat, ist, finde ich, eine gewagte These. Denn genau das haben nicht nur die Grünen und andere, sondern auch der Bundesrat ganz anders gesehen. Dieser Aussage schließen wir uns ausdrücklich nicht an.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Ich finde auch diese Parallelveranstaltungen im Landtag immer problematisch, wenn der Bundesrat die Sachen gerade wieder an den Bundestag abgegeben hat
(Frank Herrmann [PIRATEN]: Es ist nur ein Einspruchsgesetz, kein Zustimmungsgesetz!)
und im Bundestag gerade das Verfahren läuft. Den Zeitpunkt finde ich nicht unbedingt hilfreich. Aber das nur am Rande.
Zum Verfahrensstand: Der Gesetzentwurf zum Antiterrordateigesetz betrifft die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Bis zum Ende des Jahres müssen die Vorgaben umgesetzt sein.
Herr Sieveke, Sie sollten das auch noch einmal nachlesen. Das Bundesverfassungsgericht hat hier schon eine ganze Menge zu dem Gesetzentwurf gesagt und hat ihn ziemlich verrissen. Es hat gesagt, dass unbestimmte Regelungen und unverhältnismäßige Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung enthalten sind. Das waren keine Kleinigkeiten.
Der Gesetzentwurf ist am 23. Mai im ersten Durchgang im Bundesrat gewesen. Dort gab es auch Kritikpunkte. Zwei davon will ich herausgreifen. Der erste betrifft § 6a, die erweiterte Datennutzung, der – das hat der Bundesrat klar festgestellt – den Anforderungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht wird. Zum Zweiten wurde im Bundesrat moniert, dass eine Entfristung des Gesetzes ohne eine vorherige, auch grundrechtsorientierte Evaluierung nicht geht.
Ich will nur diese beiden Kritikpunkte herausnehmen und noch einmal klarstellen: Nordrhein-Westfalen hat diese Änderungsanträge im Bundesrat unterstützt. Ich weiß gar nicht, warum wir heute darüber reden. Insofern ist das Land aus unserer Sicht genau richtig aufgestellt. Dafür, hier von „Umfallen“ zu reden, gibt es überhaupt keine Grundlage.
Darüber hinaus sehen wir Grüne allerdings auch weiteren Regelungsbedarf, der nicht bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein muss, der aber den ganz sensiblen Bereich des Trennungsgebotes betrifft, nämlich was die Übermittlungsvorschriften zwischen Verfassungsschutz und Polizei angeht. Hier gibt es ausdrücklich auch unterschiedliche Auffassungen zwischen dem BMI und den Ländern, insbesondere was den § 19 des Bundesverfassungsschutzgesetzes angeht. Dazu erarbeitet eine Bund-Länder-AG derzeit auch Vorschläge.
Ich will das hier noch einmal klarstellen. Dieses Trennungsgebot ist deswegen doch, Herr Sieveke, so sensibel – Sie sprechen da auch zu Recht unsere Geschichte an –, weil es nicht sein kann, dass grundsätzlich Daten oder Informationen, die weit im Vorfeld mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben werden, also vor der Gefahrenabwehr, bevor etwas passiert ist, bevor Gefahr droht, einfach zur Polizei rübergeschoben werden können und diese weiter damit arbeiten kann. Das kann es in einem Rechtsstaat nicht geben. Deswegen haben wir aus guten Gründen dieses Trennungsgebot.
Jetzt komme ich zum Aber, und da widersprechen wir auch den Piraten. Aber daraus zu schließen – wie Sie es im Antrag machen –, dass jegliche Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdiensten hier überhaupt nicht stattfinden darf, halten wir genauso für falsch.
Denn – das ist richtig – die Konsequenzen aus den NSU-Morden heißen auch: Hier müssen wir schauen, wo wir in einem rechtsstaatlich vertretbaren Maße tatsächlich Informationen gegenseitig nutzen, aber eben nicht in der Form, wie es derzeit im Bundesverfassungsschutzgesetz steht. Da sehen wir in der Tat Änderungsbedarf, der sich dann nachher ja auch in unserem Landesverfassungsschutzgesetz niederschlagen wird. So, wie da der BMI vorgeht, finden wir, geht es nicht.
Der Ball liegt im Feld des Bundestages. Das wird irgendwann wieder im Bundesrat ankommen.
Ich sehe derzeit hier keinerlei Veranlassung, im Landtag noch einmal zu bekräftigen, dass das, was die Landesregierung im Bundesrat gemacht hat, genau richtig ist, nämlich Änderungsanträge einzubringen, damit wir ein rechtsstaatliches Gesetz bekommen. Ich denke, das wird in der zweiten Runde – je nachdem, was für ein Gesetz auf den Tisch kommt – auch der Fall sein. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)