Monika Düker: „Wir Grüne schätzen das Recht auf Asyl als ein sehr hohes Gut ein, und hier darf es keine Relativierung geben“

Antrag der Piraten zur Visumfreiheit

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir Grüne stimmen der Aussage der Antragsteller zu, dass eine gestiegene Zahl an Asylbewerberinnen und -bewerbern in unserem Rechtsstaat kein Grund sein darf, Visumfreiheit für ein Land auszusetzen. Wir Grüne schätzen das Recht auf Asyl, das in unserem Grundgesetz verankert ist, als ein sehr hohes Gut ein, und hier darf es keine Relativierung geben.
(Beifall von den GRÜNEN und Michele Marsching [PIRATEN])
Über welche Länder reden wir überhaupt? – Wir reden über Serbien. Serbien hat seit 2012 den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Oder Mazedonien: Seit 2003 gilt Mazedonien als potenzieller EU-Kandidat, und seit 2009 laufen hier die Beitrittsverhandlungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was für ein Signal, hier die errungene Visumfreiheit wieder auszusetzen! In diesen Prozessen wäre es für diese Länder ein enormer Rückschlag, wenn Sie die Visumfreiheit verlieren, und auch ein Rückschlag für den gesamten Prozess der Beitrittskandidaten.
Schauen wir uns an, um was es geht: nicht nur um die gefühlten Zahlen, sondern wirklich um Fakten, um welche Einwanderungszahlen bzw. Flüchtlingszahlen es sich hier handelt: 2012 stellten 64.539 Menschen in Deutschland einen Erstantrag auf Asyl. Dieser Wert von 2012 liegt weit unter dem Wert, den wir vor zehn Jahren noch hatten. Das muss man einfach einmal ins Verhältnis setzen. Von diesen 64.500 kamen 8.477 Erstanträge aus Serbien. Seitdem – und auch das muss man zur Kenntnis nehmen – ist der Anteil der Balkanländer wie Serbien bei den Antragstellern kontinuierlich zurückgegangen.
Schauen wir uns den Monat März an: Im März sind 5.579 Erstanträge auf Asyl gestellt worden. Die meisten davon – vielleicht sollte man sich mit den Fakten beschäftigen, bevor man hier in dieses Getöse einstimmt –, nämlich 1.004 Anträge, kamen aus Russland. Dahinter mit 552 Anträgen liegt Syrien. Auf Platz drei der Länder der Asylantragsteller liegt dann Afghanistan mit 459 Anträgen. Weiter hinten findet man auch den Anteil serbischer Antragstellerinnen und Antragsteller. Der liegt mit 6,9 % und absolut 385 Anträgen im Monat März nicht in den vorderen Rängen.
Wenn ich mir dann ansehe, was der Innenausschuss des EU-Parlamentes sagt, warum wir so eine Visumschutzklausel benötigen und warum Innenminister Friedrich hier vorstellig wird, wird einem klar, wie absurd das eigentlich ist. Der Innenausschuss der EU stellt fest: Der Kommission sollte – jetzt kommt es – in Ausnahmefällen im Zusammenhang mit einer Notlage, in der eine dringliche Reaktion erforderlich ist, um die Schwierigkeiten eines oder mehrere Mitgliedstaaten abzuwenden, … Und so weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 385 Erstantragsteller in ganz Deutschland aus Serbien! Das soll eine Notlage für die Bundesrepublik Deutschland sein? – Das ist doch absurd.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Hier sollte man doch wirklich die Kirche im Dorf lassen. Innenminister Friedrich sollte hier lieber seine Hausaufgaben machen, da wir riesige Zahlen an Anträgen haben, die im Bundesamt für Migration und Flucht liegen bleiben, weil der Bundesminister es nicht schafft, das Personal entsprechend aufzustocken. Anstatt da seine Hausaufgaben zu machen und eine zügige Antragstellung zu gewährleisten, macht er nur populistisches Getöse. Und dieses populistische Getöse bezweckt nur eins – das haben Vorredner von mir gesagt –: Ressentiments gegen Flüchtlinge; das bedient die Stammtische. Und das ist nicht unsere Politik hier in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von meiner Seite an die Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion: Mir ist es völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar, warum Sie hier auf direkte Abstimmung bestehen. Wir haben noch gestern und vorgestern im Gespräch – ein Kollege der SPD war mit dabei – Ihnen angeboten, zu überweisen. Das Angebot steht nach wie vor, damit wir dann im Ausschuss zu einer einvernehmlichen Antragstellung kommen können. Dieses Angebot haben Sie aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen ausgeschlagen.
Grund könnte sein – und das fände ich ein wenig schade –, dass es Ihnen hier offenbar nicht um die Sache geht. Wenn Sie hier einen Antrag vorlegen, den Fraktionen eine Woche Zeit zur Beratung lassen, Gesprächsangebote ausschlagen und hier auf direkte Abstimmung bestehen, dann kann es Ihnen nicht um die Sache gehen, lieber Kollege Kern, sondern hier geht es um Profilierung und ritualisierten Schlagabtausch. Das finde ich schade. Denn ich dachte, gerade die Piraten wären für einen anderen Politikstil hier ins Parlament gezogen. Das ist offenbar nicht so. Ich bedauere das ausdrücklich.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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