Monika Düker: „Tatsächlich können wir die Kommunen entlasten, wenn wir dieses unselige Asylbewerberleistungsgesetz endlich abschaffen würden.“

Gesetzentwurf zum Flüchtlingsaufnahmegesetz

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In unserem Koalitionsvertrag hier in Nordrhein-Westfalen haben wir gemeinsam festgehalten: Nordrhein-Westfalen schützt Flüchtlinge vor Verfolgung und Not.
Auch wenn es mit diesem Flüchtlingsaufnahmegesetz um die Verteilung und um die Finanzierung der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen geht, gilt dieser Satz gerade und insbesondere als Ziel auch für dieses Gesetz. Das will ich für meine Fraktion noch einmal deutlich festhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Herr Sieveke, auch wenn solch ein Satz Ihnen nicht über die Lippen kommt bzw. ich solch einen Satz, dass man sich zum Schutz vor Verfolgung und Not bekennt, in schwarz-gelben Koalitionsverträgen noch nicht gefunden habe, begrüße ich gleichwohl die Feststellung in Ihrem Antrag – das finde ich sehr positiv, und das wird im Wortbeitrag auch noch unterstützt –, dass Sie die Bereitschaft erklären, weiteren schutzbedürftigen Flüchtlingen den Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen. Ich finde es erst einmal positiv, dass hier offenbar nicht auf dem Rücken von Flüchtlingen Politik betrieben werden soll.
(Beifall von den GRÜNEN)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stellen dafür den Kommunen auch jede Menge Geld zur Verfügung; Die Zahlen wurden dargestellt. In diesem Jahr werden über 208 Millionen € im Haushalt stehen. Davon gehen allein 91 Millionen € an die Kommunen. Man kann also nicht sagen, dass wir die Kommunen nicht unterstützten. Gleichwohl – das habe ich im Ausschuss auch gesagt – kann man mit den kommunalen Spitzenverbänden durchaus darüber reden – für meine Fraktion gilt hier Offenheit –, dass man bei hohen Krankenkosten über den Härtefallausgleich im Gemeindefinanzierungsgesetz oder wo auch immer eine Regelung trifft. Zumindest sollte man sich das einmal anschauen. Ich weiß, der Innenminister kräuselt die Stirn; das ist auch nicht abgestimmt. Aber ich finde, darüber reden kann man immer einmal.
Jetzt kommt aber mein Aber, Herr Sieveke: Ich bin nicht bereit dazu, über solche Dinge zu reden, wenn wir nicht gleichzeitig auch darüber reden, wie wir die Kommunen tatsächlich entlasten können. Tatsächlich können wir sie entlasten, wenn wir dieses unselige Asylbewerberleistungsgesetz endlich abschaffen würden.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dazu haben Sie nicht die Kraft, und dazu hat leider auch die Große Koalition nicht die Kraft gefunden. Nach wie vor ist dieser Bestand im Koalitionsvertrag so festgeschrieben.
Warum können wir die Kommunen damit entlasten? Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Sondergesetz mit Anfang der 90er-Jahre ganz klar angelegten Repressionsmöglichkeiten. Dies betrifft nicht nur reduzierte Leistungen, die das Bundesverfassungsgericht Gott sei Dank korrigiert hat, sondern auch den eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsleistungen, die Kürzungsmöglichkeiten, die jetzt auch viele Kommunen nutzen, keinen Zugang zum Beispiel für Arbeitsmarktintegration, keine Integrationskurse usw. Also: Sachleistungen anstatt Geldleistungen, Repressionen!
Mit der Aufrechterhaltung dieses Sondergesetzes, Herr Sieveke – leider ist seine Abschaffung im Koalitionsvertrag nicht zu finden –, müssen Sie den Kommunen auch erklären, warum Sie sich hier weigern, ihnen, wenn wir es abschaffen würden, diese Entlastung um mehr als die Hälfte der Kosten für die Unterbringung zu verweigern. Wenn wir die Flüchtlinge in das SGB II bringen würden, wo auch all die Repressionen wegfallen würden – was Sie offenbar nicht wollen und ebenso die kommunalen Spitzenverbände nicht wollen –, hätten wir auch diese Entlastungsmöglichkeit, weil dann der Bund die Kosten übernimmt und die Kommunen nur noch die Kosten der Unterkunft tragen müssen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das würde die Kommunen um mehr als 50 % entlasten und – das möchte ich ausdrücklich unterstreichen – hätte aus integrationspolitischen Gründen natürlich auch einen hohen Gewinn für die Menschen. Sie hätten dann Zugang unter anderem zu Arbeitsmarktförderleistungen. Sie könnten hier schneller integriert werden. Denn viele von ihnen werden dauerhaft hier bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, solange es nicht möglich ist, hier einen Konsens zu erzielen – wir werden trotzdem reden –, finde ich es ein bisschen vermessen, hier die überbordenden Krankheitskosten zu bejammern und gleichzeitig den Kommunen diese Entlastung zu verweigern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Über den Antrag der Piraten – er ist etwas spät gekommen –, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, finde ich, kann man auch reden. Aber nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz ist vor dem Flüchtlingsaufnahmegesetz. Denn je nachdem, was für eine neue gesetzliche Regelung wir im Bereich des Asylbewerberleistungsgesetzes bekommen, werden wir das sowieso – das steht ja auch im Gesetz – noch einmal vorlegen müssen. Das heißt: Wiedervorlage. Deswegen: Auch Ihre Anregungen, denke ich, werden wir da mit aufgreifen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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