Monika Düker: „Sie sind gewählt worden, nicht um zu reparieren, sondern um zu gestalten“

Entwurf der Landesregierung zum Nachtragshaushalt 2017, dritte Lesung

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Witzel, ich fange mit den Punkten an, bei denen ich sogar noch mit Ihnen übereinstimme. Ich glaube tatsächlich auch, dass wir, wenn wir weiter regiert hätten, im Kitabereich hätten nachsteuern müssen.
(Vereinzelt Beifall von der CDU)
An der Stelle stimmt das, aber das ist auch wirklich die einzige Stelle. Deswegen können Sie all Ihre Mehrausgaben nicht unter „Schlussbilanz“ und „Reparaturhaushalt“ fassen. Bei diesem einen Punkt würde ich Ihnen aber sogar zustimmen. Ich sage das, damit diese Debatte ein bisschen sachgerechter geführt wird. Aber mit dem ganzen Gerede, das sei alles nur Schlussbilanz und nur Reparatur,
(Zuruf von der FDP: Was denn sonst?)
nehmen Sie erstens Ihren Gestaltungsauftrag überhaupt nicht an. Sie sind gewählt worden, nicht um zu reparieren, sondern um zu gestalten.
(Lachen von CDU und FDP)
Zweitens zeigen Sie mit dem Nachtragshaushalt, dass Sie eigentlich kein Konzept haben, wie es in der Haushalts- und Finanzpolitik weitergeht. Ich möchte vier Punkte nennen.
(Widerspruch von der FDP)
Erstens. Es fehlt jegliche Nachhaltigkeit in der Haushalts- und Finanzpolitik bei diesem Nachtragshaushalt, denn es ist null Gegenfinanzierung vorhanden. Ihre ganzen angeblichen Einsparungen, die Sie noch in der Pressekonferenz zum Koalitionsvertrag mit Digitalisierungsdividende, Bürokratieabbau und wo man überall Geld herbekommen kann, genannt haben, sind durch nichts konkretisiert bis zum heutigen Tag – gar nichts. Nur wolkige Sprüche, keine Gegenfinanzierung!
(Ralf Witzel [FDP]: Das ist ein Nachtragshaushalt!)
Zweitens. Wir haben im Haushalts- und Finanzausschuss auch vom Minister eine Politik präsentiert bekommen, die nicht zu Ende gedacht ist. Es gibt keine Kostenfolgenabschätzung. Beispiel Grunderwerbsteuer: In Schleswig Holstein gibt es eine Finanzministerin, eine Grüne, die sagt: Wenn wir irgendetwas in diesem Bereich machen, darf das nicht zulasten des Landeshaushalts gehen, und dann machen wir das unter Umständen, aber erst einmal will ich aber die Gegenfinanzierung haben. – Diese Herangehensweise nennt man „zu Ende gedachte Politik“.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der FDP: So wie das sieben Jahre hier war?)
In NRW läuft das so ab, dass der Finanzminister sagt: Schauen wir mal. Wir machen mal eine Bundesratsinitiative. Wir wissen auch nicht, wie viel das kostet. Dann sehen wir mal, wie viel Geld wir vom Bund bekommen.
(Zuruf von der FDP)
Selbst das Institut der deutschen Wirtschaft mit einem sehr fundierten Gutachten, das im Auf-trag der FDP gelaufen ist, bilanziert, dass das mindestens 1 Milliarde € kosten wird, Herr Minister. Dann müssen Sie doch die Frage beantworten können, wie dieses Wahlgeschenk finanziert wird, und das tun Sie nicht.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Drittens. Ihre Politik schottet sich gegenüber jeglichen Ratschlägen, Stellungnahmen oder aber auch Rückmeldungen ab. Beispiel Kommunen: Man redet doch einmal darüber, Herr Laumann. Hat denn Ihre Kollegin Frau Scharrenbach Ihnen im Kabinett zur Krankenhausinvestitionsfinanzierung nicht rückgemeldet, dass das Probleme geben könnte mit den Haus-halten der Kommunen, insbesondere mit den Kommunen, die in der Nothaushaltsverordnung sind? Die wissen ja gar nicht, wie sie das dieses Jahr decken können.
(Bodo Löttgen [CDU]: Deshalb findet das ja auch dieses Jahr nicht statt! – Zuruf von der FDP)
Dann sagt der Finanzminister: Es ist alles geheilt. – In der Anhörung sagen die kommunalen Spitzenverbände genau das Gegenteil. Warum machen wir nicht eine Rücküberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss und klären das?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich habe keinen Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und auch nicht der Kommunen gehört, der sagt: Das ist alles geklärt. Keine Probleme.
(Zuruf von der FDP: Reden Sie doch mal mit den Mitarbeitern der Krankenhäuser! – Weitere Zurufe)
– Sie sollten nicht nur die Rückmeldungen der Kommunen ernst nehmen, sondern auch die Rückmeldungen vom Landesrechnungshof, aber auch die ignorieren Sie komplett.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der Landesrechnungshof sagt zum Beispiel zu den 139 Stellen: Wenn Sie es ernst meinen würden, dass das irgendwann wieder eingespart wird, warum machen Sie denn dann keine kw-Vermerke? Warum tun Sie das nicht? Das ist eine Empfehlung des Landesrechnungshofs.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aber auch der Landesrechnungshof ist offenbar nicht gefragt, wenn er entsprechende Rück-meldungen gibt.
Vierter Punkt: Intransparenz. Herr Minister, keine Frage zu diesem Nachtragshaushalt haben Sie im Haushalts- und Finanzausschuss beantworten können. Wo werden die 139 Stellen eingesetzt? Das sagen Sie nicht. Wie werden die denn wieder eingespart? Das machen wir irgendwie im Laufe der Legislaturperiode. Kw-Vermerke? – Nein, wir haben andere Ideen. Diese wollen Sie uns aber offenbar nicht mitteilen.
(Martin Börschel [SPD]: Können!)
Intransparenz beim Thema „Grunderwerbsteuer“; ich sagte es schon. Sie pusten mal eben ein Wahlgeschenk in die Lande und gehen davon aus: Dann kriegen wir das schon irgendwie vom Bund wieder. – Meinen Sie denn, dass eine Bundesregierung – egal, wer darin sitzt – mal eben dem Land NRW 1 Milliarde € refinanziert, weil Sie Ihre Wahlgeschenke an die Familien verteilen? Das glauben Sie doch wohl nicht im Ernst.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Intransparenz besteht auch in der ganzen Frage Krankenhausinvestitionsfinanzierung. Herr Minister Laumann, es gibt Kommunen, die zum Beispiel Doppelhaushalte haben.
Präsident André Kuper: Frau Kollegin, Ihre Redezeit.
Monika Düker (GRÜNE): Es gibt Kommunen, die jetzt schon ihre Haushalte für das Jahr 2018 aufstellen. Man redet doch mal miteinander und sagt, ob das jetzt eine einmalige Maßnahme ist oder ob hier strukturelle Veränderungen geplant sind.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es geht ja nicht darum, dass wir kritisieren, dass sie mehr Geld kriegen, sondern es muss doch vor Ort in den kommunalen Haushalten auch eingeplant werden.
Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen und Herr Minister Lienenkämper, Sie legen keine Schlussbilanz von Rot-Grün und keinen Reparaturhaushalt vor. Das ist Ihr Offenbarungseid einer nicht nachhaltigen, einer konzeptlosen, einer nicht zu Ende gedachten Haushalts- und Finanzpolitik, die auch noch nach dem Motto läuft: …
Präsident André Kuper: Liebe Kollegen, die Redezeit!
Monika Düker (GRÜNE): … Was schert mich eigentlich mein Geschwätz von gestern, als wir noch in der Opposition waren. Vertrauen in Politik schafft das nicht. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf: Was interessiert mich mein Geschwätz aus der Regierungszeit?)

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