Monika Düker: „Jemand, der eine Duldung bekommt, ist nicht illegal“

Antrag der "AfD"-Fraktion zum "Spurwechsel-Erlass"

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dankenswerterweise hat die Kollegin Wermer schon darauf hingewiesen – ich möchte das noch einmal verstärken –, dass der Antrag der AfD nur so vor Falschbehauptungen und Unterstellungen strotzt. Es ist eindeutig falsch, dass mit dem Erlass angeblich eine Sonderregelung geschaffen werden soll, die das Aufenthaltsgesetz außer Kraft setzt. Das ist völliger Blödsinn.
Ich will noch zwei andere Dinge hier anmerken. Sie beschweren sich darüber bzw. wollen die großzügige Versorgung der Asylbewerber und Geduldeten durch den Sozialstaat, so wie Sie es nennen, ändern. Das ist Ihnen alles zu großzügig. Es gibt ein einschlägiges Urteil des Bundesverfassungsgerichts dazu. Das Bundesverfassungsgericht hat klar gesagt: Das Existenzminimum ist migrationspolitisch nicht zu relativieren. – Deswegen steht diesen Menschen dasselbe Existenzminimum zu wie deutschen Staatsangehörigen. Solche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ignorieren Sie. Das zeigt wieder einmal mehr, was Ihnen das Grundgesetz wert ist.
Sie unterstellen, dass Geduldete illegal sind. Nein, durch die Erteilung einer Duldung entfällt die strafbare Illegalität. In dem Moment ist dies ein rechtmäßiger Aufenthalt. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Mit solchen Falschbehauptungen und Unterstellungen zu arbeiten, finde ich brandgefährlich. Denn es gibt Menschen, die Ihnen unter Umständen tatsächlich glauben würden. Wir tun das nicht. Das sollte hier auch noch einmal festgestellt werden.
Worum geht es? Jemand, der eine Duldung bekommt, ist nicht illegal, sondern hier wird der Vollzug der Abschiebung ausgesetzt. Die Gründe, warum eine Duldung erteilt wird, sind klar festgelegt. Es gibt Ausreisepflichtige, die nicht abgeschoben werden können – nicht weil der Staat versagt, sondern weil es rechtliche und tatsächliche Gründe gibt.
Ein Beispiel ist die Bedrohung durch Folter im Herkunftsland. Da ignorieren Sie das Grundgesetz, hier scheinen Sie die Genfer Flüchtlingskonvention infrage zu stellen, die ganz klar die Vorgabe macht, dass eine Abschiebung nicht vollzogen werden darf, wenn Folter im Herkunftsland droht. Dies als staatliches Scheitern anzusehen, zeigt, dass Sie nicht auf dem Boden von internationalen völkerrechtlichen Übereinkünften stehen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Hinzu kommt – das leitet über zu der Erlasslage –, dass eine Duldung auch kumulativ ausgestellt werden kann, wenn die Anwesenheit aus dringenden humanitären, persönlichen Gründen oder erheblichem öffentlichem Interesse erforderlich ist. § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz regelt ganz klar die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis, die klare Vorgaben hat, wenn die Ausreise aus den genannten und anderen Gründen faktisch unmöglich ist und nicht, weil ein Staatsversagen vorliegt.
Wenn also die Ausreise belegbar unmöglich ist, kann – und das ist eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde – ein solcher Aufenthaltstitel erteilt werden. Darin wird die Dauer des Aufenthalts und die Integration in den Arbeitsmarkt einbezogen. Um diese Ermessensentscheidung für die Ausländerbehörden zu erleichtern, gibt es Erlasse. Die gab es schon immer, und die wird es auch weiterhin geben.
Herr Minister Stamp, wenn uns auch manches an Ihrer Flüchtlingspolitik nicht passt und wir diametral anderer Auffassung sind, zum Beispiel bei den langen Aufenthaltszeiten in den Landeseinrichtungen, haben Sie in Bezug auf die neue Erlasslage unsere volle Unterstützung.
Ich möchte Ihr Zitat aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 06.03. noch einmal wiederholen. Sie sagen dort:
„Menschen, die sehr gut integriert sind, weiter im Schwebezustand zu halten oder abzuschieben, ist menschlich nicht in Ordnung und volkswirtschaftlich falsch.“
Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Danke für die klaren Sätze. Sie haben unsere volle Unterstützung bei diesem Erlass. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)

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