Monika Düker: „Ist Ihnen entgangen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das für diese Asylverfahren zuständig ist, eine Bundesbehörde ist?“

Antrag von CDU und FDP zur Unterbringung von Flüchtlingen

Monika Düker (GRÜNE): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kuper, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie beginnen Ihren Antrag gleich mit einigen gewagten Feststellungen. Sie schreiben:
„Die Bundesrepublik Deutschland hat das modernste und liberalste Asylrecht der Welt. Durch Artikel 16 a des Grundgesetzes wird … Verfolgten ein … Anspruch auf Asyl mit Verfassungsrang eingeräumt. Auch Nordrhein-Westfalen soll für eine humane Asylsozialpolitik stehen.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist eigentlich daran liberal und modern, wenn Ihren hochgelobten individuellen Anspruch mit Verfassungsrang im Jahr 2014 gerade einmal 1,8 % aller Asylbewerber bekommen haben? Die meisten, die hierbleiben, bekommen einen humanitären Anspruch nach der Genfer Flüchtlingskonvention, aber nicht mehr nach dem von Ihnen so hochgelobten Anspruch auf Asyl.
Ich frage Sie auch: Was ist daran modern und liberal, wenn mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Ihres Bundesinnenministers –, der gerade im Bundesrat auf der Tagesordnung stand, zu befürchten steht, wenn er Wirklichkeit wird, dass quasi jeder Flüchtling, der aus einem anderen EU-Land einreist, sogenannte Dublin-III-Fälle, inhaftiert werden kann?
Und was ist daran liberal und modern, wenn junge motivierte Flüchtlinge, die hier mit viel Potenzial und viel Energie ankommen, keine Lehrstelle bekommen, weil man ihnen nur befristete Duldungen oder nur befristete Aufenthaltsgenehmigungen ausspricht, und sie ständig befürchten müssen, wieder abgeschoben zu werden und ihre Ausbildung hier nicht zu Ende machen zu können? Was, bitte schön, ist daran liberal und modern?
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Im Bundesrat hat daher die rot-grüne Landesregierung sehr viele Änderungsanträge zu diesem Gesetzentwurf gestellt. Die liegen jetzt im Bundestag auf dem Tisch, und es steht zu befürchten, dass gerade Ihr Innenminister alles versuchen wird, zu verhindern, dass tatsächlich eine liberale, moderne und humane Asylpolitik durchgesetzt wird. Für NRW bin ich froh, dass genug Bundesländer im Bundesrat sitzen, die dem etwas entgegenstellen können. Leider handelt es sich, wie wir wissen, nur um ein Einspruchsgesetz.
Ja, in Ihrem Antrag, in Ihren Forderungen steht viel Richtiges drin. Selbstverständlich müssen Asylverfahren beschleunigt werden. Es kann nicht sein, dass Menschen teilweise über ein Jahr auf ihre Asylentscheidung warten. Und selbstverständlich ist es richtig – das steht ja auch im Asylverfahrensgesetz –, dass der Aufenthalt in den Erstaufnahmeeinrichtungen bis zu sechs Wochen, längstens drei Monate dauern soll. Als Ziel ist das völlig richtig, aber auch dafür brauchen wir mehr Plätze.
Herr Kuper, Sie haben mit Ihrem Antrag eine Chance vertan, hier mal die richtigen Adressaten für beschleunigte Asylverfahren zu benennen. Sie schreiben „Der Landtag fordert die Landesregierung auf“, und im ersten Unterpunkt kommt doch tatsächlich die Forderung nach dem beschleunigten Asylverfahren.
Ist Ihnen entgangen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das für diese Asylverfahren zuständig ist, eine Bundesbehörde ist? Die 350 hochgelobten Stellen, die man dort neu bekommt, werden nichts, aber auch gar nichts daran ändern, dass wir dieses Ziel – also Entscheidung innerhalb sechs Wochen bis drei Monaten – in 2015 nie werden erreichen können. Niemals!
Die Behörde selber hat gesagt, und zwar auf der Grundlage der Asylzahlen von 2014, dass es mindestens 1.000 neuer Stellen bedürfe. Auf der Grundlage der prognostizierten Zahlen für 2015 werden es unter Umständen 2.000 neue Stellen sein. Diese Stellen sind aber nicht da, Herr Kuper, und deswegen werden wir dieses Ziel nicht erreichen können.
(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])
Es ist Ihr Innenminister, der hier völlig versagt hat.
Richtig ist – und da kommt das Land ins Spiel –, dass wir ausreichend Plätze dafür brauchen, um das geregelte Verfahren mit der Frist von sechs Wochen bis zu drei Monaten zu erreichen. Das gehört dazu, das ist richtig. Aber ohne das Bundesamt reichen die Plätze dann auch nicht. Und das erwähnen Sie in Ihrem Antrag natürlich mit keinem Wort.
Das Ziel – das ist auch völlig klar – haben wir noch nicht erreicht, und es wird auch noch viele Monate brauchen – mindestens ein Jahr, wenn nicht länger –, bis wir wieder zu geregelten Verfahren kommen. In jeder Innenausschusssitzung, Herr Kuper – vielleicht kommen Sie mal in den Innenausschuss – wird vom Innenministerium hierzu ein Bericht vorgelegt.
Wir waren noch am Montag im Innenministerium – Herr Preuß war wieder dabei – beim interfraktionellen runden Tisch, wo erläutert wurde, was gerade für Maßnahmen geplant sind, woran es liegt, dass es nicht schneller geht – selbstverständlich wollen wir alle, dass es schneller geht – und wie der Stand der Baumaßnahmen ist.
Darüber wird immer ausführlich berichtet. Und Sie stellen sich hier hin und sagen: Da passiert ja gar nichts. – Vielleicht fragen Sie mal Herrn Preuß, was am Montag im Innenministerium dazu gesagt wurde. Nein, es mangelt nicht am Willen dieser Regierung. Es mangelt im Übrigen auch nicht am Geld. Herr Körfges hat vorhin noch ausgeführt, was wir da zusätzlich in den Haushalt 2015 eingestellt haben.
Das Ganze ist eine logistische Herausforderung für jedes Bundesland, egal wer dort an der Regierung ist. Jedes Bundesland hat diese Probleme. Wir sind Gott sei Dank ohne Zelte über diesen Winter gekommen, auch darauf sei hingewiesen. Wir haben diese Notunterkünfte geschaffen und sind dabei ohne Zelte ausgekommen.
Letzte Anmerkung. Sie haben eine Chance vertan – das finde ich sehr schade –, tatsächlich ein gemeinsames starkes Signal von hier aus nach Berlin auszusenden. Dort sitzen bald die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin zusammen und entscheiden über die neue Verteilung zwischen Bund, Ländern und kommunalem Anteil. Es geht darum, dass endlich einmal der Bund seine Verantwortung übernimmt, diese Aufgabe strukturell und dauerhaft mitzugestalten, und sich nicht immer aus der Verantwortung stiehlt.
Dieses starke Signal hätte heute von diesem Landtag ausgehen können. Sie haben diese Chance vertan. Das finde ich schade. Wir werden weiter daran arbeiten. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Geflüchtete Menschen