Monika Düker: „Es gehört auch zu unserer Verantwortung, Panikmache entgegenzutreten“

Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU zu No-Go Areas

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Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine erste Vorbemerkung zu den angeblichen „No-Brain-Areas“, die der Innenminister angesprochen hat. Ich zitiere die Zeitung mit den großen Buchstaben, die mal gesagt hat: Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht. – Danke, Herr Minister, dass Sie das heute getan haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Heiterkeit von Minister Ralf Jäger)
Die Debatte, der ich heute folgen durfte, um die Deutungshoheit darüber, ob jetzt unser Rechtsstaat untergeht, ob sich niemand mehr auf die Straße wagen kann oder ob alles schöngeredet wird, wird der aktuellen Lage nicht gerecht. Denn – und das leugnet hier niemand – wir haben Kriminalitätsbrennpunkte in Nordrhein-Westfalen.
(Unruhe in der CDU – Michele Marsching [PIRATEN]: Wo sie recht hat, hat sie recht!)
Ja selbstverständlich! – Wir haben reale Kriminalitätsbrennpunkte, und wir haben auch subjektiv empfundene Kriminalitätsbrennpunkte. Ja, wir haben Angsträume, wo Menschen sich unsicher fühlen. Ja, wir haben Duisburg-Marxloh – darüber haben wir auch im Innenausschuss häufiger diskutiert –, wo wir eine ungute Entwicklung hatten, wo Bandengruppen durch eine hohe Präsenz für sich in Anspruch nahmen, die Straße für sich zu reklamieren, und Menschen auf diese Weise eingeschüchtert wurden.
Wir haben auch eine polizeiliche Kriminalstatistik, die PKS. Die gibt es jedes Jahr, und in jedem Jahr findet man darin Licht und Schatten. Das ist nicht nur zu unserer Regierungszeit so, sondern es war schon immer so. Wir haben also positive Entwicklungen. Diese wird man, ohne hier einen Vorwurf entgegengeschleudert zu bekommen, Herr Lürbke und Herr Golland, genauso benennen dürfen wie die negativen. Denn wir haben bei der Gewaltkriminalität Rückgänge, und wir haben Aufwüchse bei den Wohnungseinbrüchen.
All das liegt daten- und faktenbasiert auf dem Tisch. Aber heute ist mal wieder die Hoffnung gestorben, dass hier mit solchen Daten und Fakten, die immer als Munitionslager für die eine oder andere Position dienen, verantwortungsvoll umgegangen wird. Sie haben das heute wieder schändlichst missbraucht.
Denn es ist eine Tatsache, dass die Regierung diese Fakten nicht leugnet.
(Armin Laschet [CDU]: Doch!)
Ihre Behauptung, dass wir dies leugnen, ist Verleumdung. Das ist Verleumdung!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das haben wir gestern auch gehört: Verleumdung.
(Lutz Lienenkämper [CDU]: Das ist Beleidigung und Verleumdung! – Weitere Zurufe)
– Ich habe es ja gerade noch mal vorgetragen. Deswegen habe ich meine Zeit genutzt, um genau diese Fakten noch einmal vorzutragen, die von niemandem geleugnet werden.
(Armin Laschet [CDU]: Ihr seid Schönredner, immer weiter weg von den Menschen!)
Dieser Vorwurf, den Sie heute in den Raum stellen, ist verleumderisch. Das gehört für mich nicht zu einem demokratischen Diskurs.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das hat uns gestern die Debatte …
(Zurufe von der CDU)
– Ja, das ist uns gestern sicher noch mal ins Stammbuch geschrieben worden. Passen Sie auf, wie Sie hier mit den Daten und Fakten umgehen!
(Weitere Zurufe von der CDU)
Was machen wir als Regierung denn mit diesen Analysen? Wir haben, um mal von der Nordstadt wegzukommen, in Duisburg – wie gesagt, die Entwicklung in Marxloh war nicht immer gut; das ist doch völlig richtig –
(Armin Laschet [CDU]: Was heißt denn „nicht nur gut“?)
das Projekt „Triangel“ in Angriff genommen und Präsenzkonzepte entwickelt.
(Armin Laschet [CDU]: Gut!)
Eine superengagierte Polizeipräsidentin stellt sich vor Ort den Problemen.
(Armin Laschet [CDU]: Das reicht nicht!)
Die Bereitschaftspolizeien sind angesprochen worden, die hier zur Unterstützung auf die Straße kommen. Ich gehe mal in eine andere Stadt, meine Heimatstadt Düsseldorf. In der Altstadt gab es auch solche Tendenzen, dass da Gruppen auftraten und sagten, die Altstadt gehöre ihnen.
(Armin Laschet [CDU]: Wie kann man das nur so banalisieren?)
Auch hier haben sich Anwohner, Gewerbetreibende und die Altstadtwirte an die Regierung gewandt und um Hilfe gebeten. Was kommt zurück? – Sie sagen, dass die Konzepte wirken. Die Präsenz der Bereitschaftspolizei zeigt auch in der Altstadt von Düsseldorf Wirkung.
(Armin Laschet [CDU]: Alles ist gut! Alles ist gut!)
Unterstützt mit maßvoller Videobeobachtung, greifen diese Konzepte. Das müssen Sie doch auch mal zur Kenntnis nehmen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Jetzt sage ich Ihnen eins: Alle Antworten, die Rot-Grün auf diese Entwicklung gefunden hat – noch einmal: die niemand leugnet; damit es auch noch mal schwarz auf weiß im Protokoll steht –, hätten wir nicht umsetzen können, Herr Laschet, wenn wir Ihre Politik fortgesetzt hätten.
(Armin Laschet [CDU]: Och! Ach ja! – Weitere Zurufe von der CDU)
2010 haben Sie uns eine Einstellungsermächtigung von 1.100 Kommissarsanwärterinnen und -anwärtern hinterlassen – da müssen Sie jetzt durch, das müssen Sie sich anhören. Wenn wir das fortgesetzt hätten, hätten wir diese Politik nicht umsetzen können, denn dann hätten wir tatsächlich zu wenige Kräfte dafür auf die Straße schicken können.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich schließe meinen Beitrag mit einem Zitat von Ihnen, Herr Laschet. Sie antworten in der „Frankfurter Rundschau“ vom 6. Oktober 2016 auf die Frage: „Können Sie sich das Bedrohungsgefühl erklären zum Thema ‚Terrorismus/Kriminalität‘?“ – Zitat Laschet –:
Als Politiker müssen wir Ängste ernst nehmen. Aber es gehört auch zu unserer Verantwortung, Panikmache entgegenzutreten.
– Danke, Herr Laschet, für diesen Appell. Das sollten Sie hier mal den selbsternannten Sheriffs auf der rechten Seite des Parlaments ins Stammbuch schreiben. Dann wären wir in den Debatten weiter und könnten endlich mal sachlich mit dem Thema umgehen. – Danke schön.

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