Monika Düker: „Diese Aussagen reichen nicht aus“

Aktuelle Stunde zum angeblichen Hacker-Angriff auf Ministerin a.D. Schulze Föcking

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Monika Düker (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Öffentlichkeit in Nordrhein-Westfalen hat einen Anspruch darauf, dass Informationen der Landesregierung, zum Beispiel übermittelt durch Ihren Regierungssprecher, Herr Laschet, den Tatsachen entsprechen. Das war offenbar am 16.03. nicht der Fall. Denn offenbar hat am 16.03. die Aussage der Staatskanzlei, dass Hacker-Versuche im Hause der damaligen Ministerin Schulze Föcking mindestens teilweise erfolgreich waren, so den Tatsachen nicht entsprochen.
Am 07.05. bestätigte Ihr Regierungssprecher trotzdem noch einmal, dass weitere Erkenntnisse dem Innenministerium und der gesamten Landesregierung vorlagen, um diese tatsachen- und faktenbasierte Aussage zu stützen.
Gestern in der Fragestunde fragten wir nach, was das denn für Informationen wären. Der Bezug vom Finanzminister auf diverse Korrespondenzen des Innenministeriums vor dieser Pressemitteilung? – Nein, Herr Ministerpräsident, diese Aussagen gestern reichen nicht aus, um zu erklären: Diese Äußerungen waren faktenbasiert. – Sie waren es nicht.
Ich behaupte, dass das Motiv – einen anderen Schluss lassen Sie uns leider hier und heute nicht zu – für diese Pressemitteilung eine taktische Täuschung der Öffentlichkeit war.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir erwarten heute zu diesem Vorgang eine eindeutige Stellungnahme und nicht wie gestern fadenscheinige Ausflüchte und Mauern durch Ihren Finanzminister, wenn wir nachgefragt ha- ben.
Zweitens. Ihr Vertrauensbruch gegenüber dem Parlament, Herr Ministerpräsident, wiegt für uns schwer. Es war bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt klar, dass im Zuge der Ermittlungen keine Anhaltspunkte für einen Hacker-Angriff von außen auf die IT-Geräte im Haus von Frau Schulze Föcking gefunden wurden. – „Und das“ – ich zitiere aus dem Bericht an den Rechtsausschuss – „nach mehrfacher umfangreicher Prüfung“, wie es in dem Bericht heißt.
Die lapidare Antwort von Herrn Lienenkämper gestern auf die Frage, „warum hat man denn nicht früher informiert?“, war: Der Ministerpräsident äußert sich prinzipiell nicht zu laufenden Ermittlungsverfahren.
Herr Ministerpräsident, das stimmt nicht. Denn es war Ihr Regierungssprecher, der zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich am 16.03., genau dies getan hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Erstens, wenn es sich tatsächlich – ich mag mir das gar nicht vorzustellen – um eine Cybercrime-Attacke gehandelt hätte –, was er damit angerichtet hätte. Unter Umständen hätte er, wie Kollege Kutschaty es ausgeführt hat, hiermit die Ermittlungen aufs Massivste gefährdet. Nein, dieses Agieren Ihres Ministerpräsidenten hat zuallerletzt Ihrer eigenen Ministerin geholfen, nein, es hat ihr sogar massiv geschadet.
Zweitens frage ich Sie heute, Herr Ministerpräsident: Wenn die Landesregierung – auch das haben wir gestern gehört – über alle Ermittlungsstände informiert war, warum haben Sie dann nicht einfach bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt, ob und welche Erkenntnisse veröffentlicht werden können? Haben Sie das gemacht? Haben Sie es überhaupt versucht, hier ein Okay von der Staatsanwaltschaft zu bekommen, um uns hier im Parlament zu informieren, nämlich die, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt – das waren ja nicht nur der Kollege Römer und ich, Herr Löttgen und Herr Rasche, das müsste Ihnen auch ein Anliegen sein, das waren auch Sie, die hier Ihre Solidarität erklärt haben? Haben Sie es überhaupt versucht, die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft, das Okay von der Staatsanwaltschaft zu bekommen, uns im Parlament hier darüber zu informieren? Sie haben es nämlich nicht gemacht, oder ich erwarte von Ihnen heute hier eine eindeutige Aussage. Das ist ein Vertrauensbruch dem Parlament gegenüber, und der wiegt sehr schwer.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich fasse zusammen: Ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen kann es sich nicht leisten, dass jemandem, der für diese Regierung spricht, die Imagepflege eines angeschlagenen Regierungsmitglieds offenbar wichtiger ist als die korrekte Information der Öffentlichkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wenn das so ist … Und Herr Ministerpräsident, Ihr Agieren lässt keinen anderen Schluss zu, dass dies genau so in Ihrer Staatskanzlei passiert ist. Wenn dies so ist, dann muss das auch Konsequenzen haben. Und da reicht der Rücktritt der Ministerin nicht aus.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Was sollen wir denn dieser Staatskanzlei noch glauben – ich bitte Sie –, wenn man sich nicht mehr darauf verlassen kann, dass der Regierungssprecher hier Dinge erzählt, die tatsächlich auch faktenbasiert sind und nicht nur taktisch motiviert sind?
Wenn das so ist, erwarten wir hier von Ihnen als Regierungschef heute auch Antworten dazu, was dieses Verhalten für Konsequenzen hat. Denn Sie selbst, Herr Ministerpräsident, haben sich mit dieser desaströsen Desinformationspolitik Ihrer Staatskanzlei in eine Regierungskrise hineinmanövriert.
(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)
Wir sind gespannt auf Ihre Antworten dazu. Denn heute haben Sie die Chance, das Parlament einmal umfassend, ehrlich und ausführlich über die Vorgänge zu informieren. Ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Düker. –

Der zweite Beitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von
Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, zuallererst finde ich es schäbig, dass Sie hier die wirklich schlimmen Drohungen, die die ehemalige Ministerin Schulze Föcking erleiden musste, heute wieder aus der Schublade holen und instrumentalisieren,
(Armin Laschet, Ministerpräsident: Ganz vorsichtig! – Henning Höne [FDP]: Weil Ihnen das unangenehm ist!)
um von Ihren eigenen Fehlern abzulenken. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Denn – ich zitiere Ihnen noch einmal, warum es heute ging – es ging in der Aktuellen Stunde um eine Fortsetzung der Fragestunde und darum – Sie können es auch gern noch einmal explizit in der Beantragung nachlesen –, die Frage aufzuklären, warum der Regierungssprecher nicht über die Kenntnisse der Staatskanzlei zum Ermittlungsverfahren und über die Gespräche informiert hat.
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
Es ging darum – auch hier beantragt –: Auf der Grundlage welcher Tatsachen hat denn nun Ihr Regierungssprecher am 16. März über den Hackerangriff hier Statements abgegeben? Darum ging es.
 (Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der FDP)
Herr Ministerpräsident, Sie sagten, Institutionen müssen verlässlich sein. Ja, eine Regierung ist auch eine Institution, und auch sie muss verlässlich sein,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
und die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, dass das, was diese Regierung öffentlich sagt – durch Ihren Regierungssprecher, nicht durch die Umweltministerin; es geht hier um Ihren Regierungssprecher und Ihre Staatskanzlei –, auch den Tatsachen entspricht. Das hat er nicht getan. Die Aussagen vom 16. März waren nicht faktenbasiert, und auch hierzu haben Sie heute keine Stellungnahme abgegeben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie sagen, volle Transparenz sei Ihr Regierungsstil. Nein, Herr Laschet, genau das Gegenteil haben Sie heute hier zelebriert.
Ich fasse zusammen: null Einsicht, kein Eingeständnis von Fehlern, keine Konsequenzen aus dem Desaster, das Sie hier angerichtet haben, und kein Angebot, Glaubwürdigkeit auch dem Parlament gegenüber wiederherzustellen,
(Henning Höne [FDP]: Gestern geschrieben!)
stattdessen weiter Nebelkerzen, Ablenkungsmanöver und – ich bleibe dabei – der hoch unanständige Versuch, damit die Bedrohungen und verbalen Attacken gegen Frau Schulze Föcking zu instrumentalisieren.
Noch einmal, weshalb ich es auch schäbig finde: Die Oppositionsfraktionen und ich selbst – es ärgert mich auch persönlich, dass Sie das wieder aus der Schublade holen – haben hier mehrfach schriftlich artikuliert, dass Frau Schulze Föcking – das gilt nach wie vor, auch für mich persönlich – unsere volle Solidarität zu dem, was ihr passiert ist, hat.
(Zurufe von der CDU und der FDP – Zuruf von Kirstin Korte [CDU])
Nein, es ist dieser Ministerpräsident, der das hier –
– Es sind Sie, die diesen –
– Ich würde gern weiterreden, ohne zu schreien.
(Große Unruhe – Glocke – Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe: Ja!)
– Schreien ersetzt noch lange keine Argumente,
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe: Ja!)
und die habe ich von Ihnen, Herr Kerkhoff, heute noch nicht gehört.
Also noch einmal zu dem Fakt, dass ich es nach wie vor nicht in Ordnung finde, Herr Ministerpräsident, weil wir und ich persönlich hier sehr deutlich gemacht haben, dass diese Drohungen, das, was wir alle erleben – ich kann Ihnen gern auch aus meinen Akten dazu etwas zitieren –, kein Mittel der politischen Auseinandersetzung darstellen und alle Demokraten zusammenstehen und solidarisch sein müssen. Das haben wir nun oft genug erklärt. Aber darum ging es heute überhaupt nicht. Es ging darum, welche Kommunikation Ihre Staatskanzlei noch bis kurz vor dem Rechtsausschuss aufrechterhalten hat, und diese Kommunikation war nachweislich.
(Die Rednerin hat einen Hustenanfall – Heiterkeit und Zurufe aus den Fraktionen)
–  Wenn Sie so schreien, kann man ja nicht dagegenschreien.
Diese Aussage war nachweislich falsch. Ich erwarte heute von Ihnen dazu eine Aussage. Entschuldigung!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)