Monika Düker: „Die Weitergabe persönlicher Anschriften hat leider ein Bedrohungspotenzial“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Reformierung der Melderegisterauskunft

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir meinen, der Antrag ist gut gemeint, Herr Sieveke. Er geht auch in die richtige Richtung, weil er die berechtigten Schutzinteressen bestimmter Berufsgruppen, Ehrenamtler, Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in den Blick nimmt und versucht, ihren Schutz zu erhöhen. Auch wir meinen: Ja, das muss überprüft werden, denn die Zeiten haben sich leider geändert.

Der Satz „Wir wissen, wo du wohnst“ ist – ich weiß nicht, wie vielen von Ihnen – auch mir schon so mitgeteilt worden. Dann wird es tatsächlich auch etwas ungemütlich, wenn solche Sätze fallen.

Deswegen ist es richtig, hier auch bei der Meldeauskunft hinzuschauen. Die Weitergabe persönlicher Anschriften hat leider ein Bedrohungspotenzial. Wir brauchen hier besseren Schutz.

(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])

Allerdings tut sich hier ein melderechtliches Spannungsfeld auf. Ganz einfach ist das Problem ja nicht zu lösen. Einerseits gibt es die berechtigten Interessen nach Meldeauskunft. Es wird oft eine Ladeanschrift gebraucht oder aber – das schreiben Sie im Antrag ja selber auch – eine Anschrift für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche. Das sind ja auch alles gute Gründe, um Meldeauskünfte zu bekommen. Andererseits – wie gerade dargestellt – gibt es bei einer allgemeinen Auskunftspflicht auch ein erhöhtes Bedrohungspotenzial für bestimmte Gruppen.

Nun gibt es im Melderecht zwei Stellschrauben, an denen man drehen kann. Das eine ist der 51. Das ist von den Vorrednern ja auch erwähnt worden. Das ist die Auskunftssperre. Das andere ist der 44, wo man sagen kann: Bei einer einfachen Meldeauskunft kann man die Hürden höher legen.

Es ist ja nicht das erste Mal, dass über den 51 geredet wird. Wir haben dargestellt, dass es diesbezüglich schon verschiedene Versuche gab. Man muss beachten, dass es inzwischen schon jede Menge Rechtsprechung dazu gibt.

Wie ich die Rechtsprechung verstehe – ich habe in ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2017 geschaut –, ist es ja nicht so ganz einfach, „der Nachweis einer Bedrohung durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe“ zu sagen. So einfach kann man das ja nicht darstellen. Ich verstehe die Rechtsprechung vielmehr so, dass am Ende die Häufigkeit von Vorfällen den Schluss zulassen muss, dass alle Angehörigen einer Berufsgruppe berufstypischen Gefährdungen ausgesetzt sind. Das ist ja nun etwas anderes, als zu sagen, eine solche Auskunftssperre gelte für alle Kommunalpolitiker, alle Ehrenamtler in der Flüchtlingshilfe, alle Abgeordneten, den Rettungsdienst, die Polizei, keine Ahnung. So einfach ist es ja, wie ich denke, nicht. Deswegen ist es schwierig, mal eben pauschal an den 51 ranzugehen.

Wir sind aber, wie gesagt, bereit und offen für eine Debatte. Deswegen finden wir es schade, dass Sie hier direkt über den Antrag abstimmen lassen. Wie Kollege Ganzke schon gesagt hat, hätte man sich im Ausschuss mal vertieft darstellen lassen können, wo die rechtlichen Möglichkeiten sind, das noch weiter auszureizen.

Auch beim 44 sind wir offen für eine Debatte darüber, eine Begründungspflicht dort hineinzuschreiben, sowie darüber, dass die Erforderlichkeit der Nennung der Adresse der betroffenen Person durch den Anfragenden die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Missbrauch unterbleibt.

Das alles sind richtige Ansätze. Wir werden uns aber ebenfalls enthalten, weil dies, wie ich schon gesagt habe, schwierige juristische Terrains sind, die man nicht mal eben mit zwei Sätzen abhaken kann.

Außerdem störend aufgefallen ist uns, dass es in dem Antrag in Bezug darauf, welche Zielgruppen Sie meinen, kunterbunt durcheinandergeht. Am Anfang ist noch von NGOs und Einsatzkräften der Ordnungsbehörden die Rede, in der Feststellung am Ende sind es Gerichtsvollzieher und Kommunalpolitiker. Wer gehört denn nun dazu? In der Feststellung am Ende fehlen zum Beispiel die Richter und Journalisten. Auch die Ehrenamtlichen gehören ja dazu. Die Beschreibung der Betroffenengruppe ist uns ein bisschen zu durcheinander, die Betroffenengruppe ist nicht klar spezifiziert.

Außerdem haben wir die Fragen, die schon genannt worden sind. Welche Gründe sollen es denn sein können, wenn nach dem 44 in Zukunft ein Grund genannt werden muss? Welche Gründe führen zu einer Ablehnung, und was sind berechtigte Gründe? All das wird nicht weiter ausgeführt.

Außerdem die Offenlegung der Identität des Anfragenden. Was passiert mit diesen Daten? Da muss man wiederum Vorkehrungen treffen. Wo werden die Daten gespeichert? Wer hat wann Zugriff darauf? Wer hält den Daumen drauf?

Es ist also alles nett in zwei Sätzen aufgeschrieben worden – und das mit einer Zielsetzung, die wir teilen –, aber eben nicht in der Tiefe. Das lässt aus unserer Sicht viele Fragen offen. Schade, dass Sie den Antrag nicht überweisen lassen, denn dann hätte man sich dem mehr widmen können. Ich denke, dass unter den demokratischen Fraktionen ein interfraktioneller Konsens möglich wäre. Weil zu viele Fragen offen sind, werden wir uns bei der direkten Abstimmung enthalten. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)