Monika Düker: „Die Kommunen haben es bezahlt, weil Sie es ihnen an einer anderen Stelle weggekürzt haben“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Flüchtlingsfinanzierung

Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem der Flüchtlingskostenfinanzierung für die Kommune scheint den zuständigen Minister nicht besonders zu interessieren;
(Zuruf von der SPD: Der Justizminister geht!)
denn er glänzt bei diesem Thema mit Abwesenheit. Wir halten das Thema allerdings für sehr relevant.
Die jüngsten Aussagen des Bundesfinanzministers Scholz sollten uns alle alarmieren. Die 2016 von den damaligen Ministerpräsidenten hart errungenen Zusagen des Bundes – nämlich Zuschüsse seitens des Bundes zur Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten in den Kommunen zu leisten – sollen wegfallen. Es gibt eine klare Ansage des sozialdemokratischen Bundesfinanzministers, dass nur noch für anerkannte Flüchtlinge degressiv gestaffelt Zuschüsse geleistet werden sollen.
Schon jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen – und das hat auch etwas damit zu tun, dass Sie Ihre Versprechen nicht einhalten, für die Geduldeten Zuschüsse des Landes zu zahlen –,
(Beifall von den GRÜNEN)
gibt es nur eine Deckungsquote von 30 % der Kosten für die Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Kommunen. Ich habe mich einmal umgehört: Im Schnitt sind es in Köln grob 30 % Kostenerstattung. 70 % der Kosten für diese Menschen tragen die Kommunen. Wie gesagt, das hat auch etwas damit zu tun, dass Sie Ihre Versprechen hier nicht einhalten.
Jetzt lassen es aber nicht auch noch dazu kommen, dass sich der Bund auch noch aus der Finanzierung zurückzieht; denn was gibt es bislang? Es gibt 670 Euro pro Monat pro Kopf als Pauschale. Das soll ersatzlos gestrichen werden, aber – wie gesagt – das scheint diese Landesregierung nicht zu interessieren. Im letzten Jahr waren das immerhin – wir haben im Haushalts- und Finanzausschuss nachgefragt – 347,8 Millionen Euro.
Anscheinend hat es die Regierung hier so dicke, dass sie meint, es sei völlig wurscht, dass hier ein paar 100 Millionen Euro Zuschüsse wegfallen, weil das ja der Finanzminister aus der Portokasse zahlen kann. Wenn es so ist – naja, ich glaube nicht daran. Ich meine, dass es jetzt einer gemeinsamen Anstrengung aus den Landtagen und von den Kommunen bedarf, dass diese Mittel nicht gestrichen werden.
Präsident André Kuper: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hübner von der SPD-Fraktion?
Monika Düker (GRÜNE): Ja, gerne, Herr Kollege Hübner.
Michael Hübner (SPD): Frau Kollegin Düker, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich finde es bemerkenswert, dass Sie jetzt mehrere Minuten gesprochen haben und dass kein Minister auf den Regierungsbänken anwesend ist, obwohl es ein Thema ist, das unseren Kommunen unter den Nägeln brennt. Ich sehe auch bei den regierungstragenden Fraktionen gar kein Engagement, irgendein Regierungsmitglied hereinzuholen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Frau Kollegin, wie bewerten Sie dieses Fehlen der Regierung bei dieser wichtigen Frage?
(Zuruf von Gabriele Walger-Demolsky [AfD] – Gegenruf von Josefine Paul [GRÜNE]: Das war ganz arm! – Weitere Zurufe)
Monika Düker (GRÜNE): Ich sage einmal so, Herr Kollege: In der letzten Legislaturperiode es sind ja noch einige hier im Raum, die bei den Debatten dabei waren – war die Finanzierung der rot-grünen Landesregierung mit der 10.000-Euro-Pauschale pro Kopf an die Kommunen für die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten – wir reden hier nicht unbedingt von Integration – ja nie genug.
(Stefan Kämmerling [SPD]: Herr Witzel, haben Sie jemanden erreicht?)
Es wurde gesagt, wir ließen angeblich die Kommunen im Stich, das sei alles nicht genug und es müsste eine Ist-Kostenberechnung gemacht werden. – Die Ist-Kostenberechnung liegt vor. Wenn wir den Kommunen wirklich das bezahlen, was sie für Aufwendungen haben – was Sie immer gefordert haben –, wären hier locker 300 Millionen Euro zusätzlich fällig.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Das stand im Übrigen auch im Haushaltsplanentwurf der Regierung. Da standen 320 Millionen Euro für die FlüAG-Kosten drin. Aber was machten die Regierungsfraktionen in der zweiten und dritten Lesung? – Sie nahmen das als Deckung, um angeblich die Integrationspauschale weiterzuleiten. So haben Sie die Kommunen mit „linke Tasche, rechte Tasche“ dermaßen betrogen um das, was Sie hier noch in der letzten Legislaturperiode vollmundig versprochen haben.
Herr Kollege Hübner, was nicht gezahlt wird, sind erstens die Ist-Kostenberechnung und zweitens die 700 Millionen Euro, die für die Unterbringung und Versorgung der Geduldeten versprochen wurden. Denn da bekommen wir auch kein Geld vom Bund. Jetzt sind wir bei dem dritten Posten. Es geht zwar aus Sicht der Landesregierung nur um 350 Millionen Euro – das gab es 2018 an Bundeszuschüssen –, bei denen es Ihnen offenbar egal ist, wenn sie im nächsten Jahr fehlen.
Ich zitiere dazu den Ministerpräsidenten aus der „Rheinischen Post“ vom 19.03., nachdem Herr Scholz das verkündet hatte:
„Wer den Kommunen die Erstattung der flüchtlingsbedingten Kosten der Unterkunft streichen will, provoziert Steuererhöhungen in den Kommunen wegen der Flüchtlinge – und zündelt damit an dem Konflikt, den wir gerade mühsam befrieden konnten.“
(Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, betritt den Plenarsaal.)
Herr Stamp, bemerkenswert, dass Sie auch einmal zu einem Thema kommen, dass Sie besonders interessieren müsste.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir erwarten nichts weniger von dieser Regierung, als dass sie diesen vollmundigen Ankündigungen endlich Taten folgen und die Kommunen nicht weiter im Regen stehen lässt. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt
Monika Düker (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schön, dass Sie jetzt da sind, Herr Stamp. Ich würde gern am Anfang meiner Rede mit der Legendenbildung aufräumen, was die Integrationspauschale angeht.
(Zurufe von der CDU)
Ich sage es noch einmal daten- und faktenbasiert zum Mitschreiben: Die Integrationspauschale beträgt 432 Millionen Euro.
(Unruhe – Glocke)
Um diesen Betrag zu decken, wurden über 300 Millionen Euro im Haushalt an anderer Stelle weggenommen. Die Kommunen haben die Weitergabe der Integrationspauschale mit der Kürzung der versprochenen Mittel für die Erhöhung der Flüchtlingspauschale bezahlt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie haben die Kommunen hintergangen. Jetzt stellen Sie sich hierhin und sagen, Sie hätten sie eins zu eins weitergegeben. Das ist einfach Quatsch. Die Kommunen haben es bezahlt, weil Sie es ihnen an einer anderen Stelle weggekürzt haben.
Zweiter Punkt: die Geduldeten.
(Lachen von der CDU – Josef Hovenjürgen [CDU]: Wir sind doch nicht Rot-Grün! – Bodo Löttgen [CDU]: Dass Sie sich nicht schämen, so etwas zu behaupten!)
–  Das sind Taschenspielertricks, Herr Löttgen. Wenn man ein bisschen etwas vom Haushalt versteht, durchschaut man diese. Das ist ein Taschenspielertrick.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU) Wir haben ihn aber bemerkt.
Ich möchte noch einmal auf die Geduldeten zu sprechen kommen. Herr Stamp, ich weiß gar nicht, warum Sie zwei Haushaltsjahre brauchen, um mit den kommunalen Spitzenverbänden zu diskutieren, um eines der großen Versprechen der letzten Legislaturperiode der CDU einzulösen,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
nämlich das Geld für die Geduldeten insgesamt auch über das FlüAG zu erstatten. Das ist ein Satz im Gesetz. Warum müssen Sie zwei Jahre darüber diskutieren? Das könnten Sie morgen umsetzen.
(Zurufe von der CDU)
Sie haben hier ganz einfach ein Versprechen gebrochen. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Und es sind 700 Millionen Euro. Aber dann sagen Sie den Kommunen aber auch klar, dass das angesichts der Haushaltslage auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurde.
Bezüglich der Aufstockung der Flüchtlingspauschale möchte ich in Erinnerung rufen: Wir hatten pauschal 10.000 Euro gefordert.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Monika Düker (GRÜNE): Wie lange liegt diese Ist-Kostenberechnung dem Kommunalaus- schuss schon vor?
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Sechs Monate!)
–  Sechs Monate. Wir haben damals mitten in der Flüchtlingskrise das FlüAG von den Beinen auf den Kopf gestellt …
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Frau Düker, die Redezeit.
Monika Düker (GRÜNE): … und haben es innerhalb weniger Monate komplett reformieren können, mitten in der Krise. Handeln Sie!
Sie haben uns ausdrücklich gelobt, dass wir an Ihrer Seite sind. Um das Ganze hier friedlich enden zu lassen, möchte ich Sie persönlich ganz ausdrücklich für den Erlass zur Duldung loben.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Frau Düker, die Redezeit.
Monika Düker (GRÜNE): Das hilft vielen Menschen dabei, hier einen sicheren Aufenthaltsstatus zu bekommen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite. – Wie Sie aber die Kommunen behandeln, das ist schäbig.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Unruhe – Glocke)