Monika Düker: „Die besten Köpfe in diesem Land bemessen sich nicht unbedingt an den höchsten Gehältern“

Antrag der Fraktion der SPD zu "F. Merz als Brexit-Beauftragter"

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Monika Düker: Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Optendrenk, Sie haben hier viel von Interessenvertretung gesprochen. Schauen wir uns einmal an, welche Interessen der neue Beauftragte im Übrigen vertritt: Er ist in den Aufsichtsräten von AXA Konzern AG, DBV-Winterthur Holding AG, Deutsche Börse AG, der IVG Immobilien AG, der WEPA Industrieholding. Er ist in den Verwaltungsräten von BASF Antwerpen, Stadler Rail AG und HSBC Trinkaus & Burkhardt AG sowie im Aufsichtsrat dieser Bank. Er ist des Weiteren in den Beiräten von Commerzbank AG und – dort ist er nicht mehr im Aufsichtsrat – Borussia Dortmund. 
(Gordan Dudas [SPD]: Das ist das Schlimmste! –Gegenruf von der CDU: Der kann etwas! –Heiterkeit)
Okay; darüber könnte man reden.
Er ist Senior Counsel einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei in Düsseldorf mit sehr prominenten Mandanten. Er ist Vorsitzender der Atlantik-Brücke und Mitglied im Senat der Deutschen Nationalstiftung. Daneben hat er noch ein paar Leidenschaften. So kämpfte er an der Seite der Energiekonzerne – an dieser Seite steht er besonders gern und eng – gegen den Atomausstieg. Gott sei Dank war er da sehr erfolglos. Außerdem war er Verkaufsberater für die WestLB und hat damit seine eigene Anwaltsanwalt mit Aufträgen und Honoraren in Höhe von 2 Millionen € versorgt. Wie wir wissen, war er hier ebenfalls erfolglos; denn die WestLB wurde zerschlagen. Nun ist er seit 2016 Aufsichtsratschef beim deutschen Ableger von BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt und der größten Schattenbank, wenn man so will.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
BlackRock verwaltet fast 6 Billionen US-Dollar und – das ist wichtig – hält Beteiligungen an allen 30 DAX-Unternehmen. BlackRock ist Großaktionär von Banken, Ölkonzernen und Rüstungskonzernen, aber auch von Unternehmen der Konsumgüterindustrie – Apple, Nestlé usw. – sowie in Deutschland von Daimler, Bayer und der Deutschen Post. Die Liste lässt sich fortsetzen. 
(Zurufe von der FDP)
Jetzt kommen wir zu seinem neuen Ehrenamt – sozusagen für den Feierabend, wenn er abends nach Hause kommt. Diese personifizierte Wunderwaffe kann das offenbar noch nebenher alles locker managen.
(Heiterkeit von Arndt Klocke [GRÜNE])
Er soll die Folgen des Brexit für NRW regeln, also die Probleme von NRW-Unternehmen in Großbritannien lösen und für alle großen NRW-Firmen, die in Großbritannien sitzen, als Berater zur Verfügung stehen. Darüber hinaus lautet der Arbeitsauftrag auch noch, für NRW die drohende transatlantische Entfremdung unter der amtierenden US-Regierung aufzuhalten und zu beseitigen, und zwar nicht nur im wirtschaftlichen Sinne, sondern auch unter Einbeziehung der gesellschaftlichen, kulturellen und universitären Ebenen. Also eine Art Sonderbotschafter! Herr Holthoff-Pförtner, was sagen Sie denn dazu – das ist doch eigentlich Ihr Job –, dass Ihnen da ein Sonderbotschafter vor die Nase gesetzt wird? Hinzu kommt – das sollten wir nicht vergessen; darüber haben wir gestern in der Aktuellen Stunde gesprochen –, dass er auch noch den Flughafen Köln/Bonn als Aufsichtsratsvorsitzender aus der Krise bringen soll und hier die schwierige Lage neu ordnen und Aufklärung betreiben soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich kann das nicht empirisch belegen; das sage ich gleich dazu. Aber dieses Maß an Selbstüberschätzung einer einzigen Person ist meines Erachtens etwas sehr Männliches.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die besten Köpfe in diesem Land bemessen sich nicht unbedingt an den höchsten Gehältern oder den vollsten Terminkalendern.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aber ein viel gravierenderes Problem als der Terminkalender von Friedrich Merz ist aus meiner Sicht das Problem der Interessenkollision. Als Mitglied im Aufsichtsrat und als Aufsichtsratsvorsitzender hat man eine Treuepflicht. Man muss gegenüber dem Unternehmen loyal sein und ist den Unternehmensinteressen verpflichtet. Was ist denn das Unternehmensinteresse einer Finanzkrake und Schattenbank wie Black-Rock? Natürlich die Gewinnmaximierung der Unternehmen, an denen man beteiligt ist! In diesem Fall sind das eigentlich alle wesentlichen international agierenden Konzernen und auch nationalen börsennotierten Mittelstandsunternehmen. Was ist denn nun, wenn ein Unternehmen vor dem Brexit nach NRW fliehen möchte? Er hat ja dann den Job, hier Asyl anzubieten und einen Standort zu organisieren. Was passiert denn, wenn dieses Unternehmen in direkter Konkurrenz zu einem der vielen Unternehmen steht, in denen Herr Merz im Aufsichtsrat sitzt? Das sind ja nicht wenige.
(Beifall von den GRÜNEN –Vereinzelt Beifall von der SPD)
Dazu kommt noch, dass die Schattenbank BlackRock eigentlich an allen Großkonzernen und großen deutschen Unternehmen Beteiligungen hält. Wessen Interesse ist Friedrich Merz als Diener zweier Herren dann verpflichtet? Die notwendige Unabhängigkeit für diesen Job sehen wir daher nicht gegeben. Als Beauftragter der Landesregierung ist er zu allererst dem Gemeinwohl verpflichtet. Das ist eben nicht deckungsgleich mit dem Unternehmensinteresse eines weltweit agierenden Vermögensberaters. Das kann es auch gar nicht sein. Mich interessiert wirklich einmal seine Position. Ich würde gerne wissen, wie er zu folgenden Fragen steht: Wie trocknet man die Steueroasen in dieser Welt aus? Wie schafft man mehr Steuergerechtigkeit? Wie legt man eine gute Strategie zur Vermeidung von Gewinnverschiebung und aggressiver Steuerplanung an? Dazu würde mich die Meinung von Herrn Merz sehr interessieren. Außerdem möchte ich gerne wissen, wie er das alles übereinanderbringt, wenn er im Auftrag des Landes dann auch zum Wohle NRWs unterwegs ist. Hierzu brauchen wir dringend – das hätte eigentlich vor der Berufung passieren müssen – eine Erklärung der Landesregierung, die wir bislang vermissen. Da wird lapidar gesagt: Das ist ein Wirtschaftsexperte, der gut vernetzt ist und das schon prima kann. – Das reicht aus  unserer Sicht nicht.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Wir erwarten hier eine Erklärung, wie diese Interessenkonflikte aufgelöst werden sollen – aus meiner Sicht halte ich das nicht für möglich; das ist die Quadratur des Kreises – und wie diese Aufgabe durch einen Vertreter geleistet werden soll, der Diener nicht nur zweier Herren, sondern mehrerer Herren ist. Wie will er das mit seinen vielen Hüten hinbekommen? Wir halten das nicht für möglich, erwarten aber, dass hier mehr kommt als der lapidare Satz vom Ministerpräsidenten: Da haben wir einen guten Wirtschaftsexperten, der es schon richten wird. – So einfach ist das nicht.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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