Monika Düker: „Dazu gehören aber auch klare Integrationsangebote, Förderung der Sprachkenntnisse und andere Dinge mehr“

Antrag von SPD und GRÜNEN für ein modernes Einwanderungsgesetz

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Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fangen wir wieder einmal mit der Lebenslüge an, die ja heute auch schon bei der Debatte über die Einwanderung Thema war. Ja, die CDU hat durch Armin Laschet propagiert, dass sie damit aufhören will. Ich werbe in Richtung CDU noch einmal ausdrücklich dafür, dass wir auch beim Thema „Einwanderungsgesetz“ da etwas weiterkommen; denn es ist dringend notwendig, dass wir hier mit ein paar Lebenslügen aufräumen.
1999 hatten wir mit der ersten Initiative der damaligen rot-grünen Regierung noch einen Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz, das auch die Komponenten einer Einwanderung bzw. einer Arbeitsmigration enthielt. Im Bundesrat wurde das – seinerzeit unter Federführung von Roland Koch – dann alles rausverhandelt, sodass wir damals die große Chance vertan haben.
Schauen wir uns die Zahlen an. Wer kann heute nach Deutschland kommen? Neben Asyl und Familiennachzug sind das ein paar Höchstqualifizierte. 2014 haben ganze 30.000 Menschen einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit bekommen. Viele Studien – unter anderem von Prognos; ich kann aber auch andere zitieren – kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass wir aufgrund der Demografie eine Nettoeinwanderung von 500.000 Personen jährlich brauchen.
Angesichts dieser Situation fehlt in unserem deutschen Aufenthaltsrecht eindeutig die Komponente einer gesteuerten Arbeitsmigration, die ganz klar vom humanitären Aufenthaltstitel bzw. vom Asylrecht abgegrenzt ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Schauen wir uns jetzt einmal etwas an, was ich ganz spannend finde. Es gibt nämlich eine Möglichkeit, ins Land zu kommen, die viele nicht sehen, die aber zeigt, dass es doch geht. Im Zuge der Asylkompromisse haben wir im letzten Jahr im Bundestag und dann auch im Bundesrat einen sogenannten Einwanderungskorridor für die Westbalkanländer beschlossen. Wir haben also gesagt: Sichere Herkunftsländer, ja. Aber da wir ja sehen, dass diese Menschen nicht wirkliche Asylflüchtlinge sind, sondern tatsächlich zu uns kommen, um hier ein neues Leben zu beginnen, Arbeit aufzunehmen etc., eröffnen wir für sie einen Einwanderungskorridor. Wenn ihr einen Job nach § 26 Abs. 2 Beschäftigungsverordnung habt, dürft ihr kommen.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Wer hat das als Erster hier gefordert?)
– Ja, Herr Stamp fand das auch immer schon gut. Okay?
(Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)
Aber wir haben es im Bundesrat durchgesetzt. Und das war nicht leicht, Herr Stamp.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir konnten da leider nicht so sehr auf Ihre Hilfe setzen, weil Sie nicht mehr in allzu vielen Regierungen vertreten sind.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das kommt wieder! Keine Sorge!)
Aber wir sind uns an dieser Stelle sehr einig.
Und was passierte im letzten Jahr? Trotz riesiger bürokratischer Hürden sind von Januar bis September – dazu liegen mir Zahlen von der Bundesagentur vor – aus den Herkunftsländern Albanien, Bosnien, Montenegro, Mazedonien, Kosovo, Serbien, also aus den Balkanländern, insgesamt 3.963 Personen mit diesem Titel allein nach NRW eingewandert. Auf einmal sind sie gekommen. Schauen wir uns an, wie viele Asylanerkennungen wir für diese Personengruppe im gleichen Zeitraum hatten: 43.
Das zeigt doch, dass hier etwas gelungen ist, was wir mit dem Einwanderungsgesetz weiterführen müssen. Wir müssen davon wegkommen, dass Menschen, die ihre Sachen gepackt haben und bei uns völlig falsch im Asylsystem ankommen, nicht auf ein Einwanderungsticket umswitchen können, obwohl sie hier unter Umständen auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden. Wir brauchen einen zweiten Arbeitsmarkteinwanderungskorridor, auch – nicht nur, aber auch – um unser Asylsystem zu entlasten. Denn darin befinden sich sehr viele Menschen, die dort nicht hineingehören, denen man aber sehr wohl mit einer Arbeitsmigration ein anderes Angebot machen könnte.
Die Einwanderung aus den Westbalkanländern zeigt, dass es funktioniert und dass hier offenbar auch Bedarf nach diesen Arbeitskräften besteht. Das müssen natürlich sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sein. Ich schaue den Arbeitsminister an. Das ist alles korrekt. Das sind keine Dumping-Arbeitsplätze, sondern korrekte Arbeitsplätze. Dafür gibt es auch bei uns in NRW einen Bedarf. Diese Möglichkeit müssen wir grundsätzlich schaffen.
An dieser Stelle bin ich beim Kollegen Körfges. Es reicht dafür nicht aus, eine Zahl festzulegen, ein Punktesystem einzuführen und zu sagen: Alle, die hier einen Job haben, dürfen kommen. – Vielmehr müssen wir das, wie auch alle Erfahrungen aus den klassischen Einwanderungsländern zeigen, in ein Gesamtkonzept einbetten. Wir brauchen also eine Integrationsstrategie. Dazu gehört am Ende auch die Möglichkeit, leichter die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben –
(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])
um noch einmal zum Thema der Aktuellen Stunde zurückzukommen. Dazu gehören aber auch klare Integrationsangebote, Förderung der Sprachkenntnisse und andere Dinge mehr. Nur dann werden wir auch ein attraktives Einwanderungsland.
Alles das zusammen braucht endlich – endlich! – eine geordnete, gesteuerte Einwanderung über ein Einwanderungsgesetz.
Ich würde mich freuen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn Sie an dieser Stelle irgendwann einmal über Ihren Schatten springen und mit der Lebenslüge, dass Deutschland dies so nicht braucht, aufhören würden.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)