Michael Röls-Leitmann: „So kann diese Herausforderung der Wärmewende einfach nicht gelingen“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zum Gebäudeenergiegesetz

Portrait Michael Röls

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Als FDP belegen Sie mit diesem Antrag hier im Landtag noch einmal, wie schrecklich Sie das alles in der Ampel in Berlin finden. Das können Sie natürlich tun.

(Dietmar Brockes [FDP]: Nur das Gesetz!)

– Okay, ich höre, das ist nur das eine Gesetz.

(Zuruf von der CDU: Das wird jetzt überarbeitet!)

Mir brennt wirklich etwas auf der Seele. Ich habe ein großes Problem damit, wenn man über Wochen und Wochen Falschinformationen über die Inhalte des Gesetzentwurfs verbreitet und dann anfängt,

(Beifall von den GRÜNEN)

in diesem Antrag mit der Verunsicherung der Menschen zu argumentieren. Das ist einfach destruktiv.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist einfach destruktiv, und so kann diese Herausforderung der Wärmewende einfach nicht gelingen.

Ich möchte bei meiner Rede nicht, wie ich es schon in vorherigen Reden zum GEG und der Debatte um die Wärmewende gemacht habe, alle Redezeit dafür aufbrauchen, ausschließlich kleinteilig richtigzustellen, was dazu alles an falschen Informationen unterwegs ist. Was Sie mit Ihrem Antrag auch tun, ist, eine Vorlage darüber abzugeben, wie Sie es sich vorstellen, und dazu möchte ich ein paar Dinge sagen.

Eines noch: Der zweite Absatz des vorliegenden Antrags ist natürlich der Hammer. Dort schreiben Sie von Überarbeitungsbedarf, der gesehen wird und der im laufenden parlamentarischen Verfahren angemeldet und angemahnt wird. Das Verfahren läuft aber noch überhaupt nicht.

Wenn man diese Herausforderung wirklich angehen und das Gesetz besser machen will, damit es am Ende ein guter Aufschlag ist dafür, dass die Wärmewende in diesem Land gelingt, dann muss man sich auch trauen, sich der parlamentarischen Auseinandersetzung zu stellen. Dann soll man konkret werden. Dann soll man Anhörungen machen. Dann ist es ehrliche Politik.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der Antrag legt aber auch sehr grundsätzliche Dinge darüber offen, wie Sie auf diese Debatte gucken und was Ihr Ansatz ist.

Einerseits beklagen Sie den hohen zeitlichen Anpassungsdruck, der durchs GEG entstehen würde. Der zeitliche Anpassungsdruck kommt aber doch nicht durch das GEG zustande, sondern durch die grausame Realität der Klimakrise und durch die Tatsache, dass eine Heizung, wenn sie erst mal eingebaut ist, minimal 20 Jahre läuft.

Wir haben das Klimaziel „Klimaneutralität 2045“. Wenn man das ernst meint und wenn man die Klimawissenschaft, laut der das schon ziemlich spät gegriffen ist, ernst nimmt, dann ist doch vollkommen klar, dass wir in allen Bereichen einen hohen zeitlichen Anpassungsdruck haben. Das GEG ist nicht der Auslöser, sondern eine Antwort darauf.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Herr Kollege Röls-Leitmann, es liegt eine Zwischenfrage vom Kollegen Herrn Brockes vor. Möchten Sie diese gestatten?

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Ja, gestatte ich.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Sie haben das Wort, Herr Brockes.

Dietmar Brockes (FDP): Herr Kollege, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich denke, dass Ihnen nicht entgangen ist, dass wir den Antrag gestellt haben, um diese parlamentarische Debatte als Liberale zu führen. Von daher sehe ich Ihren Vorwurf nicht.

Umgekehrt ist in der parlamentarischen Debatte – ich habe es eben deutlich gemacht – wichtig, dass man auch mit einem möglichst guten Entwurf in die Runde geht, weil man sonst so scheitert wie Sie mit den Nachtragshaushalten.

Haben Sie – das ist meine Frage – eben zur Kenntnis genommen, welche Veränderungen, vier ganz große Bereiche, Ihr Parteifreund Herr Habeck angekündigt hat und damit auch wirklich den überwiegenden Teil des Gesetzes – wenn er es so macht, wie er es jetzt angekündigt hat – deutlich verändern wird? Könnten Sie sich vorstellen, dass das an der bisherigen Haltung der FDP gelegen hat?

(Zuruf von Fabian Schrumpf [CDU])

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Eine Frage.

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Ich habe die Ankündigungen vom Bundeswirtschaftsminister wahrgenommen, und ich nehme auch wahr, dass die ein ziemliches Stück von dem entfernt liegen, was Sie hier vorschlagen.

Ich finde, es ist an der Zeit, mit dem Märchen vom CO2-Zertifikatehandel, der beim Klimaschutz alles alleine lösen wird, aufzuräumen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ja, der CO2-Preis und der Zertifikatehandel sind ein Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Wenn man sich aber ansonsten komplett zurücklehnt und sagt, der Markt regele das schon alles, dann gibt es genau zwei mögliche Szenarien. Entweder verknappt man die Zertifikate so stark und lässt den CO2-Preis so stark ansteigen, dass es zu enormen sozialen Verwerfungen kommt, oder man lässt es gemächlich angehen, weil man niemanden groß belasten will. Dann bleibt der CO2-Preis für den Klimaschutz aber wirkungslos.

Das macht deutlich: Entweder ist Ihnen soziale Gerechtigkeit egal, oder Ihnen ist Klimaschutz egal – vielleicht sogar von beidem ein bisschen, und das wäre echt fatal.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von Ralf Witzel [FDP] und Tim Achtermeyer [GRÜNE])

Ich halte also fest: Zwischen dem, was der Bundeswirtschaftsminister angekündigt hat, und Ihren Vorstellungen, die Sie in dem Antrag skizziert haben, wie man das löst, liegen Welten von Unterschieden. Ich glaube, das ist auch genau richtig so, weil das GEG eine geeignete Antwort auf die Herausforderungen der Wärmewende, der Transformation unserer Heizungen in den Wohngebäuden sein soll.

(Beifall von den GRÜNEN)

Kollege Stinka, es tut mir fast schon ein bisschen leid, dass Sie mit Ihrem umfangreichen Entschließungsantrag in diese Debatte reingeraten. Ich finde es auch schade, dass der Antrag nicht an den Ausschuss überwiesen wird, weil jetzt alles in einen Topf geschmissen wird. Das wird Ihrem Antrag nicht komplett gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es stehen darin nämlich einige Punkte, die – da kann ich, glaube ich, für beide regierungstragenden Fraktionen sprechen – wir ganz ähnlich sehen, und andere, die wir unterschiedlich sehen.

Ich möchte nur einen Punkt herausgreifen, den auch Kollege Brockes angesprochen hatte: die Rolle der Gasverteilnetze, die Sie als ersten Punkt nennen.

Ich finde es total wichtig, dass die Sozialverträglichkeit im Mittelpunkt steht. Das ist ganz entscheidend, und darum wird es auch bei der Ausgestaltung dieser Transformation zentral gehen. Aber man darf nicht die Augen davor verschließen, dass es unglaublich teuer werden wird, wenn man alles über grüne Gase machen will, das Verteilnetz komplett bestehen bleibt und man alles mit Wasserstoff macht. Das ist keine sozialverträgliche Lösung für diese Transformation.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist angesprochen worden: Wir haben auch schon im vorliegenden Entwurf vom GEG eine mögliche Technologieoffenheit. Wir dürfen aber nicht verkrampft an alten Strukturen festhalten, sondern müssen gucken, wie wir diese Transformation hinbekommen können, damit sie auch in Zukunft sozialverträglich die Wärmeversorgung sicherstellen kann. Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Aspekt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Herr Kollege, es liegt eine weitere Zwischenfrage vor, und zwar von dem Abgeordneten Herrn Witzel von der Fraktion der FDP. Möchten Sie die Zwischenfrage gestatten?

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Ja, die gestatte ich.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Bitte schön.

Ralf Witzel (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Dr. Korte. Sie haben gerade …

(Michael Röls-Leitmann [GRÜNE]: Ich bin nicht Herr Dr. Korte, es tut mir leid! – Heiterkeit)

Entschuldigung.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Röls-Leitmann.

(Michael Röls-Leitmann [GRÜNE]: Genau! – Heiterkeit)

Ralf Witzel (FDP): Entschuldigen Sie vielmals.

(Michael Röls-Leitmann [GRÜNE]: Einen Doktortitel hab ich nicht!)

Ich habe mich so auf Ihren Inhalt konzentriert.

(Michael Röls-Leitmann [GRÜNE]: Wunderbar! – Heiterkeit)

Ich habe Ihren Ausführungen gerade entnommen, dass Sie großen Wert auf Sozialverträglichkeit legen. Es hat gerade in diesen Tagen – ich weiß nicht, ob Ihnen das bekannt geworden ist – von dem öffentlichen Unternehmen Allbau in meiner Heimatstadt Essen eine Berechnung gegeben – sie haben keinen Riesenanteil am Essener Wohnungsbestand –, was Habecks Gesetz den öffentlichen Wohnungsbaukonzern jetzt kostet. Das macht Investitionen von 400 Millionen Euro aus.

Allbau sagt: Selbstverständlich werden wir das auf die Mieten umzulegen haben.

Es kann ja auch nicht Aufgabe des Steuerzahlers sein, das alles durch Subventionen zu bezahlen.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Herr Witzel, die Frage bitte.

Ralf Witzel (FDP): Meine Frage ist: Was sagen Ihnen diese Beispiele aus der Realität für Ihren Anspruch von Sozialverträglichkeit?

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Herrn Brockes gefällt die Frage, wunderbar! – Herzlichen Dank für die Frage. Sie gibt mir die Möglichkeit, mit einem Missverständnis, das wir grundsätzlich in der Debatte haben, aufzuräumen, nämlich dass immer durcheinandergeworfen wird, dass es natürlich in einigen Bereichen Investitionskosten gibt, es gibt aber auch Betriebskosten. Ein Festhalten z. B. an Gasheizungen mit dem bereits beschlossenen Rahmen des CO2-Zertifikatehandels führt ab 2027 zu unfassbar stark steigenden Gaspreisen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dem sind Mieterinnen und Mieter über die Warmmiete auch ausgesetzt.

Deswegen ist der Kernpunkt: Ja, wir haben Investitionskosten, und dafür gerade noch die Überlegungen für die Fördermöglichkeiten konkretisiert, um sie bestmöglich abzufangen. Ich glaube, das ist deutlich; denn damit schützen wir Mieterinnen und Mieter künftig vor Betriebskosten, die ihnen komplett um die Ohren fliegen werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, man könne sich zurücklehnen und bloß nicht investieren.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ihre Vorschläge im Antrag führen zu noch weiter steigenden Betriebskosten, wenn wir einfach nichts tun. Deswegen ist es für den Aspekt der Sozialverträglichkeit wichtig, zu verstehen, dass es einerseits Investitionskosten gibt, andererseits aber auch sehr hohe Betriebskosten, wenn man nichts tut. Das ist ein ganz wichtiges Kernmissverständnis in dieser Debatte.

Es wird nicht ohne Investitionen bei dieser Transformation gehen; das ist richtig. Aber wenn wir nicht investieren, dann wird es für alle nur noch viel teurer, und am allerschlimmsten kommt es dann für diejenigen in unserer Gesellschaft, die wenig haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, wie viel Redezeit ich noch übrig habe. Eine Sekunde? Das ist sehr wenig. Dann möchte ich zum letzten Satz kommen.

Die Wärmewende ist eine große Herausforderung. Die Wärmeversorgung muss sozialverträglich sein und klimaneutral werden, und dabei darf der Industrie und anderen Regionen weltweit nicht der Weg zur Klimaneutralität verbaut werden. Diese Herausforderung meistert man nicht ohne jegliches Verbot, mit einem CO2-Preis alleine, aber auch nicht mit einer Strategie, die sich aus lauter Angst vor Transformation an alte Strukturen klammert. Die vorliegenden Anträge lehnen wir ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Mehr zum Thema

Energie & Klimaschutz