Michael Röls: „Die Beschleunigung und Vereinfachung aller Verfahren für den massiven Ausbau von Windenergie und Solaranlagen ist ein Kraftakt“

Zum Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsgesetz 2023, Einzelplan Klimaschutz und Energie - zweite Lesung

Portrait Michael Röls

Michael Röls (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! An Sie gerichtet, Herr Brockes: Wer in Nordrhein-Westfalen über das Revival der Atomkraft spricht, dem geht es nicht um die Zukunft von Nordrhein-Westfalen, sondern um irgendwelche ideologischen Grundsatzdebatten. Dafür haben wir hier aber keine Zeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Mit dem Einzelplan 14 machen wir uns als neue Regierungskoalition auf den Weg in Richtung klimaneutraler Transformation des Landes. Ich sage es am Anfang der Rede, und ich sage es gerne immer wieder: Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist der Schlüssel hin zu dieser Transformation.

(Marcel Hafke [FDP]: Ja, macht doch mal!)

Die Beschleunigung und Vereinfachung aller Verfahren für den massiven Ausbau von Windenergie und Solaranlagen ist ein Kraftakt,

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP] – Zuruf von Wibke Brems [GRÜNE] – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: 1.000-m-Abstandsregel, Herr Kollege! – Weitere Zurufe von Marcel Hafke [FDP] – Glocke)

und wir müssen viele Hürden überwinden und manchmal auch einreißen. Dass diese Prozesse manchmal Zeit brauchen, bis sie Wirklichkeit werden, ist auch für mich oft eine Geduldsprobe.

Spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine sollte uns aber allen klar sein, dass wir vor riesigen energiepolitischen Herausforderungen stehen. Die verschlafene Energiewende trägt maßgeblich dazu bei, dass wir seit Monaten über Preisbremsen, Hilfen und Sondervermögen diskutieren. Herr Brockes, ganz ehrlich: Das sind doch auch Ihre Versäumnisse. Es sind Ihre Versäumnisse in der Energiepolitik, die wir gerade ausbaden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie nehmen den Mund in der aktuellen Situation ziemlich voll, wie ich finde.

Wie abhängig die nordrhein-westfälische Wirtschaft von den Entwicklungen auf dem Energiemarkt ist, wird uns nun mit aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Wir brauchen die Erneuerbaren jetzt mehr denn je im Kampf gegen die Klimakrise sowie für die Versorgungssicherheit in unserem Land.

Dass in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum allerdings 13,3 % mehr Strom aus Kohlekraftwerken kam, ist für das Klima eine desaströse Nachricht. Erst in dieser Woche ist durch eine Studie nochmals bestätigt worden, dass die Strompreise nur bei einem massiv beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2025 deutlich sinken können. Ich wiederhole: nur bei einem massiv beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien – da ist nicht von Atomkraft die Rede.

(Heiterkeit von Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie)

Das zeigt doch, dass unser Antrieb sein muss, die Anstrengungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu erhöhen, um so einen elementaren Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität in Nordrhein-Westfalen zu leisten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch wenn die Rufe danach – das gilt für einige Fraktionen mehr als für andere – laut sind: Wir stellen den Klimaschutz und die Energiewende angesichts dieser Energiekrise nicht auf das Abstellgleis. Im Gegenteil: Mit diesem Haushalt investieren wir in Unternehmen, in Kommunen und in die Menschen in diesem Land. Wir befähigen sie alle, mutige Veränderungen für mehr Klimaschutz zu wagen. Wir stehen an der Seite derer, die vorangehen wollen, denn die Energiewende und die klimaneutrale Transformation sind nur gemeinsam zu schaffen.

Deshalb macht mich Ihr Änderungsantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, tatsächlich ein bisschen fassungslos. Die Mittel für die Förderung des Klimaschutzes und die Transformation in der Industrie sollen auf null herabgesenkt werden. Damit zeigen Sie doch wieder Ihr wahres Gesicht. Sie sagen, dass das alles der Markt regle. Aber derzeit werden die Spielräume vieler Unternehmen dafür, die nötigen Investitionen vornehmen zu können, doch kleiner. Gerade jetzt braucht es diese Unterstützung, und Sie wollen sie auf null senken. Damit zeigen Sie wieder, wie wichtig Ihnen der Klimaschutz ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Und uns werfen Sie es vor. Das ist doch Wahnsinn.

Wer die Pressemeldungen, die wir alle regelmäßig erhalten, aufmerksam liest, weiß, dass die Zeit und uns davon läuft. Täglich warnen Wissenschaftler*innen vor den fatalen Folgen der Klimakrise und appellieren an die Politik, endlich wirksame und weitreichende Maßnahmen zu beschließen. Seit Jahrzehnten demonstrieren Menschen weltweit und auch in Nordrhein-Westfalen gegen die Ausbeutung unseres Planeten, für eine klimafreundliche Zukunft und im Grundsatz auch für unsere Lebensgrundlage.

Die Klimakrise ist einer der Hauptgründe, weshalb Menschen sorgenvoll in die Zukunft blicken – aktuell natürlich neben Fragen der Inflation und der wirtschaftlichen Situation. Meine eigene Generation verspürt diese Ängste häufig noch deutlicher.

Aufgabe dieses Parlaments und auch dieser Landesregierung ist es, Verantwortung zu übernehmen, Sorgen ernst zu nehmen, wissenschaftliche Appelle in unsere Arbeit einzubinden und zu handeln. Mit diesem Einzelplan 14 des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie legen wir die Grundlage für das politische Handeln der Zukunftskoalition in diesem Bereich.

Für einiges, was uns im Klimaschutz und in der Energiewende voranbringt, braucht es gesetzliche Rahmenbedingungen, für anderes braucht es öffentliches Geld. Die verfügbaren finanziellen Spielräume sind klein. Das haben wir schon häufig – auch gestern an diesem langen Plenartag – gehört. Wir nutzen die finanziellen Spielräume, die wir haben, bestmöglich für mehr Klimaschutz und eine beschleunigte Energiewende.

Wir investieren 343 Millionen Euro in die Energiewende und in den Klimaschutz. An entscheidenden Stellen haben wir die Mittel erhöht oder verstetigt. So stellen wir beispielsweise für einen zielgenauen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und -forschung mehr als 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Das ist ein wichtiges Signal an die Industrien und Sektoren, die nicht elektrifiziert werden können und die über kurz oder lang auf die Anbindung an grünen Wasserstoff angewiesen sein werden.

Klar ist aber auch: Grüner Wasserstoff ist kein Allheilmittel, das flächendeckend zur Verfügung stehen wird. Ebenso zentral ist und bleibt deshalb der Ausbau von Photovoltaik und Windenergie auf allen verfügbaren Flächen Nordrhein-Westfalens sowie der Netzausbau. Hier brauchen wir endlich mehr Tempo.

In diesem Haushalt stärken wir ganz bewusst den kommunalen und gesellschaftlichen Klimaschutz. Wir unterstützen unsere Kreise und Städte bei der kommunalen Wärmeplanung, indem wir wichtige Basisdaten und Gelder zur Verfügung stellen. Auch für den Ausbau von Wärmenetzen und Energiespeicher nehmen wir mehr Geld in die Hand. Damit wird unser Energiesystem flexibler und sicherer.

Einen wichtigen Beitrag zur Energiewende kann auch die tiefe Geothermie leisten, für die im Haushalt erstmals ein eigenes Kapitel geschaffen wurde. Das ist sehr gut. Mit diesen finanziellen Mitteln können wir wichtige Grundlagenarbeit in diesem Bereich finanzieren.

Es braucht keinen Blick in die Glaskugel, um vorherzusagen, dass das Jahr 2023 herausfordernd sein wird; denn die multiplen Krisen dieser Zeit werden sich nicht einfach in Luft auflösen. Umso mehr brauchen wir eine politische Landschaft, die einen klaren Kompass hat und sich nicht von den vermeintlichen Sicherheiten der fossilen Vergangenheit täuschen lässt.

Wir als Zukunftskoalition wollen ein neues Zeitalter einläuten und NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas machen. Der Einzelplan 14 ist dafür der richtige Aufschlag. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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