Meral Thoms (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir über ein Thema, das viele Frauen betrifft, auch mich: die Wechseljahre. Wechseljahre – das muss klar gesagt sein – sind keine Krankheit, aber sie fordern Frauen körperlich und seelisch heraus. Betroffen sind laut SPD-Antrag neun Millionen Frauen in Deutschland im Alter zwischen 40 und 55. Tatsächlich ist der Kreis der Betroffenen noch viel größer; denn die Beschwerden können auch noch im höheren Alter auftreten. Zu den häufigsten Symptomen zählen Schlaflosigkeit, Erschöpfung, Hitzewallungen, depressive Verstimmungen.
Viele der Frauen im mittleren Alter kämpfen mit Mehrfachbelastungen. Sie tragen Verantwortung im Beruf, sie kümmern sich nicht selten auch noch um die Kinder und sorgen sich gleichzeitig um die Eltern, die älter werden; vielleicht sind sie pflegende Angehörige. Diese Mehrfachbelastungen führen ohnehin schon zu Erschöpfung und zu Stress, und genau in dieser Lebensphase kommen dann die Wechseljahrsbeschwerden hinzu. Stress wiederum kann die Wechseljahrssymptome verstärken, und nicht selten ist das ein Teufelskreis.
Ja, es ist wichtig, zu wissen: Wechseljahrsbeschwerden können durchaus medizinisch behandelt werden. Betroffene Frauen müssen hierzu aber informiert werden, und hier spielen Hausärztinnen und Hausärzte, Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie der Öffentliche Gesundheitsdienst eine zentrale Rolle.
Eine breit angelegte Landeskampagne, wie sie von der SPD zur Aufklärung gewünscht wird, kann man fordern. Aber, liebe SPD, woher soll eigentlich in Zeiten knapper Kassen das Geld kommen?
Die Unterstützung der Frauen bei einem gesunden Lebensstil sollte mittlerweile selbstverständlich sein. Die gesetzlichen Krankenkassen fördern bereits heute Präventionskurse in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Entspannung und Stressmanagement. Ob jetzt zusätzliche Angebote, wie sie im Antrag gefordert werden, wirklich einen Mehrwert bringen, bezweifle ich. Denn mit den bestehenden Präventionskursen wird bereits heute gerade die Zielgruppe der Frauen zwischen 40 und 55 gut erreicht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der Antrag der SPD scheint auf den ersten Blick die Bedürfnisse der Frauen in der Menopause zu adressieren, und es gibt wichtige Punkte, die ich auch teile. Und ja, indem wir diesen Antrag heute debattieren, tragen wir zu dieser dringend notwendigen Enttabuisierung des Themas bei. Das ist enorm wichtig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass der Antrag sehr stark auf den Arbeitsmarkt und die ökonomischen Auswirkungen der Menopause fokussiert ist. Die SPD argumentiert, dass der US-Wirtschaft jährlich 1,8 Milliarden Dollar durch Arbeitsausfälle aufgrund der Wechseljahre und der Beschwerden entgehen. Sie fordert, dass wir Forschung zu den ökonomischen Auswirkungen der Wechseljahre finanzieren.
Wir brauchen mehr Forschung zu den Wechseljahren. Da stimme ich Ihnen absolut zu. Aber wo ich Ihnen nicht zustimme, ist die Priorisierung der Forschungsfelder. Was wir gerade nicht brauchen, ist noch mehr Forschung, die Frauen unter Druck setzt und darauf abzielt, dass sie auch im höheren Alter ohne Arbeitsausfälle ganz einfach funktionieren müssen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Was wir stattdessen brauchen, ist Forschung, die die Frau in den Mittelpunkt nimmt, die hilft, ihre Ressourcen, ihr Potenzial und auch mögliche Hürden zu verstehen.
Und natürlich geht es auch um die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung. Dazu gehört zum Beispiel auch die Frage, welche evidenzbasierten Therapien aus der Naturheilkunde Wechseljahrsbeschwerden lindern können.
Wichtig ist auch, dass wir einfach mal die Perspektive ändern und untersuchen, welche Chancen diese Zeit des Wandels für Frauen bietet. Wie können Frauen von dieser wichtigen Lebensphase profitieren? Frauen in der Lebensmitte bringen nämlich ein enormes Potenzial für den Arbeitsmarkt mit. Sie haben nicht nur Lebenserfahrung, sondern in der Regel auch umfassendes berufliches Wissen, und sie haben die eine oder andere Krise schon erfolgreich gemeistert.
Wir müssen die Frauen in den Mittelpunkt stellen – nicht die Arbeitsmarktstatistik. Wir sollten nicht fragen, welchen ökonomischen Ausfall Frauen in den Wechseljahren verursachen, sondern wie genau Unternehmen Rahmenbedingungen schaffen können, damit Frauen in der Lebensmitte ihr volles Potenzial entfalten können.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir die Wechseljahre nicht nur als ökonomisches Problem betrachten, sondern als das, was sie ganz einfach sind: eine wichtige Phase im Leben jeder Frau, die bei Bedarf Unterstützung und medizinische Hilfe erfordert, die aber auch eine kraftvolle Zeit des Wandels sein kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der SPD greift ein wichtiges Thema auf, aber er greift zu kurz. Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)