Meral Thoms: „Wir brauchen weder mehr Kontrollen noch mehr Bürokratie“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zur Gesundheitspolitik

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Krankheit gehört ganz einfach zum Leben dazu. Das wissen wir alle. Es ist eine große gesellschaftliche Errungenschaft, dass Menschen sich krankschreiben lassen können, ohne direkt finanzielle Einbußen befürchten zu müssen. Gerade die Einführung des Krankengeldes markierte im 19. Jahrhundert den Beginn der gesetzlichen Krankenversicherung.

Das Aufkommen von Krankheit im Erwerbsleben wird im Zuge des demografischen Wandels, in dem wir uns befinden, eher noch zunehmen. Die Menschen arbeiten heute länger und in höherem Alter, und das Alter – das wissen wir alle – ist einer der Top-Risikofaktoren für diverse Erkrankungen. Hier brauchen wir smarte Lösungen. Der vorliegende Antrag enthält keine davon.

Im Antrag wird der kranke und damit der verletzliche Mensch nur im Sinne seiner Verwertbarkeit betrachtet. Das menschliche Leid, das mit Krankheit einhergeht, wird schlicht ausgeblendet.

Digitale Arbeitserleichterungen – gerade für das gebeutelte medizinische Personal – wie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werden mit Skepsis betrachtet. Dabei geben Sie selbst zu, dass wir es hier wahrscheinlich mit einem Rückgang der Dunkelziffer zu tun haben.

Wir lesen im Antrag zudem, dass Menschen sich seit der Coronapandemie mit einer Erkältung oder Grippe nicht mehr zur Arbeit schleppen. Die Begründung der AfD lautet, dass sie dies nicht mehr tun, weil sie eine Stigmatisierung fürchten. Wie ironisch ist das? Gerade die Partei, die Stigmatisierung so oft einsetzt, beschwert sich hier über Stigmatisierung.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Personen mit Infektionskrankheiten sollen nun das ganze Wartezimmer anstecken. Was ist das für ein verqueres Weltbild, wenn die Menschen doch für ihre Erkrankung Verantwortung übernehmen, sich auskurieren und vor allem ihre Kolleginnen und Kollegen schützen wollen? Ausgerechnet da sieht die AfD ein neues gesellschaftliches Problem.

Wir brauchen weder mehr Kontrollen noch mehr Bürokratie. Die Krankenkassen erstellen nämlich bereits umfassende Monitorings. Wir müssen hingegen bei den Menschen ansetzen und Prävention und Gesundheitsförderung in ihren Lebenswelten stärken. Die Novellierung des ÖGD-Gesetzes ist ein wichtiger Schritt. Weitere Schritte werden folgen.

Wir sehen es hier wieder: Die AfD versucht mit immer gleichen Mustern, Ängste zu schüren und die Alterssorgen der Menschen ideologisch aufzuladen. Wir hingegen setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der Menschen offen über gesundheitliche Belastungen sprechen können, ohne Angst vor Stigmatisierung.

Höhere Krankenstände müssen wir bekämpfen – das ist klar; da sind wir uns einig –, und zwar durch den Abbau von Belastungen am Arbeitsplatz, die Stärkung des Arbeitsschutzes und die Förderung gesunder Lebenswelten. Reißerische Überschriften wie diejenige des Antrags helfen uns da kein Stück weiter. Wir lehnen den vorliegenden Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Mehr zum Thema

Gesundheit