Meral Thoms: „Unser Blut ist kostbar, aber leider zunehmend knapp“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zu Blut- und Plasmaspenden

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Blutspenden rettet Leben. Dieser vielzitierte Satz hat auch heute am Weltblutspendetag nichts an Aktualität verloren. Jährlich werden in Deutschland ungefähr 3 Millionen Blutkonserven genutzt. Jede zweite Person in Deutschland hat schon einmal Blut oder Plasma gespendet.

Wo kommen diese Blutspenden zum Einsatz? Ich nenne Ihnen ein konkretes Beispiel aus meinem Wahlkreis Viersen aus einer onkologischen Praxis. Dort wird eine junge Frau mit Thalassämie behandelt. Das ist eine angeborene, lebensgefährliche Bluterkrankung. Diese junge Frau bekommt schon seit Jahren in dieser Praxis Blutkonserven, und sie hat unter dieser Behandlung vor einigen Monaten eine gesunde Tochter entbunden.

Ohne regelmäßige Blutkonserven wäre diese junge Frau schon längst gestorben. Dank der Blutspenden kann sie einen normalen Alltag leben und ihre Tochter aufwachsen sehen. An dieser Stelle sage ich ganz herzlichen Dank an alle Blutspenderinnen und Blutspender, dass Sie das möglich machen.

Unser Blut ist kostbar, denn es rettet in unseren Praxen und Kliniken jeden Tag Menschenleben: nach schweren Unfällen – das haben wir schon gehört –, bei Operationen oder zur Behandlung lebensbedrohlicher Krankheiten. Blut ist ein faszinierender Stoff. Es ist Transportmittel für Sauerstoff, Nährstoffe und Hormone, und es wehrt Krankheitserreger ab.

Trotz unseres großen medizinischen Fortschritts ist nur der menschliche Körper in der Lage, Blut herzustellen. Deswegen ist es wirklich lebenswichtig, dass Blut gespendet wird. Wir haben einfach keine andere Quelle, um schwerstkranke Patientinnen zu versorgen. Wir brauchen die Hilfsbereitschaft unserer Mitmenschen.

Blut zu spenden, ist also auch Ausdruck zwischenmenschlicher Solidarität. Darum ist es so zentral, dass niemand vom Blutspenden ausgeschlossen wird. Sexuelle Orientierung, zum Beispiel Homosexualität, darf bei Blutspenden kein Ausschlusskriterium mehr sein. Dafür haben wir uns in der Bundesregierung erfolgreich eingesetzt, und das ist auch gut so.

(Beifall von den GRÜNEN)

Unser Blut ist kostbar, aber leider zunehmend knapp. Die Spendenbereitschaft bei älteren Menschen ist stark ausgeprägt – das haben wir eben schon gehört – bei jüngeren lässt sie nach, bzw. sie ist nicht so stark ausgeprägt. Deswegen ist es gut, dass wir heute am Weltblutspendetag dieses Thema auf der Agenda haben. Wir müssen die Spendenbereitschaft erhöhen und über neue Wege nachdenken: zielgruppengerechte Ansprachen und natürlich auch Kommunikation in den vielen Sprachen, die bei uns in NRW gesprochen werden.

Wir müssen auch über die gesundheitlichen Vorteile der Blutspende reden, als ganz wichtige Argumente, um Menschen zu überzeugen. Das haben wir im Antrag der SPD vermisst. Es gibt zahlreiche positive Wirkungen von Blutspenden auf die Spenderinnen und Spender, zum Beispiel bei Bluthochdruck oder auch –

(Zuruf von Susanne Schneider [FDP])

– genau, der Antrag der FDP – beim Gesundheitscheck.

Für mehr Blutspenden zu motivieren, eint uns, die SPD, die FDP und uns alle hier. Wir alle setzen uns fraktionsübergreifend seit Jahren für dieses Ziel ein.

Ihr Antrag, liebe FDP, enthält viele richtige Punkte. Vieles ist bekannt, aber es ist gut und wichtig, immer wieder über dieses Thema zu sprechen. Allerdings können wir so, wie der Antrag formuliert ist – Kollegin Gebauer hat es auch schon gesagt –, nicht in Gänze zustimmen. Warum ist das so?

Sie fordern von der Landesregierung, dass sie sich dafür einsetzt, dass Spenderinnen und Spender über den Einsatz der Blutspende über eine Dank-SMS informiert werden. In Vorbereitung auf diese Rede habe ich mich mit Transfusionsmedizinerinnen unterhalten, und es wurden in diesen Gesprächen zahlreiche Fragen aufgeworfen – Fragen des Datenschutzes, aber auch Fragen nach passenden IT-Lösungen in den Praxen und Kliniken. Wie soll dieser SMS-Versand erfolgen? Wer trägt die Kosten dafür im Gesundheitssystem? Wie viel Zeit bräuchte man, um solch ein System zu implementieren, und wie passt das eigentlich in den hektischen Praxisalltag, den die Beschäftigten sowieso schon haben, vor allem in der Notfallversorgung?

Eine ganz interessante Frage ist auch: Nutzen junge Menschen, die Sie ansprechen wollen, überhaupt noch SMS? Vielleicht ist es bei Ihnen noch nicht angekommen, aber SMS ist bei jungen Menschen nicht mehr das Kommunikationsmittel der Wahl. Diese Fragen müssten erst einmal beantwortet werden, und so nett die Idee eines SMS-Dankes auch ist: Es ist fraglich, ob der skizzierte Aufwand – auch der bürokratische Aufwand – und der Nutzen überhaupt in einem Verhältnis stehen.

Deswegen hätten wir gerne, wie auch Frau Kollegin Gebauer es gesagt hat, einen gemeinsamen Antrag gemacht und diese SMS-Lösung ergebnisoffen geprüft.

Leider war dieser sehr naheliegende Kompromiss mit Ihnen, liebe FDP, nicht möglich. Das ist ziemlich entlarvend. Hier drängt sich wirklich die Frage auf, wie wichtig Ihnen dieses Thema von der Sache her ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Selbstverständlich unterstützen wir alle Aktionen zur Förderung von Blutspenden auf Bundes- und auf Landesebene, und wir werden uns auch weiterhin mit aller Kraft dafür einsetzen.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Es gibt …

Meral Thoms (GRÜNE): Ich möchte zum Schluss an alle Kolleginnen appellieren: Nutzen Sie Ihre Rolle als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Nutzen Sie Ihre Reichweite, um im ganzen Land für Blutspenden zu werben. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Liebe Kollegin Frau Abgeordnete Thoms, es gibt eine Zwischenfrage. Ich konnte Sie in Ihrem Redefluss leider nicht frühzeitig unterbrechen. Würden Sie die vielleicht noch zulassen? Sie kommt von der Abgeordneten Schneider.

Meral Thoms (GRÜNE): Ja.

Susanne Schneider (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Thoms, ich staune jetzt schon, dass Sie sagen, es sei entlarvend, weil wir nicht bereit waren, mit Ihnen und der CDU einen gemeinsamen Antrag zu machen, aus dem letztendlich nur als Quintessenz ein Prüfauftrag für das Ministerium hervorgegangen wäre. Wir hatten auch angeboten, eine Modellregion in Nordrhein-Westfalen zu machen. Das wollten Sie auch nicht. Ganz so heilig, wie Sie da vorne gerade tun, sind Sie wirklich nicht.

(Beifall von der FDP und der SPD)

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Die Wortmeldung war hier als Zwischenfrage angemeldet worden. Die Frage habe ich jetzt nicht heraushören können.

Susanne Schneider (FDP): Ich wollte das einfach noch mal klarstellen und der Kollegin die Möglichkeit geben, das richtigzustellen – Fragezeichen.

Vizepräsidentin Berivan Aymaz: Es ist keine Kurzintervention, sondern eine Zwischenfrage gewesen. Ich bitte darum, dass dann auch wirklich eine deutlich hörbare Frage gestellt wird. – Bitte schön, Frau Thoms.

Meral Thoms (GRÜNE): Vielen Dank. Das gibt mir die Möglichkeit, zu betonen – ich habe das auch in meiner Rede gemacht –, wie wichtig dieses Thema ist, mit wie viel Energie wir uns für dieses Thema einsetzen. Herr Minister Laumann wird auch gleich noch einmal betonen, dass wir sehr viele richtige Punkte in diesem Antrag gesehen haben, dass wir aber unserem Gesundheitssystem nicht noch ein zusätzliches bürokratisches System, von dem der Nutzen nicht ganz klar ist, ohne eine Prüfung aufbürden möchten.

Ich denke, eine Prüfung, bevor wir irgendetwas in die Wege leiten, ist ein ganz legitimer Anspruch. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn Sie sich darauf eingelassen hätten. Dann wäre es ein gemeinsamer Antrag und ein sehr gutes Signal aus dem Plenum zum heutigen Weltblutspendetag gewesen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mehr zum Thema

Gesundheit