Meral Thoms: „Für uns ist selbstverständlich, dass der Gesundheitsschutz in der Klimakrise ein Thema ist“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Vorsorge bei Hitzewellen

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier schon häufig über das Thema „Hitzeschutz“ debattiert, und mittlerweile sollte uns allen klar sein, dass die Klimakrise voranschreitet. Das heißt, dass in NRW Hitzewellen in Zukunft zunehmen werden.

Hitze belastet uns alle. Hitze belastet unsere Körper. Hitze belastet vor allem die Älteren, Kleinkinder, Schwangere und vulnerable Gruppen wie Obdachlose. Im vergangenen Jahr gab es allein in Deutschland mehr als 3.000 hitzebedingte Tote zu beklagen, und jedes Hitzeopfer ist selbstverständlich eines zu viel.

Wenn Sie, liebe SPD, meinen, Sie hätten mit diesem Antrag heute ein neues Thema auf die Agenda gebracht, muss ich Ihnen sagen, dass Sie reichlich spät kommen.

(Rodion Bakum [SPD]: Das kommt jedes Jahr wieder!)

Das Land und viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind in Sachen Hitzeschutz schon längst auf dem Weg. Ich nenne Ihnen schlaglichtartig ein paar Stichworte.

Stichwort „Aufklärung“: Das Landeszentrum für Gesundheit betreibt das Portal „Hitze und Gesundheit“, das sich sowohl an die Bevölkerung als auch an Fachpersonal richtet und aufklärt.

Stichwort „Beratung und Vernetzung“: Das LZG hat ein Netzwerk „Hitzeschutz“ mit allen Akteuren des Gesundheitswesens eingerichtet und berät die Kommunen bei der Erstellung von Hitzeschutzplänen.

Stichwort „Finanzen“: In Zeiten knapper Kassen haben wir für Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen im Krankenhaus mehr als 800 Millionen Euro bereitgestellt, um sicherzugehen, dass unsere Krankenhäuser für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet sind.

Stichwort „Stadtentwicklung“ – auch das gehört dazu –: Mit der neuen Landesbauordnung haben wir Schottergärten endlich eine klare Absage erteilt und setzen verstärkt auf Hitzeschutzmaßnahmen wie Vorgärten und Fassadenbegrünungen.

Ich nenne nicht zuletzt das Stichwort „Wasser“: Wasser ist eine überlebenswichtige Ressource, und zum Hitzeschutz gehören selbstverständlich sauberes Trinkwasser und Wasser zur Erfrischung. In der Enquetekommission „Wasser in Zeiten der Klimakrise“, die wir initiiert haben, muss deshalb auch der Gesundheitsschutz der Bevölkerung aufgegriffen werden.

Für uns ist selbstverständlich, dass der Gesundheitsschutz in der Klimakrise ein Thema ist, das weit über den Hitzeschutz hinausgeht und das in allen Politikfeldern angepackt wird.

Zurück zum Antrag: Der Antrag fokussiert auf ein Symptom der Klimakrise, nämlich die Hitze. Die zentrale Frage nach der Entstehung der gesundheitlichen Gefahren der Klimakrise, die mitgedacht werden muss, wird aber nicht gestellt.

Wir kämpfen in Europa, im Bund, im Land und in jeder Kommune in NRW mit beachtlichem Erfolg dafür, die Ursachen der Klimakrise zu bekämpfen. In Deutschland ist die Treibhausgasemission im Jahr 2023 um 10 % gesunken. Diese deutliche Reduktion ist ein großer Erfolg grüner Wirtschaftspolitik, die im Bund und bei uns in NRW auf erneuerbare Energien setzt.

Liebe SPD, der „Wünsch-dir-was-Katalog“ – so muss man ihn nennen – in Ihrem Antrag ist wieder einmal lang. Allerdings bleibt, wie so häufig, die Frage offen, wie sich dieser Katalog finanzieren und vor allem umsetzen lässt.

Für uns gilt, dass wir die Ursachen der Klimakrise entschlossen bekämpfen und die Bevölkerung vor bereits entstandenen Risiken schützen. Liebe SPD, lassen Sie uns daher den Fokus nicht nur auf die Folgen der Klimakrise richten, sondern auch gemeinsam an den Ursachen arbeiten.

Dabei ist ein wichtiger Hebel unser Gesundheitswesen selbst, weil es für 5,2 % des nationalen CO2-Ausstoßes verantwortlich ist. Es ist deshalb an der Zeit, dass die Nachhaltigkeit neben der Wirtschaftlichkeit und der Qualität als Leitprinzip im Fünften Buch Sozialgesetzbuch verankert wird.

Wir stimmen der Überweisung des Antrags in den Fachausschuss zu und freuen uns auf die dortige Debatte. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Christof Rasche: Es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Bakum. Darf sie gestellt werden?

Meral Thoms (GRÜNE): Ja.

Vizepräsident Christof Rasche: Der Kollege Bakum stellt jetzt seine Frage. Bitte.

Rodion Bakum (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau Kollegin Thoms. Mein Finger juckte mehrmals, um eine Frage zu stellen. Sie haben den Antrag als „Wünsch-dir-was-Katalog“ bezeichnet. Ihre Partei ist Mitglied der Bundesregierung, die bereits einen Musterhitzeaktionsplan mit ganz vielen Punkten umgesetzt hat, die wir heute von der Landesregierung fordern. Ist es aus Ihrer Sicht daher auch ein „Wünsch-dir-was-Katalog“, was Ihre grüne Bundesregierung mit beschlossen hat?

Vizepräsident Christof Rasche: Wir kommen jetzt zur Antwort.

Meral Thoms (GRÜNE): Natürlich haben wir Hitzeaktionspläne, und bei Hitzeschutzplänen, die ein Teil Ihres Antrags sind, berät – darauf bin ich schon eingegangen – das LZG. Ihr Antrag hat die aber natürlich auch eine Menge anderer Maßnahmen, bei denen wir sehr darüber diskutieren könnten, wie das im Detail umzusetzen ist.

Ich bin in meiner Rede extra nicht darauf eingegangen, aber wir haben uns zum Beispiel zu der Forderung nach freier Sonnencreme in Schwimmbädern und in Freibädern viele Fragen gestellt. Es gibt unterschiedliche Hauttypen, und welche Art von Sonnenschutz sollte man hier nehmen? Sollten wir einen für alle oder einen mittleren nehmen?

(Rodion Bakum [SPD]: Am besten einen ohne Weichmacher!)

Wenn der mittlere Sonnenschutz bei hellen Hauttypen wie mir nicht reicht, was macht man dann? Bekommen die Menschen einen Sonnenbrand? Sind wir dafür womöglich haftbar? Wer kontrolliert das?

Es gibt also unabhängig von Fragen der Finanzierung sehr viele Detailfragen, und so könnten wir weitergehen. Wir haben aber noch genügend Zeit, um im Fachausschuss zu diskutieren. Ich freue ich mich darauf.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)