Meral Thoms: „Es darum, den Schmerz der Mütter und der Familien respektvoll anzuerkennen“

Zum Antrag der Fraktionen von SPD und FDP zum gestaffelten Mutterschutz

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Fehl-, Tot- oder, wie man es auch nennt, Stillgeburt ist für Frauen, ist für Familien eine traumatische Erfahrung. Das hat auch die Anhörung zum FDP-Antrag „,Sternenkinderʻ verdienen mehr Aufmerksamkeit“, der noch im Verfahren ist, sehr eindrücklich gezeigt.

Wir wollen Mütter zu jedem Zeitpunkt unterstützt wissen, körperlich und mental. Das gilt natürlich insbesondere in diesen sensiblen, tragischen Momenten, zum Beispiel, wenn Frauen Fehl- oder Totgeburten erleben. Deswegen sind wir froh, dass dieses Anliegen so breite, fraktionsübergreifende Unterstützung findet. Es gilt auch, das Tabu bei Fehl- und Totgeburten zu brechen. Dabei kommt uns als Parlamentarierinnen und Parlamentariern eine besondere Rolle zu.

Wir haben eben schon viele Statistiken gehört. Ich bringe noch eine dazu: Jede Minute erleiden 44 Frauen auf der Welt eine Fehlgeburt. Bei 30 % der Frauen kommt es im Anschluss zu Angststörungen, bei 10 % zu einer depressiven Symptomatik, bei 34 % zu posttraumatischen Belastungsstörungen.

Es kann natürlich nicht sein, dass wir Frauen damit alleinlassen oder von ihnen verlangen, dass sie am nächsten Tag funktionieren, dass sie und ihre Familien einfach so tun, als sei gar nichts gewesen. Das wird unserem Anspruch nach Empathie und Prävention in Sachen mentaler Gesundheit nicht gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die aktuelle gesetzliche Regelung legt den Fokus leider noch viel zu stark auf die körperlichen Aspekte von Fehl- und Totgeburten. Mutterschutz beginnt erst ab der 24. Schwangerschaftswoche. Gesundheit umfasst aber nicht nur den Körper, sondern ganz selbstverständlich auch das seelische Wohlbefinden.

Deswegen unterstützen wir die Pläne der Bundesregierung, den Mutterschutzanspruch auf Fehlgeburten nach der 20. Schwangerschaftswoche auszudehnen. Die Frauen haben eine Schwangerschaft gehabt, sie haben eine Geburt durchlebt, und danach brauchen der Körper und die Seele schlichtweg Zeit, sich zu erholen. Das gilt auch und gerade dann, wenn das Kind nicht überlebt hat.

Deswegen wirken wir daran mit, dass Mütter nach Fehl- oder Totgeburten körperlich und mental versorgt werden, dass sie Zeit bekommen, sich seelisch wie körperlich zu erholen und zu heilen. Und wir arbeiten daran, dass Sternenkinder eben kein Tabuthema mehr sind, und stärken das Bewusstsein und die Sensibilität in der Gesellschaft für die Lebenssituation der Mütter und Familien.

Wir haben zum Thema „Sternenkinder“ auf Initiative der FDP-Fraktion einen Antrag in einer Anhörung gehabt, die buchstäblich unter die Haut ging und aus meiner Sicht – so habe ich sie erlebt – auch sehr emotional war.

Es steht im Raum – und dafür bin ich sehr dankbar –, dass wir bei diesem wichtigen Thema eine fraktionsübergreifende parlamentarische Initiative auf den Weg bringen, die wie der ursprüngliche Antrag der FDP weit über den hier vorliegenden Antrag hinausgeht.

Wir stimmen diesem Antrag selbstverständlich zu und kündigen gleichzeitig an, dass wir zur besseren Unterstützung von Müttern und auch ihren Familien bei Fehl- oder Totgeburten an einer fraktionsübergreifenden Initiative mitwirken, die neben dem gestaffelten Mutterschutz Verbesserungen für die trauernden Mütter und Familien bietet und sich zum Beispiel für die Sensibilisierung der beteiligten Berufsgruppen, die involviert sind, und für die Entwicklung von Arbeitshilfen starkmacht.

Bei allem, was wir tun, worauf wir hinwirken, geht es darum, den Schmerz der Mütter und der Familien respektvoll anzuerkennen und die Botschaft auszusenden: Wir sind in ihrer Trauer bei ihnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Mehr zum Thema

Gesundheit