Meral Thoms: „Die WHO bezeichnet die Klimakrise als größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit“

Zur Großen Anfrage der SPD-Fraktion zum Thema "Klimagesundheit in NRW"

Portrait Meral Thoms

Meral Thoms (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich zu Beginn betone: Klimaschutz und Klimafolgenanpassung sind ein Kernanliegen grüner Politik im Bund und im Land.

Diese Große Anfrage gibt mir die Gelegenheit, mit Ihnen gemeinsam einen aktuellen Klimaerfolg zu feiern: Letzten Freitag hat das Umweltbundesamt einen Rückgang der Treibhausgasemissionen um 10 % für 2023 verkündet.

Das ist ein beachtlicher Erfolg grüner Wirtschaftspolitik, die auf erneuerbare Energien setzt, im Bund und im Land.

(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Es ist ein wichtiger Etappensieg. Gleichzeitig gilt weiterhin: Wir dürfen im Kampf gegen die Klimakrise nicht nachlassen.

Die WHO bezeichnet die Klimakrise als größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit. Gelingt eine Reduktion der Treibhausgasemissionen, reduziert sich natürlich auch das Ausmaß der Bedrohung.

Liebe SPD, Sie schreiben in Ihrer Großen Anfrage – ich zitiere –: „Jetzt muss gehandelt werden.“ Ich möchte Ihnen darauf erwidern: Herzlichen Glückwunsch zu dieser Einsicht! Wir sind schon längst auf dem Weg.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Die Landesgesundheitskonferenz NRW hat Klimaschutz und Klimafolgenanpassung schon im Jahr 2022 als zentrales Thema aufgegriffen. Unter der Federführung des MAGS haben sich Ärzteschaft, Apothekerinnen und Apotheker, Pflege, Krankenhausgesellschaft, kommunale Spitzenverbände, Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge und des Patientenschutzes und die gesundheitliche Selbsthilfe zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung im Gesundheitswesen bekannt.

Mit der parlamentarischen Initiative „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“ haben wir bereits Anfang 2023 ein breites Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Im Fokus stand dabei die stationäre Versorgung. Denn – auch das haben wir damals betont – 5,2 % des nationalen CO2-Ausstoßes kommen aus dem Gesundheitssektor, ein Großteil aus dem stationären Bereich. Das heißt: Wenn wir hier anpacken, haben wir einen großen Hebel zur Reduktion klimaschädlicher Gase.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Von den 2,5 Milliarden Euro – auch das möchte ich noch einmal betonen –, die wir zusätzlich für die nordrhein-westfälische Krankenhausplanung zur Verfügung stellen, wird ein Drittel für Klimaschutz und Klimafolgenanpassung aufgewendet, insgesamt beachtliche 800 Millionen Euro.

(Thorsten Klute [SPD]: Da bleibt bloß für die Medizin nicht mehr viel übrig! – Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Vor allen Dingen für die Medizin! – Thorsten Klute [SPD]: Da wirst du tricksen müssen!)

Wir sind mitten in der Umsetzung. Ende 2023 wurde das Förderverfahren gestartet.

Auf dem Weg zum klimaresilienten Gesundheitswesen kommt dem Landeszentrum Gesundheit eine Schlüsselrolle zu. Das LZG koordiniert die Aktivitäten und unterstützt die Kommunen, zum Beispiel bei der Konzeption und Umsetzung von Hitzeaktionsplänen. Klimafolgenbedingte Gesundheitsgefahren werden auch in die Aus- und Fortbildung für die Gesundheitsberufe integriert.

Das Gesundheitsministerium hat auf 34 Seiten umfassend dargelegt, wie umfangreich die bisherigen Aktivitäten sind. Klimafolgenanpassung wird als Querschnittsaufgabe angelegt, und die Kommunen sind bei dieser wichtigen Aufgabe mit im Boot.

Ganz herzlichen Dank an das MAGS und alle Teams, die an dieser Ausarbeitung, an der Beantwortung, mitgewirkt haben!

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich erspare mir die weitere Aufzählung der umfangreichen Maßnahmen. Die Auswertung liegt vor.

Natürlich begrüßen wir es, dass fraktionsübergreifend Klimaschutz und Klimafolgenanpassung im Gesundheitswesen in den Fokus genommen werden. Das ist richtig. Genauso richtig ist, dass wir alle Politikfelder beleuchten müssen. Das tun wir auch im Sinne eines Health-in-All-Policies-Ansatzes.

Wir sind mitten in einem spannenden Transformationsprozess, den wir im Schulterschluss mit den Akteuren des Gesundheitswesens gestalten. Auch das ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Hier wird keine Strategie top-down entwickelt, sondern gemeinsam mit den Akteuren vorgegangen.

Dabei ist es gut und richtig, dass Fragen aufgeworfen werden, auch umfangreiche Fragen – herzlichen Dank dafür –, zum Beispiel Fragen nach den Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in der Klimakrise. Hier steht eine Gesetzesnovelle an.

Auch Fragen nach der Bedeutung der Ressource Wasser sind für die Gesundheit der Bevölkerung und für die Gesundheitsversorgung wichtig.

Passend dazu freue ich mich, dass wir am Freitag einen Antrag zur Einsetzung einer Enquetekommission „Wasser in Zeiten der Klimakrise“ einbringen.

Allerdings möchte ich Sie, liebe SPD, darum bitten, ernsthaft mit uns an der Sache zu arbeiten und dieses zentrale Thema nicht für Ihr politisches Kalkül zu nutzen.

In einer Pressemeldung vom 23. Januar 2023 haben Sie Klimaschutz und Klimafolgenanpassungen im Krankenhaus noch als Wunschprojekt der Grünen tituliert und gemutmaßt, dass Anstrengungen im Klimaschutz zulasten guter Gesundheitsversorgung gehen. Ich zitiere aus dieser Pressemeldung:

„Im schlimmsten Fall heißt es dann: Das Krankenhaus hat zwar dreifach-verglaste Fenster, aber Kinderstation Fehlanzeige.“

(Rodion Bakum [SPD]: Genau so ist es!)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Frau Kollegin, es liegt eine Zwischenfrage des Kollegen Bakum vor. Würden Sie sie zulassen?

Meral Thoms (GRÜNE): Gerne. Nach meiner Rede.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Ich komme darauf zurück.

Meral Thoms (GRÜNE): Heute sind wir mehr als ein Jahr weiter. Mit dieser Großen Anfrage zeigen Sie, dass auch Sie heute, ein Jahr später, erkannt haben: Gesundheit, Klima und Umweltschutz gehören zusammen.

Die Folgen des Klimawandels, des Artensterbens, der Bedrohung der Meere sowie der Luftverschmutzung erfordern ein konsequentes Handeln in allen Politikfelder, auch und gerade im Gesundheitswesen.

Lassen Sie uns gemeinsam aus NRW heraus unseren Teil dazu beitragen, dass wir, unsere Kinder und alle nachfolgenden Generationen ein gutes und gesundes Leben auf unserem schönen Planeten führen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Vielen Dank. – Ich komme auf Ihre Bereitschaft zurück, die Zwischenfrage zuzulassen, und erteile jetzt dem Kollegen Bakum das Wort.

Rodion Bakum (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau Kollegin, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Da Sie wiederholt unsere Aussagen zu Krankenhausinvestitionen falsch dargestellt haben, frage ich Sie: Nehmen Sie zur Kenntnis, dass, wie wir in der Anhörung gehört haben, für einen Klima-Boost, also für einen wirklichen Klimaschutz in Krankenhäusern, das Dreifache von 2,5 Milliarden Euro laut Gutachten benötigt wird und nicht ein Drittel, wie Sie es eingeplant haben?

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte schön, Frau Kollegin.

Meral Thoms (GRÜNE): Vielen Dank für diese Frage. – Natürlich würde ich mir wünschen, dass wir sehr viel mehr Geld investieren könnten.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Kein Land wird das machen!)

Aber ich bin der Meinung, dass 2,5 Milliarden Euro zusätzliche Mittel für die Umsetzung der neuen Krankenhausplanung und davon 800 Millionen Euro für Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in Zeiten des knappen Haushalts eine echte Hausnummer sind.

(Beifall von den GRÜNEN – Rodion Bakum [SPD]: Wir brauchen 7,5 Milliarden Euro! – Zuruf von den GRÜNEN: Sagt, woher die Gelder kommen! – Rodion Bakum [SPD]: Schuldenbremse? – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Macht doch!)