Mehrdad Mostofizahdeh: „Netzwerkarbeit findet im Quartier statt“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Hospizarbeit

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag gesehen habe, in dem es um ein sehr wichtiges und möglicherweise auch emotional aufgeladenes Thema geht, habe ich zuerst gedacht: Hm, ein bissen unterkomplex und ein bisschen ohne Historie geschrieben. Jetzt muss ich zugestehen, dass Frau Schneider sich immerhin bemüht hat, die Geschichte, die dahintersteht, ein wenig darzustellen. Daher brauche ich das jetzt nicht mehr nachzuholen.
Wir sind bei diesem Thema zumindest in den letzten zehn Jahren, aber vermutlich auch schon vorher, ziemlich parallel gefahren – bei allen Unterschieden, für die man hier im Land Regelungen treffen kann.
Deshalb schließe ich mich ausdrücklich an, was die Frage der Einbeziehung der Ehrenamtlichen betrifft. Immerhin ist es gelungen, hauptamtliche Strukturen zu schaffen, die in den Netzwerken für Schulungen sowie für Qualität sorgen.
Frau Schneider wies darauf hin, dass wir beachtliche Qualitätsstandards haben, was die medizinische Seite betrifft: Immerhin muss ein Team aus vier Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenschwestern und Krankenpflegern bestehen, die entsprechend fortgebildet sind, um derartige Palliativstrukturen zu unterstützen.
CDU und FDP haben nun auch noch die Sterbehilfe und die Sterbebegleitung zum Thema gemacht. Darum möchte ich zumindest einige wenige Sätze dazu verlieren.
Die Frage, ob jemand würdevoll aus dem Leben scheiden darf und kann, hängt natürlich auch von der Versorgungsstruktur ab; das haben Sie ja geschildert. Davon hängt es aber auch ab, ob man eine vernünftige medizinische Versorgung bekommt. Dabei spielen zum Beispiel im Rahmen der Schmerzbehandlung solche Fragen wie die nach der Cannabis-Freigabe oder der Benutzung von Cannabis oder anderen Medikamenten eine wichtige Rolle. Da ist die Situation in Deutschland nach wie vor unbefriedigend.
Cannabis darf zu medizinischen Zwecken eingesetzt werden; aber es gibt immer noch einen Krankenhausvorbehalt, der regelmäßig dazu führt, dass, wenn eine Therapie nicht anschlägt, lange Wochen vergehen können, bis ein neues Medikament benutzt werden kann. Diese Zeit fehlt dann den Menschen. Darüber sollten wir zumindest auf Bundesebene sehr intensiv nachdenken.
Ich kann an dieser Stelle keinen inhaltlichen Dissens zwischen den Fraktionen erkennen; ich will ihn auch nicht herbeireden. Es lohnt sich jedoch, darüber nachzudenken, was Sie bereits mündlich angesprochen haben, was aber nicht im Antrag steht: Wo gibt es Netzwerkstrukturen, die noch nicht ausreichend ausgebaut sind? In welchen Landbereichen muss mehr getan werden? Und noch eine Frage – darin stimme ich Frau Lück zu –: Wo bedarf es dann möglicherweise auch finanzieller Unterstützung, um diese Strukturen zu verstetigen?
In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Aspekt hinweisen, den ich heute Morgen bei der Unterrichtung schon sehr intensiv angesprochen habe. Auch bei diesem Thema wird deutlich: Netzwerkarbeit findet im Quartier statt. Sie findet dann statt, wenn man sektorübergreifend zusammenarbeitet und miteinander redet, wenn man nicht allein auf die Privaten setzt, sondern wenn die professionellen Dienste vernetzt miteinander reden.
Dies muss in die Pflegeplanung in den Pflegekonferenzen des Landes, aber vor allem auch der Kommunen einbezogen werden. Dann wird eine qualitativ hochwertige Arbeit und eine verlässliche Struktur daraus, und dann haben wir auch eine Struktur, die gut nutzbar ist.
An dieser Stelle möchte ich eine letzte Bemerkung machen, weil mir das als ehemaligem Pfleger, der in einem Altenheim tätig war, ein wichtiges Anliegen ist: Als ich vor gut 20 oder 25 Jahren eine ältere Frau beim Sterben begleitet habe, war die personelle Situation nicht so, wie ich mir das vorgestellt und gewünscht hätte. Das ist sehr belastend für die Menschen, die in den Pflegeheimen arbeiten.
Darum sollten wir alles daransetzen, diese Situation zu verbessern, nicht nur im Interesse der Betroffenen – das sowieso, das gehört zu einem menschenwürdigen und menschengerechten Leben dazu –, sondern auch im Interesse der anderen Beteiligten, die sonst ihrer Aufgabe, die sie gern wahrnehmen wollen, nicht gerecht werden können. Es lohnt sich, sehr sachlich und vernünftig darüber zu sprechen und keine unnötigen parteipolitischen Differenzen aufzubauen, wo es keine gibt.
Deshalb empfehle ich uns, im Ausschuss in aller Ruhe darüber zu sprechen und zu schauen, wo wir besser werden können. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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