Mehrdad Mostofizadeh: „Wo ist der CDU-Antrag, in dem steht: Wir wollen 10.000 bis 15.000 Stellen bei den Lehrerinnen und Lehrern kürzen? – Diesen Antrag habe ich nicht gesehen.“

Antrag der CDU zur Beamtenbesoldung

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schwer beeindruckt davon, dass der Herr Kollege Optendrenk und die CDU-Fraktion wirklich das Saarland als Vorbild für das politische Handeln in Nordrhein-Westfalen nehmen. Ich möchte der kundigen Hörer/innenschaft ein paar Eckdaten zum Saarland zur Kenntnis geben: Das Saarland verfügt über ein Haushaltsvolumen von 3,9 Milliarden €,
(Martin Börschel [SPD]: So viel wie die Stadt Köln!)
Nordrhein-Westfalen von etwa 60 Milliarden €.
Jetzt wird‘s interessanter: Das Saarland bekommt anders als Nordrhein-Westfalen 260 Millionen € Konsolidierungshilfe und hat eine Nettoneuverschuldung von 455 Millionen € pro Jahr. Rechnet man das zusammen, hat das Saarland eine Nettokreditaufnahme von 18,4 % seines Haushalts. In Nordrhein-Westfalen sind es noch nicht einmal 5 %.
Rechnet man das wiederum auf Nordrhein-Westfalen hoch, könnte sich Nordrhein-Westfalen eine Nettoneuverschuldung von 11 Milliarden € leisten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich möchte einmal die CDU sehen, sollte dieser Finanzminister einen Haushalt mit einer Neuverschuldung von 11 Milliarden € in diesen Landtag einbringen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Noch ein paar Hinweise zum Saarland. Im Haushalt des Saarlandes kommt auf 61 Einwohner ein Beschäftigter, in Nordrhein-Westfalen sind es 45 Einwohner, die einen Beschäftigten in der Landesverwaltung zu tragen haben. Das Saarland müsste also 5.100 Beschäftigte aus dem Landeshaushalt entlassen, um auf das Niveau von Nordrhein-Westfalen zu kommen.
Noch einen Zahlenhinweis: Sollten 2.400 Beschäftigte im Saarland abgebaut werden – was bei etwa 23.000 Beschäftigten laut Haushaltsplan 2013 ungefähr 10 % der Beschäftigten entspricht –, müsste man in Nordrhein-Westfalen gut 30.000 Beschäftigte entlassen, um dem Beispiel des Saarlandes zu folgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich frage Sie: Wo denn? – Der Kollege Optendrenk hat eben einen interessanten Hinweis gegeben: Wir sollen die Demografiegewinne im Bereich der Schule abschöpfen. Mit anderen Worten schlägt der Kollege Optendrenk vor, wir sollten Tausende Lehrerinnen- und Lehrerstellen – er hat eine Quote von etwa 25 % angegeben – abzüglich gewisser Inklusionsnotwendigkeiten abschöpfen. Meinen Sie das ernst? Haben Sie das mit Herrn Kaiser besprochen? Haben Sie das mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden besprochen? Wo ist der CDU-Antrag, in dem steht: Wir wollen 10.000 bis 15.000 Stellen bei den Lehrerinnen und Lehrern kürzen? – Diesen Antrag habe ich nicht gesehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Gesehen und gehört habe ich eher etwas anderes: Herr Kruse fordert mehr Polizistinnen und Polizisten. Herr Kaiser hat gestern vehement deutlich mehr Geld und Stellen für den Bereich der Inklusion gefordert. Heute Morgen hat der Fraktionsvorsitzende der FDP, Herr Lindner, deutlich mehr Geld für den Deichbau und den Ausbau der Infrastruktur gefordert. Der Kollege Prof. Sternberg hat in der Haushaltsberatung mehr Geld für den Kulturetat gefordert. Der Kollege Müller hat im Sportausschuss mehr Geld für den Sport gefordert. Und der Kollege Hovenjürgen möchte mehr Geld für den Hochwasserschutz und die Unterstützung der Landwirtschaftskammer.
Können Sie angesichts dieser Schizophrenie, die Sie hier an den Tag legen, eigentlich noch in den Spiegel sehen?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Entschuldigen Sie bitte, Herr Kollege. Der Kollege Optendrenk würde Ihnen gerne eine Frage stellen.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Bitte schön.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Bitte, Herr Kollege.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Aber von der Zeit nicht abziehen!
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Entschuldigen Sie. Drücken Sie sich bitte noch einmal ein. – Das geht nicht von Ihrer Redezeit ab. Das wissen Sie. Das wird nicht auf Ihre Redezeit angerechnet. – Herr Kollege Optendrenk.
Dr. Marcus Optendrenk (CDU): Ich möchte gerne die Frage an Sie richten, ob Ihnen bewusst ist, dass wir im Januar ein Haushaltssanierungskonzept der CDU öffentlich vorgestellt haben. Das haben Sie auch schon öffentlich kommentiert.
(Ministerin Barbara Steffens: Da steht doch nichts drin!)
Dort haben wir – das ist jetzt in keiner Weise anders vorgetragen worden – exakt beschrieben, dass wir zwei Drittel der Demografiegewinne im Bereich Schule bis 2017 abschöpfen und, wie es Frau Gebhard eben richtigerweise gesagt hat, ein Drittel zur Verbesserung im Bereich Inklusion, dem Ganztagsunterricht etc. im System belassen wollen. Sie können uns also nicht vorhalten, dass wir untereinander nicht klar seien. Bitte versuchen Sie das an der Stelle auch nicht. Der öffentliche Eindruck ist falsch. Ich hoffe, Sie sind mit mir einer Meinung sind, dass Sie das in Zukunft anders machen wollen.
(Beifall von der CDU)
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Kollege Optendrenk, Sie haben auf den Zeitpunkt richtig hingewiesen. Die Hinweise, die ich eben gegeben habe, datieren exakt aus diesem Zeitraum.
Herr Sternberg hat in der Haushaltsberatung zum Einzelplan 7 – wir können die Protokolle gerne durchgehen – die aus meiner Sicht wenigen Kürzungen im Kulturbereich – dabei ging es um vermeintlich 2 Millionen € im Denkmalschutz – als den Untergang des Abendlandes gegeißelt.
Herr Kaiser hat gestern in der Inklusionsdebatte vorgetragen – wir können gerne gemeinsam ins Protokoll schauen; ich meine die Auswertung der Anhörung –, dass unter anderem deutlich mehr Stellen seitens der GEW und seitens der Verbände gefordert worden sind und dass diese Landesregierung, aus Sicht der CDU fälschlicherweise, die Stellen nicht zugesteht. Ich könnte diese Beispiele fortführen.
Herr Optendrenk, Sie machen Folgendes: Sie machen ein Konzept, stellen es in Ihrer Fraktion vor, lassen es beschließen und sagen dann jeden Tag etwas anderes. Sie machen auch in den Wahlkreisen immer Wahlkampf und erzählen das Gegenteil von dem, was Sie beschlossen haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das ist – das ärgert mich auch; das muss ich hinzufügen – billigste Oppositionsrhetorik; denn Sie müssen Ihre Konzepte nicht an der Realität messen lassen. Das kann und werde ich jetzt auch am Beispiel der Besoldung vortragen. Bei der Besoldung suggerieren Sie, wir wollten die 700 Millionen €, die wir bei der Nichtübertragung in der Tat nicht weiterführen wollen, durch einen Hinweis auf die Studiengebühren oder auf anderes kompensieren. Wie lächerlich sind Sie eigentlich?
Herr Laumann hat heute Morgen – ich glaube, zum 14. Mal – den Deckungsvorschlag Studiengebühren vorgetragen. Die Kita-Beiträge hat er, glaube ich, nicht genannt. Wir haben exakt 400 Millionen € Mehreinnahmen aus dem Grunderwerbsteueraufkommen: 250 Millionen € für die Hochschulen zur Kompensation der entfallenden Studiengebühren und 150 Millionen € für die Kitas. Sie waren dagegen. Insofern müssen Sie das an der Stelle abziehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Kollege Optendrenk, bei allen anderen Haushaltsvorschlägen geht es im Wesentlichen, zu 90 %, um die Reparatur dessen, was Sie bei den Kommunen verursacht haben. Dazu dienen der Stärkungspakt, Aufstockung beim GFG und viele andere Dinge. Es geht auch um die Kompensation für nicht eingestellte Personalstellen.
Sie machen es sich so leicht, diese Leier immer wieder zu drehen. Wir werten hier gerade den Punkt einer Anhörung aus – Herr Witzel hat das eben ausführlich gemacht –, die vor gerade drei Tagen stattgefunden hat. Das ist doch nicht sachgerecht.
Herr Optendrenk, eines will ich Ihnen auch noch sagen: Ich schätze Sie durchaus sehr. Aber Sie betreiben hier ein falsches Spiel. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Sie machen hier den haushalterischen Einschneider. Und jeder Fachpolitiker läuft durchs Land und sagt: „Hier brauche ich mehr Geld, und da brauche ich mehr Geld“, und hinten soll noch eine schwarze Null herauskommen. Das ist lächerlich; das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


2. Runde:

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE) TC „Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE)“ f C l „5“ : Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wedel hat wieder eine Auswertung der Anhörung vorgenommen. Gut, dann machen wir das eben hier so. Lassen Sie mich aber nur noch wenige Sätze zur Sache sagen, Herr Kollege Wedel.
700 Millionen € Einsparung versprechen wir uns laut Pressemitteilung der Landesregierung und laut Gesetzentwurf strukturell davon. Das ist kein Vorschlag, Herr Kollege? Wo sind Sie denn unterwegs? Haben Sie das nicht gelesen?
Sie machen keine Vorschläge. Sie sagen, wir könnten die Beamtenbesoldung eins zu eins auszahlen und gleichzeitig noch verfassungskonforme Haushalte vorlegen. Sie sind an dieser Stelle doch lächerlich. Wo ist denn Ihr Vorschlag geblieben?
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Zu dem Vorwurf, dass Nordrhein-Westfalen an den Verhandlungen zur Frage der Besoldungserhöhung beteiligt gewesen sei, ist Folgendes zu sagen: Das Land Mecklenburg-Vorpommern war dabei sogar federführend. Sein Finanzminister hat die Verhandlungen geleitet. Soweit ich weiß, ist dort die CDU an der Landesregierung beteiligt. Ich habe mich extra gerade noch einmal im Internet vergewissert, weil man von denen nicht ganz so viel hört. Was macht denn Mecklenburg-Vorpommern? Nehmen die eine Eins-zu-eins-Umsetzung vor? Was ist das denn für ein Vorwurf? Alle diese Vorwürfe prallen eins zu eins gegen Sie zurück.
Insofern appelliere ich an Sie: Lassen Sie uns doch über die Sache reden. Dazu haben Sie – außer zum Antrag – herzlich wenig bis gar nichts vorgetragen.
Ich habe mich ausschließlich auf den Antrag bezogen. Der Antrag stellt aus meiner Sicht erfrischend deutlich dar: Sie wollen Stellenkürzungen in ganz beachtlichem Umfang; denn nur so ist, zumindest für mich, überhaupt ansatzweise logisch nachvollziehbar, wie Sie das Ganze gegenfinanzieren wollen. Wenn Sie es nicht gegenfinanzieren wollen, müssen Sie es den Leuten auch sagen. Sie versprechen aber allen alles – nach dem Motto: Wir lassen Manna vom Himmel regnen – und handeln damit ungefähr so wie Herr Lindner, der bei den Haushaltsverhandlungen schon einen Entfesselungseffekt von 25 Millionen € dargestellt hat, der allein deshalb eintritt, weil er im Landtag sitzt.
(Heiterkeit von den GRÜNEN)
Auf eines möchte ich noch hinweisen, weil ich finde, dass in diesem Landtag ein gewisses Maß an Höflichkeit herrschen sollte: Mein Name spricht sich: „Mostowisade“ – weder „Mostofizadeh“ noch eine andere Verballhornung des Namens. Diejenigen, die mich in der Sache angreifen wollen, möchte ich bitten, meinen Namen korrekt wiederzugeben. Ich mache auch keine Wortspiele mit Ihren Namen.
Da der Kollege Berger gestern Latein vorgetragen hat, erlaube ich mir heute, Ihnen ein persisches Sprichwort – allerdings direkt auf Deutsch; die persische Variante gibt es dann außerhalb des Plenarsaals – vorzutragen:

Zwei Dinge sind schädlich für jeden,
der die Stufe des Glücks will ersteigen:
Schweigen, wenn Zeit ist zu reden,
und reden, wenn Zeit ist zu schweigen.

Ich habe zur Sache geredet; Herr Kollege Berger hat geredet, um mich zu diffamieren. Herr Kollege Berger – derjenige, der noch nicht einmal meinen Namen aussprechen kann – sollte sich mit dem Vortrag lateinischer Sprichwörter lieber zurückhalten. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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